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Gesundheitspolitik
Um den Lohn gebracht
"Ein Kompromiss ist nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn beide Parteien damit gleich unzufrieden sind", soll der ehemalige amerikanische Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger einmal gesagt haben.
Ist der Kompromiss zum Kassenabschlag nach diesen Kriterien ein guter Kompromiss? Schaut man in die einschlägigen Internetforen, so kann man zumindest sagen, dass die Unzufriedenheit auf Apothekerseite groß ist. Auch die Kassen-Seite spricht in einer Pressemitteilung von "großen Zugeständnissen", die sie habe eingehen müssen. Es könnte sich also um einen gerechten Kompromiss handeln.
Betrachtet man das Ergebnis nüchtern, bietet es den Apothekern durchaus Vorteile: Die unsichere Rechtslage für die Jahre 2009 und 2010 ist beseitigt, das Damoklesschwert einer Nachzahlung hängt nicht mehr über den Köpfen. Auch für die nächsten zwei Jahre haben die Apotheken nun Planungssicherheit. Und von der Ausgangslage 2012 aus betrachtet sinkt der Abschlag – von im Schnitt 1,80 Euro in diesem und dem nächsten Jahr auf 1,77 Euro im Jahr 2015.
Dass die Unzufriedenheit trotzdem so groß ist, hängt mit der Erwartungshaltung zusammen, die die Verhandlungsführer auf Apothekenseite geschürt hatten. Da war nie von einem Kompromiss die Rede! Sondern davon, dass man berechtigte Ansprüche habe, dass man Zahlen vorlegen könne, dass man doch berechnet habe …
Diese Taktik, sich lieber über die Verhandlungsbasis zu streiten und nur diese zu kommunizieren anstatt ein Verhandlungsziel zu formulieren, wurde vielfach kritisiert. Offenbar zu recht, denn rückschauend kann man sie nur als gescheitert bezeichnen.
Wie schon bei der Anpassung des Fixhonorars, als man "ausgerechnet" hatte, dass den Apothekern 9,14 Euro zustehen, scheint unsere Standesvertretung nicht zu kapieren (oder kapieren zu wollen?), dass Honorarerhöhungen (und in der Außenwirkung ist die Abschlagssenkung eine Honorarer-höhung!) eine starke politische Komponente haben. Und dass diese unter Umständen entscheidender ist als Berechnungen, mögen sie auch noch so gut mit Zahlen belegt und sogar vom Gesetz vorgesehen sein.
So bringt sich unsere Standesvertretung selbst um den Lohn ihrer Mühen: Trotz gestiegener Vergütung sind die Apotheker so unzufrieden wie selten zuvor.
Benjamin Wessinger
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