Gentechnologie

Krebsrisiko Gen-Mais?

Ein Plausibilitäts-Check aus naturwissenschaftlicher Sicht

Ein Meinungsbeitrag von Ilse Zündorf und Theo Dingermann | Die Bilder von den Ratten mit abstrus großen Tumoren in den Nachrichtensendungen schockierten, zeigten sie doch das Ergebnis eines Fütterungsversuchs, bei dem die Tiere über längere Zeit gentechnisch veränderten Mais zu fressen bekamen. Ist das der Beweis, dass gentechnisch veränderte Pflanzen doch sehr viel kritischer zu betrachten sind, als uns Monsanto und Co. glauben machen wollen?

Die Konsequenz ist klar: Die Gegner von gentechnisch veränderten Pflanzen fühlen sich endlich rundum bestätigt, von Monsanto wird eine Gegendarstellung erwartet, diverse Wissenschaftler zweifeln hingegen an der Seriosität der durchgeführten Fütterungsstudie, die Politiker verfallen in hektischen Aktionismus, und der Verbraucher ist wieder einmal total verunsichert. Grund genug für uns, einen distanzierten, bestmöglich unvoreingenommenen Blick auf die Sachlage zu werfen.

Um es klar zu sagen: Wir werden weder von der Seite der Gentechnikgegner noch von Monsanto oder einer ähnlichen Firma (finanziell) unterstützt. Wir sind vielmehr Naturwissenschaftler, die Studierenden und Interessierten gentechnische Methoden anhand von Lehrbüchern und Vorlesungen näherbringen und sie zum kritischen Denken anregen wollen.

Wir wollen hier die Fakten hinter dem konkreten Fall beleuchten und stellen uns selber die Frage: Ist es eigentlich plausibel, dass Ratten durch den Verzehr des NK603-Mais schwere Organschäden davontragen, bösartige Tumoren entwickeln und früher sterben als Vergleichstiere, die nur mit "normalem" Mais gefüttert wurden?

Was ist eigentlich NK603-Mais?

NK603-Mais ist ein gentechnisch veränderter Mais, der resistent gegen das Herbizid Glyphosat ist [1]. Glyphosat wird unter dem Namen "Roundup" vertrieben und gehört zu den meist verkauften Herbiziden. Die Substanz wird von Pflanzen über die Blätter aufgenommen und inhibiert dann das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS). EPSPS katalysiert einen kritischen Schritt im sogenannten Shikimisäureweg (Abb.) [2].


Abb.: Der Shikimisäureweg der Pflanzen führt letztlich zur Bildung der aromatischen Aminosäuren. Eines der beteiligten Enzyme, die 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS) wird sehr spezifisch durch Glyphosat (Roundup) inhibiert. Bringt man in die Pflanze jedoch das Gen für eine Glyphosat-resistente EPSPS ein, kann die Pflanze auch in Anwesenheit von Roundup weiter wachsen. Grafik: Zündorf


Dieser Biosyntheseweg kommt in Pflanzen, Pilzen und Bakterien vor und ist u. a. wichtig für die Bildung der aromatischen Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan. Tieren und Menschen ist im Laufe der Evolution die EPSPS abhanden gekommen, weshalb die aromatischen Aminosäuren zu den essenziellen Aminosäuren gehören, die wir über die Nahrung aufnehmen müssen. Das heißt aber auch, dass Glyphosat beim Menschen kein spezifisches Target findet. Dies ist eine nahezu ideale Situation, die nahelegt, dass Glyphosat für den Menschen eigentlich wenig problematisch sein sollte. Nur wenn die Substanz unspezifisch auch mit anderen Proteinen in unserem Körper interagiert, kann es zu unerwünschten Wirkungen kommen.

Einsatz von Glyphosat bei normalem Saatgut

Da Glyphosat über die Blätter, aber eben nicht aus dem Erdreich über die Wurzel aufgenommen wird, kommt es üblicherweise unmittelbar vor der Aussaat des Getreides zum Einsatz. Man "sterilisiert" gewissermaßen den Acker, bevor die eigentliche Saat ausgebracht wird. Bereits belaubte Wildkräuter resorbieren das Herbizid und verlieren dadurch die Fähigkeit, aromatische Aminosäuren zu synthetisieren. Als Konsequenz welken sie und sterben ab. Wegen der kurzen Halbwertszeit des Herbizids kann bereits nach wenigen Tagen die Aussaat beginnen.

Selektive Toxizität aufgrund unterschiedlicher 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthasen

Vergleicht man die in der Natur vorkommenden Varianten der 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase, so stellt man fest, dass es zwei Klassen dieses Enzyms gibt: Pflanzen und viele Gram-negative Bakterien wie Escherichia coli und Salmonella typhimurium exprimieren die Klasse-I-Synthase, die bereits durch niedrige Glyphosat-Konzentrationen inhibiert wird. Demgegenüber findet sich in anderen Bakterien wie beispielsweise Agrobacterium sp. Stamm CP4, Achromobacter sp. Stamm LBAA, Pseudomonas sp. Stamm PG2982, aber auch in Streptococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus eine Klasse-II-Synthase, die selbst noch in Anwesenheit hoher Glyphosat-Konzentrationen aktiv ist.

Das Prinzip zur Herstellung einer Glyphosat-resistenten Mais-Variante basiert darauf, eine Klasse-II-EPSP-Synthase zusätzlich zu der bereits vorhandenen Klasse-I-EPSP-Synthase in die Pflanze einzuschleusen. Dies verleiht der so modifizierten Pflanze – im Gegensatz zu allen konkurrierenden Pflanzen auf dem Acker – die Möglichkeit, in Gegenwart des Herbizids Glyphosat (Roundup) zu wachsen. Gleichzeitig verdoppelt man so auch die Gendosis für eines der im Shikimisäureweg involvierten Enzyme. Ob sich dies quantitativ auf die Bildung von Phenylpropanen auswirkt, ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Um den NK603-Mais herzustellen, wurde die Mais-Zelllinie AW x CW mithilfe einer Genkanone mit DNA-Fragmenten "beschossen". Diese DNA-Fragmente trugen jeweils zwei hintereinander liegende Gene für die 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS) aus dem Bodenbakterium Agrobacterium sp. Stamm CP4. Aus den genetisch veränderten Zellen konnten anschließend Maispflanzen gezüchtet werden, die neben ihrer eigenen EPSPS auch diejenige aus dem Bakterienstamm bildeten.

Keine vorbeugende Sterilisation der Äcker

Sät man die transgene Pflanze auf dem Acker an, muss der Acker nicht vorsorglich mit Roundup sterilisiert werden. Stattdessen kann dann, wenn die Wildkräuter wirklich überhand nehmen, Glyphosat eingesetzt werden. Zwar nimmt auch der NK603-Mais selbst Glyphosat über die Blätter auf, das sehr wohl auch das Klasse-I-Enzym hemmt. Da die Pflanzen aber auch die bakterielle Synthase bilden, die sich durch übliche Glyphosat-Konzentrationen nicht hemmen lässt, ist der Mais weiterhin in der Lage, die aromatischen Aminosäuren herzustellen und das eigene biochemische Programm funktionsfähig zu halten.

Charakterisierung des NK603-Mais

Für die Genehmigung, NK603-Mais anzubauen und als Futtermittel zu vertreiben, wurde das Genom der gentechnisch veränderten Maispflanze molekular eingehend charakterisiert. Es zeigte sich, dass nur eine einzige Kopie des für die Transduktion eingesetzten DNA-Fragments stabil in das Mais-Genom integriert war. Somit waren nur die beiden Genkopien mit den entsprechenden Kontrolleinheiten für die effiziente Transkription in der Pflanze zusätzlich im Zellkern vorhanden. Allerdings wurden bei der Analyse zwei Punktmutationen in einer der beiden Genkopien entdeckt, die letztlich darin resultieren, dass das gebildete Protein an der Aminosäureposition 214 ein Leucin anstelle des ursprünglich vorhandenen Prolin trägt. Die genauere Analyse der Insertionsstelle im Mais-Genom zeigte, dass durch die Insertion keine neuen Leserahmen geschaffen wurden, die zur Bildung neuer, möglicherweise allergener oder toxischer Proteine geführt hätte und dass auch keine anderen Mais-Gene zerstört wurden.

Zur Toxizitätsprüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurden Ratten 90 Tage lang mit dem gentechnisch veränderten Mais gefüttert. Es zeigten sich keine negativen Effekte bei den Tieren, und im Vergleich zu unverändertem Mais waren keine Auffälligkeiten festzustellen. Seit Oktober 2004 kann NK603-Mais als Futtermittel und für verarbeitete Produkte verwendet werden.

Langzeitfütterungsversuche mit NK603-Mais

90 Tage seien eine viel zu kurze Zeitspanne, um wirkliche Effekte bei den Tieren zu sehen, argumentieren Gilles-Eric Séralini und seine Kollegen [3]. Um wirklich klare Aussagen über die Unbedenklichkeit oder eine potenzielle Schädlichkeit der gentechnisch veränderten Futterpflanze treffen zu können, initiierten diese Wissenschaftler eine Studie, in der sie 100 männliche und 100 weibliche Ratten über 2 Jahre mit NK603-Mais fütterten. Sie teilten die Tiere in 10 Gruppen ein. Einige Tiere erhielten Trockenfutter, das mit einer Beimischung von 11%, 22% und 33% NK603-Mais versetzt war. Dabei wurde unterschieden zwischen NK603-Mais, der während des Wachstums mit bzw. ohne Roundup (3 L/ha) kultiviert wurde. Als Kontrolle dienten Tiere, die Trockenfutter mit 33% unbehandeltem, nicht transgenem Mais erhielten. 3 Gruppen, die ebenfalls mit dem Kontrollfutter versorgt wurden, hatten in ihrem Trinkwasser zusätzlich entweder 1,1 x 10-8 %, 0,09% oder 0,5% Roundup.

Die Wissenschaftler beobachteten, dass die mit NK603-Mais gefütterten Tiere früher signifikant große Tumoren entwickelten und auch früher starben als die Kontrolltiere, allerdings unabhängig davon, wieviel Mais dem Futter beigemengt war. Eine Dosisabhängigkeit ließ sich also erstaunlicherweise nicht zeigen. Als Erklärung spekulieren die Autoren, dass durch die zusätzlich exprimierte 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase in der transgenen Pflanze mehr aromatische Aminosäuren synthetisiert werden könnten, was auch zu mehr sekundären Inhaltsstoffen geführt haben könnte. Zusätzlich oder alternativ wäre es denkbar, dass Roundup den Hormonhaushalt der Tiere hätte beeinflussen können. Allerdings zeigen das die Ergebnisse der Publikation nicht.

Wo ist die Plausibilität für die krebserregenden Eigenschaften des transgenen Mais?

Nun kann man sicherlich trefflich darüber streiten – was ja auch derzeit geschieht – , ob die Wissenschaftler mit Gruppen à 10 Tieren wirklich ausreichend aussagekräftige Daten generieren können, ob sie eher pro oder eher contra hinsichtlich gentechnisch modifizierter Nahrungsmittel positioniert sind, ob die Publikation ohne ein wirkliches Review-Verfahren in der Haus-Postille veröffentlicht wurde oder ob tatsächlich die Ergebnisse eine relevante Aussagekraft besitzen. Fakt ist allerdings, dass durch die Art der Berichterstattung in den Köpfen der Leser/Zuhörer/Zuschauer hängenbleibt: Gentechnisch veränderte Pflanzen und alle Lebensmittel, die mit Gentechnik irgendwie in Verbindung gekommen sind, sind krebserregend!

Daher möchten wir, die wir keine direkten Erfahrungen mit gentechnisch modifizierten Pflanzen haben, sondern diese Arbeit auch nur lesen können, nochmal kritisch hinterfragen, wie plausibel die Aussagen in dieser Publikation überhaupt sein können. Lassen sich die vermeintlichen Gefahren nachvollziehen, die bei Verzehr gentechnisch modifizierter Nahrungsmittel drohen?

Mögliche Gefahrenquellen

NK603-Mais unterscheidet sich von dem nicht gentechnisch modifizierten Mais, der als Basis für die Modifikation diente, nur darin, dass er zusätzlich noch die 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase aus Agrobacterium in authentischer und in leicht modifizierter Form (ein Aminosäureaustausch) produziert. Im Rahmen des Zulassungsprozesses hat man gezeigt, dass sich dadurch die Menge an EPSP-Synthase innerhalb der Pflanze nur unwesentlich verändert. Zudem handelt es sich hier auch nur um eine von einer ganzen Kette von Enzymaktivitäten, die für die Synthese der aromatischen Aminosäuren erforderlich sind, so dass es relativ unwahrscheinlich ist, dass sich die Aminosäurekonzentrationen signifikant verschieben.

Üblicherweise fressen Ratten Maiskörner, also die Früchte, die überwiegend aus Stärke und Speicherproteinen bestehen und nur noch minimale Stoffwechselaktivität aufweisen. Hier dürfte also das zusätzlich eingebrachte Gen kaum noch exprimiert sein und das Enzym nur noch wenig Relevanz besitzen. Auch wir Menschen essen vom Mais nur die Körner, die zudem vor dem Verzehr meist gekocht wurden, wodurch Proteine denaturiert werden. Somit ist es kaum plausibel, dass das bakterielle EPSPS-Enzym als toxikologisch kritisch gesehen werden könnte. Es bleiben in dieser Plausibilitätsbetrachtung also noch die eingebrachte DNA und mögliche zusätzliche Stoffwechselprodukte zu bewerten.

Bezüglich der eingebrachten DNA wurde gezeigt, dass ein einzelnes DNA-Fragment in das Genom der Maispflanze integriert wurde, das ausschließlich die zwei bakteriellen Gene inklusive der nötigen Transkriptionskontrolleinheiten kodiert. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein "Kunst-Gen", sondern um ein bakterielles Gen, mit dem Tiere und Menschen wahrscheinlich täglich konfrontiert werden. Denn das Obst und Gemüse, das wir verzehren, ist alles andere als steril, so dass mit großer Wahrscheinlichkeit über anhaftende Mikroorganismen auch Gene für die Klasse-II-5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase in unseren Organismus gelangen. Erscheint es da plausibel, dass ein bakterielles EPSP-Synthase-Gen, das wir über Maiskörner aufnehmen, ein prinzipielles gesundheitliches Problem hervorrufen könnte?

Schließlich gilt es, kritisch zu hinterfragen, ob die eingeschleusten Gene einen Einfluss auf den Stoffwechsel der Pflanze nehmen könnten, der in einem abnormen Muster primärer und sekundärer Inhaltsstoffe resultieren könnte. Die Primärprodukte des Shikimisäurewegs sind die aromatischen Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan. Die Pflanze verwertet diese Aminosäuren ebenso wie Tiere in der Proteinsynthese des Primärstoffwechsels. Darüber hinaus bilden diese Aminosäuren aber auch die Basis für eine Vielzahl von Phenylpropanstrukturen des sekundären Stoffwechsels, darunter Cumarine, Lignane, Flavonoide und auch einige Alkaloide. Sollte sich also tatsächlich die zusätzlich synthetisierte EPSPS auf die Menge an aromatischen Aminosäuren auswirken, könnten auch zusätzliche sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe gebildet werden. Toxikologisch interessant im Kontext dieser Arbeit könnten Isoflavonoide sein, die östrogene Eigenschaften besitzen und eventuell das dominante Auftreten von Tumoren bei weiblichen Tieren erklären könnten. Die Wissenschaftler um Gilles-Eric Séralini schreiben jedoch, dass keine Änderungen beim Isoflavongehalt des Rattenfutters mit NK603-Mais zu sehen waren. Allerdings hat man wohl geringere (!) Konzentrationen an Kaffee- und Ferulasäure nachweisen können. Auch diese beiden Verbindungen leiten sich von der Aminosäure Tyrosin ab. Hätte die zusätzliche EPSP-Synthase zu einer Effizienzsteigerung des Shikimisäurewegs geführt, hätte man eine Zunahme und nicht eine Abnahme der Konzentration dieser Phenylpropan-Strukturen erwartet. Zusätzlich ist auch hier zu bedenken, dass derartige sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe üblicherweise eher nicht in signifikanten Mengen in Maiskörnern anzutreffen sind und somit auch in Körnern von NK603-Mais nicht gehäuft auftreten werden.

Bleibt noch, die toxikologische Relevanz des Herbizids Roundup zu hinterfragen. Interessanterweise hat auch hier die Gruppe um Gilles-Eric Séralini kürzlich eine Veröffentlichung platziert [4], in der sie anhand von Zellkulturexperimenten zeigen, dass weniger das Glyphosat selbst, als vielmehr die in den Pflanzenschutzmitteln beigemengten Adjuvanzien schädlich sein könnten. Diese Hilfsstoffe sollen für eine bessere Verteilung der Flüssigkeit auf den Pflanzen und für ein leichteres Eindringen der Substanz in die Blätter sorgen. Sicherlich ist es wichtig, dass man hier sorgfältig untersucht, ob dieses viel verwendete Herbizid krebserregend ist oder nicht. Das ist aber völlig unabhängig von irgendwelchen gentechnisch veränderten Organismen! Denn eines sollte jedem klar sein: Roundup wird als Unkrautvernichter eingesetzt – entweder massiv vor der Aussaat konventionellen Getreides oder bei Bedarf (in meist reduzierteren Mengen), wenn beispielsweise NK603-Mais angepflanzt wurde.

Fazit

Die Grüne Gentechnik hat hierzulande einen unglaublich schlechten Ruf, dessen Basis stark emotional und kaum rational begründet ist. Durch die aktuelle Veröffentlichung und die Berichterstattung darüber wird sich dieser schlechte Ruf noch weiter verfestigen. Wir wollten durch eine kritische Reflexion der Sachlage dafür sensibilisieren, sich auch einmal rational dem Problem zu nähern. Uns erscheint das Ergebnis dieser Arbeit kaum plausibel. Ein Problem könnte darin liegen, dass die Zahl der untersuchten Tiere viel zu gering war, um schlüssige Aussagen zu machen. Vielleicht ist aber auch das experimentelle Design der Studie ungeeignet, wie einzelne Kritiker der Arbeit monieren.

Die Akzeptanzprobleme, die die Grüne Gentechnologie hat, hat die Rote Gentechnologie schon lange nicht mehr. Das liegt wohl auch daran, dass sich die/der Einzelne im Bereich der Gesundheitsforschung, wo die Rote Gentechnologie eine dominante Rolle spielt, viel leichter vorstellen kann, dass er oder sie von dieser Technologie auch persönlich profitiert. Bei den Lebensmitteln, die bei uns im Überfluss und teils zu Spottpreisen angeboten werden, fehlt es da offensichtlich an Phantasie. Aber können wir es uns wirklich langfristig leisten, die Grüne Gentechnik nur schlechtzureden und konsequenterweise auf sie zu verzichten? Vielleicht hilft es hier, sich vorzustellen, dass längst nicht alle Menschen auf dieser Erde so satt werden wie wir. Zusätzlich ist abzusehen, dass wir wegen des Klimawandels mit Veränderungen konfrontiert werden, deren Konsequenzen wir kaum abschätzen können. Hierfür Effizienzreserven vorzuhalten und weiterzuentwickeln, ist alles andere als dumm und überflüssig. Und hier wird die Grüne Gentechnik, deren Produkte natürlich ähnlich wie die der Roten Gentechnik kritisch auf Nutzen und Risiken überprüft werden müssen, von unverzichtbarem Nutzen sein.

PS: Nicht nur wir sehen die Arbeit extrem kritisch. Ganz aktuell wurde bekannt, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Efsa, der Arbeit die Wissenschaftlichkeit aberkannt hat.


Literatur

[1] Scientific Opinion of the Panel on Genetically Modified Organisms on applications (EFSA-GMO-NL-2005-22 and EFSA-GMO-RX-NK603) for the placing on the market of the genetically modified glyphosate tolerant maize NK603 for cultivation, food and feed uses and import and processing, and for renewal of the authorisation of maize NK603 as existing product. The EFSA Journal (2009) 1137, 1 – 50.

[2] Pollegioni, L., Schonbrunn, E., Siehl, D.: Molecular basis of glyphosate resistance: Different approaches through protein engineering. FEBS J. 278 (2011), 2753 – 2766.

[3] Séralini, G.E., Clair, E., Mesnage, R., et al.: Long term toxicity of a Roundup herbicide and a Roundup-tolerant genetically modified maize. Food Chem. Toxicol. (2012), http://dx.doi.org/10.1016/j.fct.2012.08.005.

[4] Mesnage, R., Bernay, B., Séralini, G.E.: Ethoxylated adjuvants of glyphosate-based herbicides are active principles of human cell toxicity. Toxicology. (2012) Sep 20. pii: S0300-483X(12)00345-9. doi: 10.1016/j.tox.2012.09.006. [Epub ahead of print]


Autoren

Ilse Zündorf, Theo Dingermann, Institut für Pharmazeutische Biologie, Max-von-Laue-Str. 9, 60438 Frankfurt, dingermann@em.uni-frankfurt.de



DAZ 2012, Nr. 41, S. 86

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