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"Zuzahlungsclubs": Apotheker geht in die Offensive
Zwielichtige "Rabatt-Clubs" beschäftigen Apothekerkammern und Gerichte
Eine Kundin, die Kraus nach einem Preisnachlass auf die Rezeptgebühr gefragt hatte, brachte den Apotheker auf die Spur. Nachdem er ihre Frage verneint hatte, erzählte sie ihm, dass ein Diabetikerbedarfsladen ein solches Angebot mache. Der Apotheker, der neben einer öffentlichen auch eine Versandapotheke betreibt, wurde neugierig und deckte unter anderem zusammen mit einer Detektei folgendes Geschäftskonstrukt auf: Patienten können Rezepte in dem Diabetikerladen mediabetic logistic abgeben und erhalten ihre Medikamente dann mit einen Rabatt auf die gesetzliche Zuzahlung von der EU-Versandapotheke in Cottbus nach Hause geschickt. Mediabetic logistics gehört zur Arzneimittel-Logistikagentur Dr. med Fritz Koch Parma GmbH. Claudia Schmidt ist dort eine von zwei Geschäftsführern, sie ist darüber hinaus auch bei der EU-Versandapotheke als verantwortliche Ansprechpartnerin eingetragen.
Inhaberin der EU-Versandapotheke ist Kerstin Thierfelder. Auf ihrer Website verweist sie auf den Viva Vita Netzwerk Gesundheits e.V. Dieser bietet seinen Mitgliedern bei Abwicklung über einen Kooperationspartner – wie beispielsweise der EU-Versandapotheke – eine bis zu 100-prozentige Erstattung der Rezeptzuzahlung an. Vorstand der Viva Vita ist unter anderem Marco Blüher. Er ist zudem der zweite Geschäftsführer der Dr. Koch Pharma GmbH und außerdem Geschäftsführer des Diabetikerladens mediabetic logistics.
Wettbewerbszentrale gegen Rabatt-Clubs
Im März 2010 hatte das Landgericht Cottbus in einem von der Wettbewerbszentrale angestrengten Verfahren gegen die EU-Versandapotheke Frau Thierfelder die Zuzahlungserstattung untersagt (DAZ 2010, Nr. 14, S. 30; AZ 2011, Nr. 26, S. 3). Das Gericht sah in der Werbung für den Kooperationspartner einen Verstoß der Apothekerin gegen die Arzneimittelpreisverordnung. Bei einem rezeptpflichtigen Arzneimittel lasse ein Zuzahlungsrabatt den Erwerb für den Kunden wirtschaftlich günstiger erscheinen. Gerade diesen entstehenden Preiswettbewerb unter den Apotheken versuche die Arzneimittelpreisverordnung zu verhindern, so das Argument des Gerichts. Auch wenn offiziell der kooperierende "Rabattclub" die Zuzahlung erstatte, habe die Apothekerin auf ihrer Website für den Kooperationspartner geworben. Dadurch sei Thierfelder "mittelbare" Täterin, entschied das Gericht.
Obwohl Thierfelder daraufhin eine schriftliche Unterlassungserklärung abgab, verweist die Apothekerin auf ihrer Website noch immer auf den Viva Vita e.V. und den zweiten Kooperationspartner, die Deutsche Patienten Initiative GmbH (DPI), die ebenfalls Zuzahlungsrabatte anbietet. Als Sparangebot lockt derzeit zwar am offensichtlichsten das Versprechen, Kunden der EU-Versandapotheken die Praxisgebühr zu erstatten – eine Werbemasche, die Gerichte bislang nicht beanstandet haben (siehe hierzu auch DAZ 2011, Nr. 45, S. 37). Doch bei genauerer Suche finden sich etwas versteckt auch noch Hinweise auf die Zuzahlungsclubs. Zudem gelangt man über andere Portale – etwa die Webseite zum Preisvergleich medizinfuchs.de – zu der Verbindung zwischen DPI und EU-Versandapotheke. Deshalb hat Kraus seine Kollegin aus Brandenburg abgemahnt und fordert derzeit vor dem Landgericht Cottbus die Erstattung der Abmahnkosten und Vertragsstrafen in Höhe von rund 20.000 Euro ein. Er geht außerdem gegen Thierfelder wegen weiterer unrechtmäßiger Angaben auf ihrer Homepage vor.
Verfahren vor weiteren Gerichten
Vor dem Landgericht Karlsruhe klagt der Apotheker auch gegen die Dr. Koch Pharma GmbH, deren Kompetenzzentrum für Hilfsmittel und Medizinprodukte im baden-württembergischen Ettlingen liegt. Die Gesellschaft soll dazu verurteilt werden, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Verbrauchern einen Rabatt auf die gesetzliche Zuzahlung für rezeptpflichtige Arzneimittel in Aussicht zu stellen und/oder gemeinschaftlich mit der EU-Versandapotheke zu gewähren. Kraus hat auch vor, rechtliche Schritte gegen die DPI einzuleiten.
Den Viva Vita e.V. hat der Apotheker außerdem beim Finanzamt in Bad Homburg angezeigt. Dort soll man nun die Gemeinnützigkeit des Vereins unter die Lupe nehmen. Als Grund nannte Kraus, dass der Viva Vita e.V. ein Firmenkonstrukt sei, das der EU-Versandapotheke in Cottbus die Möglichkeit verschaffen soll, ihren Kunden die gesetzliche Zuzahlung zu erlassen bzw. zu ermäßigen.
Für Thierfelder gibt es darüber hinaus auch berufsrechtliche Folgen. In einer E-Mail wandte sich Kraus an die Apothekerkammer Brandenburg. "Ich würde mir wünschen, dass hier die Kammer endlich einschreitet", schrieb er. Offenbar mit Erfolg. Nach Informationen der DAZ nahm die Kammer in Potsdam die Entdeckungen des Pforzheimer Apothekers zum Anlass, berufsrechtlich gegen Thierfelder vorzugehen und sprach "unter Berücksichtigung eines einschlägigen Vorverhaltens" eine Rüge mit empfindlicher Geldauflage aus. Diese will Thierfelder nun vor dem Berufsgericht überprüfen lassen. Deshalb hat die Kammer in Brandenburg nun bei der baden-württembergischen Kammer angefragt, ob ihr Kammermitglied Kraus seine Informationen zur Verfügung stellen würde.
DAZ 2012, Nr. 6, S. 24
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