Pharmazeutisches Recht

Berufsordnung der LAK Hessen

Berufsordnung der Landesapothekerkammer Hessen, Körperschaft des öffentlichen Rechts

Präambel

Der Apotheker/die Apothekerin ist Angehöriger eines freien Berufes und erfüllt mit seiner Tätigkeit eine öffentliche Aufgabe. Er dient der Gesundheit des einzelnen Menschen und somit der ganzen Bevölkerung. Mit der Berufsordnung werden die Grundsätze der Berufsausübung und das Verhalten des Apothekers gegenüber Dritten und Kollegen geregelt. Durch die Berufsordnung soll berufsunwürdiges Verhalten verhindert werden.

§ 1 Berufsausübung

(1) Die Aufgabe des Apothekers besteht in der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Dieser Auftrag umfasst insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, die Beratung in Fragen rund um die Gesundheit, die Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Risikoerfassung von Arzneimitteln und die Suche nach neuen Arzneistoffen und Darreichungsformen. Der Apotheker übt seine Aufgabe in verschiedenen Tätigkeitsformen aus. Er kann in der öffentlichen Apotheke, in der Industrie, im Krankenhaus, in Prüfinstitutionen, bei der Bundeswehr, in Behörden und Körperschaften, an der Universität, in Lehranstalten und Berufsschulen tätig sein.

(2) Der Apotheker ist verpflichtet, seinen Beruf ordnungsgemäß auszuüben und dem ihm in Zusammenhang mit seinem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Er hat sich so zu verhalten, dass er diesem Vertrauen gerecht wird.

(3) Der Apotheker hat die Aufgabe zur Beratung aufgrund seiner Ausbildung und seiner Kenntnisse. Er ist verpflichtet, die Patienten und Ärzte unabhängig über die Arzneimittel zu beraten und zu informieren. Eine erhöhte Informations- und Beratungspflicht herrscht bei Patienten, die Arzneimittel im Rahmen der Selbstmedikation erwerben wollen, oder wenn es sich bei dem Patienten um ein Kind oder einen Jugendlichen handelt.

(4) Der Apotheker ist verpflichtet, sich gegenüber den Angehörigen seines Berufes kollegial zu verhalten. Der Apotheker hat die Interessen und das Ansehen des Berufsstandes und des Betriebes, in dem er tätig ist, zu wahren.

(5) Die Ausübung der Heilkunde verstößt gegen die Berufspflichten. Die Mitteilung von objektiven Mess- und Referenzwerten sowie die Empfehlung, einen Arzt aufzusuchen, stellt keine Ausübung der Heilkunde dar.

(6) Der Apotheker ist verpflichtet, sich und seine Mitarbeiter über die für die Ausübung seines Berufes geltenden Gesetze und Verordnungen zu informieren, diese zu beachten und in der Apotheke zugänglich zu machen. Hierzu zählen insbesondere die Apothekenbetriebsordnung, das Arzneimittel- und Betäubungsmittelrecht, die Arzneimittelpreisverordnung, das Satzungsrecht der Kammer, das Satzungsrecht des Versorgungswerkes und die darauf gegründeten Anordnungen und Richtlinien.

(7) In der Ausübung eines freien Berufes untersteht der Apotheker über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus dieser Berufsordnung und der besonderen Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe. Verstöße gegen die Berufsordnung können berufsrechtlich verfolgt werden.

§ 2 Verschwiegenheit und Datenschutz

(1) Der Apotheker ist zur Verschwiegenheit über alle Vorkommnisse verpflichtet, die ihm in Ausübung seines Berufes bekannt werden. Darüber hinaus hat er mit allen Mitarbeitern, auch wenn sie nicht dieser Berufsordnung unterliegen, Verschwiegenheitsvereinbarungen zu treffen.

(2) Der Apotheker hat für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen Sorge zu tragen. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten bedürfen der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Betroffenen, sofern sie nicht nach den gesetzlichen Vorschriften oder anderer Ermächtigungsgrundlagen erlaubt sind oder gefordert werden.

(3) Bei Aufgabe des Apothekenbetriebes oder im Falle der Apothekennachfolge ist sicherzustellen, dass die Datenbestände nicht missbräuchlich verarbeitet oder genutzt werden können. Die weitere Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten hat ebenfalls den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu entsprechen.

(4) Es ist sicherzustellen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen bei dokumentationspflichtigen Vorgängen beachtet werden.

§ 3 Zusammenarbeit mit Dritten

(1) Der Apotheker ist verpflichtet, in Ausübung seines Berufes mit den Personen und Institutionen des Gesundheitswesens zusammenzuarbeiten. Unzulässig sind Vereinbarungen, Absprachen und schlüssige Handlungen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, Zuweisung von Verschreibungen oder die Abgabe von Arzneimitteln ohne vollständige Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben oder zur Folge haben könnten.

(2) Darüber hinaus ist es dem Apotheker untersagt, insbesondere durch Rat, Tat, Organisationshilfe oder Zuwendungen daran mitzuwirken, dass die freie Wahl der Apotheke durch Personen und Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Altenbetreuung oder der Sozialleistungsträger eingeschränkt oder beseitigt wird.

§ 4 Belieferung von Verschreibungen

Der Apotheker ist verpflichtet, ärztliche, zahnärztliche und tierärztliche Verschreibungen in einer der Verschreibung angemessenen Zeit zu beliefern. Sollte die Belieferung nicht in angemessener Zeit möglich sein, hat der Apotheker den Patienten hierüber unverzüglich zu informieren und bei der Beschaffung des Arzneimittels die notwendige Hilfe zu leisten. Dies gilt auch für die Herstellung von Rezepturen in der Apotheke.

§ 5 Dienstbereitschaft der Apotheken

(1) Der Apotheker ist verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Anordnung der Landesapothekerkammer Hessen am Notdienst teilzunehmen. Dazu zählt auch die ordnungsgemäße Weitergabe von Änderungen in der Dienstbereitschaft an die anderen Apotheken im Notdienstbezirk und die ordnungsgemäße Ausschilderung der dienstbereiten Apotheken.

(2) Der Apotheker muss seine Apotheke für die besonderen Anforderungen an die Arzneimittelversorgung im Notdienst vorbereiten.

(3) Kann eine Verschreibung im Notdienst nicht beliefert werden, hat der Apotheker dem Patienten die notwendige Hilfestellung zu leisten, damit dieser in angemessener Zeit sein Arzneimittel erhalten kann. Dies bedeutet insbesondere bei der nächsten dienstbereiten Apotheke anzurufen und dort nach der Verfügbarkeit der Verschreibung nachzufragen, oder im Falle einer Verschreibung durch den ärztlichen Notdienst Rücksprache mit dem ärztlichen Notdienst zu halten, ob dieser einer über § 17 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehenden Substitution zustimmt.

(4) Eine Befreiung von der Dienstbereitschaft, auch wenn diese im Rahmen eines Tausches erfolgen soll, muss vorab unter Angabe eines Grundes bei der Landesapothekerkammer schriftlich beantragt werden und bedarf der Genehmigung. Die Beantragung soll rechtzeitig vorher erfolgen.

§ 6 Soziale Verantwortung

(1) Der Apotheker hat bei der Ausbildung seiner Mitarbeiter die für die Berufsausbildung bestehenden Vorschriften zu beachten.

(2) Der Apothekenleiter hat nach Abschluss eines Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich und entsprechend den Vorschriften des Nachweisgesetzes niederzulegen.

(3) Der Apothekenleiter hat nach Abschluss eines Ausbildungsvertrages zum pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenten unverzüglich, spätestens aber vor Beginn der Berufsausbildung, den wesentlichen Vertragsinhalt schriftlich gemäß den Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes niederzulegen. Ausbildungsverträge sind zur Eintragung in das Verzeichnis der Ausbildungsverträge bei der Landesapothekerkammer Hessen unverzüglich nach Abschluss des Vertrages anzumelden.

(4) Der Apotheker soll nach seinen persönlichen und betrieblichen Möglichkeiten an der Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung seiner Mitarbeiter mitwirken.

(5) Bei der Ausstellung von Arbeitszeugnissen und Gutachten hat der Apotheker mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren. Dies gilt auch für die Ausstellung von Zeugnissen für Mitarbeiter in Aus- und Weiterbildung.

§ 7 Qualitätssicherung

(1) Der Apotheker ist verpflichtet, Maßnahmen zur Qualitätssicherung durchzuführen, diese einzuhalten und auf Nachfrage der Kammer gegenüber nachzuweisen. Die Maßnahmen müssen geeignet sein, die Qualität seiner Berufsausübung und Arbeitsstätte nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu sichern. Zu diesen Maßnahmen zählt die Teilnahme an den externen Qualitätssicherungsmaßnamen, insbesondere die Teilnahme an den Ringversuchen und den Testkäufen, die von der Landesapothekerkammer Hessen durchgeführt werden. Ergeben sich bei der Durchführung der Testkäufe hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht eines Berufsvergehens rechtfertigen, sind diese nach den Vorschriften des Heilberufsgesetzes zu verfolgen. Die freiwillige Teilnahme am offiziellen Zertifizierungsverfahren der Landesapothekerkammer Hessen bleibt davon unberührt.

(2) Die unberechtigte Nutzung des Qualitäts-Zertifikats, welches von der Landesapothekerkammer Hessen im Rahmen der Erstellung eines Qualitätsmanagementsystems vergeben wird, ist unzulässig.

(3) Der Apotheker hat dafür Sorge zu tragen, dass seine Apotheke immer mit ausreichend qualifiziertem Personal betrieben wird. Für die Filialen hat er einen Filialleiter zu benennen und diesen der Landesapothekerkammer Hessen mitzuteilen. Der Apothekenleiter darf seine Mitarbeiter nicht entgegen den gesetzlichen Vorschriften einsetzen. Er selbst hat, neben dem Filialleiter, auch für die ordnungsgemäße Besetzung seiner Filialapotheken Sorge zu tragen.

(4) Der Apotheker hat die Pflicht, sich beruflich fortzubilden, und sich über die für seine Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten.

§ 8 Arzneimittelrisiken

Der Apotheker ist verpflichtet, bei der Ermittlung, Erkennung und Erfassung von Arzneimittelrisiken mitzuwirken. Er hat seine Feststellungen oder Beobachtungen unverzüglich der zuständigen Behörde, dem Regierungspräsidium in Darmstadt, mitzuteilen. Die Benachrichtigung soll wegen der besonderen Eilbedürftigkeit per Fax, per E-Mail oder telefonisch erfolgen. Des Weiteren soll der Apotheker die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker unverzüglich informieren.

§ 9 Herstellung von Arzneimitteln

(1) Der Apotheker ist in der Arzneimittelherstellung insbesondere verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Herstellung, Lagerung und Kennzeichnung der Arzneimittel zu sorgen.

(2) Der Apotheker in der Qualitätskontrolle ist insbesondere verpflichtet, die Arzneimittelprüfung zu überwachen und zu leiten. Hierbei hat er vor allem die ordnungsgemäße Qualitätsprüfung der Arzneimittel sicherzustellen.

(3) Ist der Apotheker als sachkundige Person beschäftigt, obliegt ihm die Verantwortung, dass jede Charge eines Arzneimittels entsprechend den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln hergestellt, geprüft und freigegeben wird.

§ 10 Haftungsabsicherung

Der Apotheker hat dafür Sorge zu tragen, dass er und seine Mitarbeiter hinreichend gegen Haftungsansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit abgesichert sind. Auf Anforderung ist dies der Landesapothekerkammer Hessen nachzuweisen.

§ 11 Wettbewerbsmaßnahmen und Werbung

(1) Das Wettbewerbs- und Werbeverhalten muss mit den Besonderheiten des Apothekerberufes vereinbar sein und darf die berufliche Integrität des Apothekers und seine Vertrauensstellung als Angehöriger eines Heilberufes nicht gefährden.

Durch Werbung und Wettbewerb darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Apotheker wirtschaftliche Interessen über seinen öffentlichen Auftrag zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln stellt.

(2) Durch die Werbung oder Wettbewerbshandlung darf kein Mehrverbrauch oder Fehlgebrauch von Arzneimitteln hervorgerufen oder begünstigt werden.

(3) Unabhängig davon hat der Apotheker Werbe- und Wettbewerbsmaßnahmen zu unterlassen, die gegen gesetzliche Bestimmungen oder sonstige apothekenrechtliche Vorschriften, insbesondere gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb oder das Heilmittelwerbegesetz, verstoßen.

Verboten sind insbesondere Wettbewerbshandlungen wie:

1. das Vortäuschen einer bevorzugten oder besonderen Stellung der eigenen Apotheke, der eigenen Person oder des Apothekenpersonals; insbesondere durch irreführende Namensgebung, Hinweise oder Verwendung von Bezeichnungen und Qualifikationen;

2. das Sammeln von Verschreibungen von Personen, die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigt sind, und die Belieferung entgegen den Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung sowie die Werbung hierfür;

3. die kostenlose Abgabe von Arzneimitteln;

4. das Anbieten und Erbringen von Dienstleistungen, die nicht vom Versorgungsauftrag der Apotheke gedeckt sind, nicht im Zusammenhang mit apothekenüblichen Waren stehen oder nicht ihre Grundlage in der Ausbildung des Apothekers finden;

5. die Vergabe unangemessener Zuwendungen und Geschenke, insbesondere an Kunden, Angehörige anderer Heilberufe oder Heilhilfsberufe, Kostenträger, Kurheime, Altenheime, Krankenanstalten und ähnliche Einrichtungen sowie deren Leiter und Mitarbeiter, die die freie Wahl des Patienten beeinträchtigen können;

6. das Fordern, sich Versprechen lassen und Annehmen von Geschenken oder anderen Vorteilen für sich oder Dritte, wenn dadurch die apothekerliche Unabhängigkeit beeinflusst werden kann;

7. das Überlassen von Ausstellungsflächen in der Apotheke wie beispielsweise Schaufenster, Vitrinen, Regale usw. gegen Entgelt, Waren oder sonstige Leistungen;

8. der teilweise oder gänzliche Verzicht auf die gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung oder auf Mehrkosten des Versicherten sowie der Hinweis darauf;

9. das Abweichen von den sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergebenden Apothekenabgabepreisen sowie die Werbung hierfür;

10. das Abschließen von Verträgen, das Treffen von Absprachen und das Durchführen von Maßnahmen, die bezwecken oder zur Folge haben können, andere Apotheken von der Belieferung oder Abgabe von Arzneimitteln ganz oder teilweise auszuschließen.

§ 12 Freier Dienstleistungsverkehr im Rahmen der EU

Diese Berufsordnung gilt auch für Apotheker, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU besitzen, wenn sie nur vorübergehend grenzüberschreitend freie Dienstleistungen im Geltungsbereich dieser Berufsordnung erbringen, aber in einem Staat der EU ansässig bleiben.

§ 13 Inkrafttreten

Diese Berufsordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.


Ausgefertigt: Frankfurt am Main, 03. April 2012
Landesapothekerkammer Hessen K.d.ö.R.
gez. Erika Fink
– Präsidentin –



DAZ 2012, Nr. 18, S. 135

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