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Arzneimittelfälschungen: Falsche Internetapotheke soll aufklären

Pharmaunternehmen warnen vor Arzneimittelfälschungen

BERLIN (ks). Gefälschte Arzneimittel kommen bekanntlich vor allem über zwielichtige Internet-"Apotheken" nach Deutschland. Auch die "Online-Apotheke" Medizin Direkt verspricht diverse Potenzmittel, Antidepressiva und Epilepsie-Medikamente zum Schnäppchenpreis. 182.602 Besucher zählte die Webseite innerhalb von neun Wochen – gelockt wurden die potenziellen Kunden über Werbeanzeigen im Internet. Doch wer über die Startseite hinausgehen wollte, bekam eine Aufklärung in Sachen Arzneimittelfälschungen.

Bei Medizin direkt (www.medizin-direkt.com/pharmacy) handelt es sich um keine echte Apotheke – schon gar nicht um eine in Deutschland zugelassene Versandapotheke. Die Webseite ist vielmehr ein Experiment der "Allianz für den Zugang zu sicheren Arzneimitteln in Europa" (EAASM) – ein Zusammenschluss von 21 Akteuren, der sich selbst als "pan-europäische Patientenorganisation" bezeichnet. Erklärtes Ziel der vor allem aus forschenden Pharmaherstellern bestehenden Organisation ist es, "den Vertrieb gefälschter und minderwertiger Arzneimittel zu bekämpfen und so die Sicherheit von Patienten in Europa zu verbessern". Nebenbei dürften Pfizer, Eli Lilly, Bayer und ihre Mitstreiter allerdings auch ein eigenes Interesse haben, Arzneimittelfälschern das Handwerk zu legen.

Laut EAASM nahm Medizin Direkt schon nach kurzer Zeit den dritten Rang unter den von Deutschland aus am häufigsten besuchten Online-Apotheken ein – hinter der Shop Apotheke (Europa Apotheek) und DocMorris. Innerhalb eines Jahres hätte die Zahl der Besucher auf eine Million steigen und die vermeintliche Apotheke illegal einen Umsatz zwischen zwölf und 35 Millionen Euro generieren können, rechnet die Organisation hoch. Denn bestellen konnten die Besucher bei Medizin Direkt nichts: Klickt man auf einen Link der Startseite, erscheint ein Warnhinweis mit ausführlichen Informationen über gefälschte Arzneimittel. Mehr als 140.000 Besucher wurden mit diesen Informationen konfrontiert – die anschließende Verweildauer lag laut EAASM bei durchschnittlich 55 Sekunden bis hin zu zwei Minuten.

All dies mache deutlich, dass strengere Gesetze und Kontrollen, aber auch mehr Aufklärung notwendig sind, so die Organisation. Die Konsumenten hätten Schwierigkeiten, echte und gefälschte Online-Apotheken zu unterscheiden. Die Allianz weist zudem darauf hin, dass der illegale Handel mit gefälschten Arzneimitteln ein lukratives Geschäft ist. Besonders bequem funktioniert dies über das Internet. Laut einer 2008 von der EAASM durchgeführten Studie sollen mehr als 60 Prozent aller online vertriebenen Medikamente gefälscht sein.

Allerdings geht die Organisation noch weiter: Minderwertige oder gefälschte Arzneimittel könnten manchmal auch in die legalen Handelsketten geraten – Re- und Parallelimporte erschwerten es, den Weg eines Arzneimittels entlang der Versorgungskette zu kontrollieren. Auch wenn man nie ganz sicher sein könne: In einer Offizinapotheke mit ihren Fachkräften sei die Arzneimittelsicherheit wesentlich größer als bei Online-Apotheken. "Für Patienten ist die Offizinapotheke somit eine verlässliche Wahl beim Medikamentenkauf", rät die EAASM.



DAZ 2012, Nr. 21, S. 30

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