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AMG-Novelle: Pharmaindustrie vermisst Vertraulichkeit
Die Industrie hatte sich mehr versprochen – doch sie sieht auch Gutes in der AMG-Novelle
"Manches verbessert, aber auch manche Chance nicht genutzt!" – so lautet das Fazit der Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa), Birgit Fischer. Ziel des vfa im Gesetzgebungsverfahren war, darauf hinzuwirken, dass das AMNOG-Verfahren zur frühen Nutzenbewertung gängiger wird und Patienten der Zugang zu innovativen Arzneimitteln erhalten bleibt. Und Fischer kann auch einige positive Änderungen ausmachen. So werden künftig etwa die Zulassungsbehörden an den frühen Beratungsgesprächen (vor Phase III) zur frühen Nutzenbewertung beteiligt. Auch beim Prozedere um die Findung der Erstattungsbeträge sieht der vfa einen Fortschritt: Bei den Verhandlungen sollen jetzt nicht mehr nur die Jahrestherapiekosten vergleichbarer Arzneimittel angemessen berücksichtigt werden. Auch die tatsächlichen Abgabepreise in anderen europäischen Ländern sollen gewichtet nach den jeweiligen Umsätzen und Kaufkraftparitäten Eingang in die Verhandlungen finden. Enttäuscht ist man bei vfa – und nicht minder bei den anderen Pharmaverbänden – , dass die Politik jedoch nicht bereit ist, für Vertraulichkeit bei den Erstattungsbeträgen zu sorgen. Für Fischer ist die jetzige Regelung ein "struktureller Webfehler des AMNOG". Sie ist überzeugt, dass nicht zuletzt die Kassen von vertraulichen Verhandlungsergebnissen profitieren würden. Denn dann würden die Verhandlung deutscher Erstattungsbeträge nicht durch die Befürchtung eines europaweiten Preisverfalls überlagert. Doch offenbar, so Fischer, habe die Koalition "die Symbolkraft eines unveränderten AMNOG und die Vermeidung einer streitigen Diskussion" als bedeutender betrachtet als sinnvoll nachzujustieren.
Vertraulichkeit – für die CDU/CSU noch immer ein Thema
Manch einer in der Union hat Verständnis für diese Kritik. So geht Michael Hennrich (CDU) davon aus, dass die Vertraulichkeit zu einem anderen Zeitpunkt wieder thematisiert wird. Bei der Aussprache im Bundestag betonte er, dass eine solche Regelung kein Geld gekostet hätte. Auch der Bürokratieaufwand wäre überschaubar gewesen – der GKV-Spitzenverband habe ihn auf rund 32 Millionen Euro beziffert. Hennrich: "Es wäre mir wert gewesen, das Signal an die Industrie auszusenden, dass wir nicht nur Verschärfungen vornehmen, sondern dass uns auch die Pharmaindustrie am Standort Deutschland wichtig ist." Nun müsse man abwarten, wie die weiteren Preisverhandlungen ausgehen – es sei zu hoffen, dass sich die Bundesregierung "unter Umständen dem Thema öffnet, wenn noch Nachbesserungsbedarf besteht". Zuspruch für seine Äußerungen erhielt Hennrich von seinem Fraktionskollegen Johannes Singhammer (CSU).
Pro Generika freut sich auf auslaufende Rabattverträge
Beim Branchenverband Pro Generika hört man Hennrichs Worte gerne. Begrüßt wird dort zudem die beschlossene gesetzliche Klarstellung, dass Rabattverträge, die nicht nach den Vorgaben des Vergaberechts zustande gekommen sind, nach Ablauf einer Übergangsfrist im nächsten Jahr unwirksam werden. In der Gesetzesbegründung wird dabei ausdrücklich auf Sortimentsverträge abgehoben. Pro Generika geht dennoch davon aus, dass mit der Norm auch Rabattverträge mit Erstanbietern unwirksam werden, wenn das Patent ausgelaufen und generische Konkurrenz auf den Plan getreten ist.
BPI: Ausnahmen von der Austauschpflicht regeln!
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hob die neue Regelung im SGB V hervor, nach der GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband nun ausdrücklich befugt sind, in ihrem Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung Ausnahmen von der Substitutionspflicht zu bestimmen. Damit setze der Gesetzgeber "ein Zeichen gegen die Versorgungsverschlechterungen, die einige Krankenkassen im Rahmen ihrer Rabattverträge in Kauf genommen haben". Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer, sieht nun die Vertragspartner des Rahmenvertrags gefordert: Sie müssten eine Liste von Krankheiten aufstellen, bei denen der Austausch gegen ein Rabattarzneimittel verboten ist. Der BPI habe schon lange darauf hingewiesen, dass der Austausch von Präparaten in einer laufenden Behandlung für chronisch Erkrankte bei bestimmten Indikationen riskant sein kann. "Hier können bereits kleine Schwankungen im Wirkspiegel Folgen haben", so Gerbsch. "Wichtig ist nun, dass die Einsicht der Politik, dass es hier um die Versorgung geht, auch Einzug in die Verhandlungen der Apotheker mit der Selbstverwaltung findet", erklärte Gerbsch.
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