Management

Den bevorzugten Sinneskanal ansprechen

In der Apotheke kundenorientiert beraten – von olfaktorisch, kinästhetisch und gustatorisch geprägten Kunden

Wenn der Apotheker – etwa an der Sprache und Ausdrucksweise – merkt, dass der Kunde ein visueller Wahrnehmungstyp ist, sollte er dies mit seiner Sprache spiegeln und ebenfalls vor allem mit Bildern und den entsprechenden Formulierungen arbeiten: "Stellen Sie sich doch bitte einmal Folgendes vor "

Den Sinneskanal erkennen – und richtig reagieren

Wohl jeder Mensch hat seinen individuellen Sinn-Favoriten, einen Sinneskanal, auf dem er bevorzugt kommuniziert. Welcher das ist, lässt sich oft an der Sprache feststellen. Wenn es dem Apotheker gelingt – und das Folgende gilt selbstverständlich auch für die Mitarbeiter, die im Kundenkontakt stehen – , diesen Sinneskanal zu identifizieren, kann er seine eigene Sprache konsequent darauf abstimmen. Je nach Sinnestyp benutzt der Kunde typische Wörter, Sätze und Metaphern, die es zu erkennen gilt – dazu einige Beispiele.

Der Apotheker stellt dem Kunden im Frei- und Sichtwahlbereich eine Hautcreme vor: Der Kunde äußert im Laufe des Gesprächs Sätze wie: "Für mich ist das aber nicht klar ersichtlich. Ich sehe nicht, worin der Vorteil besteht." Mit einiger Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Kunden, der sein Umfeld vor allem auf dem visuellen Sinneskanal wahrnimmt. Er kann die Argumente des Apothekers am besten nachvollziehen, wenn er sie sich vor sein geistiges Auge stellen kann.

Die Konsequenz für den Apotheker: Er verwendet visuell ausgerichtete Sprachbilder: "Ich sehe das genau so deutlich wie Sie, liebe Frau Kundin, möchte Ihnen aber einen ganz speziellen Nutzen der Hautcreme vorstellen. Schauen wir uns doch gemeinsam einmal die Wirkungsweise der Hautcreme an "

Wenn der Kunde hingegen Sätze von sich gibt wie: "Ja, die Argumente hören sich für mich sehr nachvollziehbar an. Dem, was Sie sagen, kann ich Wort für Wort zustimmen", steht dem Apotheker wohl ein auditiver Kunde gegenüber, dessen bevorzugter Sinneskanal das Ohr ist. Entsprechend reagiert der Apotheker: "Vielleicht klingt auch der folgende Hinweis zur Nutzung der Hautcreme für Sie stimmig, nämlich ..." Wenn dieser Kunde dann äußert: "Das klingt wie Musik in meinen Ohren", dürfte der Apotheker ihn vollends überzeugt haben.

Fühlen, riechen, schmecken – weitere Kundentypen

Die meisten Apothekenkunden lassen sich dem visuellen oder auditiven Sinnestyp zuordnen. Darum sind der Apotheker und sein Team gut beraten, sich in einem ersten Schritt darin zu schulen, die visuellen und auditiven Sprachmuster zu erkennen und die entsprechend ausgerichteten Antworten einzuüben.

Kommen wir zum kinästhetischen Typ: "Ich kann es nicht nachvollziehen, dass die Vorteile auf der Hand liegen. Ich begreife das nicht." Dieser Kunde kann als "fühlender" Mensch beschrieben werden. Er ist überdies daran zu erkennen, dass er die Hautcreme andauernd in die Hand nehmen und anfassen will. "Können Sie mir denn darin folgen, dass " – dies ist eine mögliche Antwort, mit der sich der Apotheker auf den kinästhetischen Sinneskanal einschwingt.

Olfaktorisch und gustatorisch veranlagte Kunden werden dem Apotheker und seinen Mitarbeitern relativ selten begegnen. Trotzdem ist es richtig, sich darauf vorzubereiten. "Ich weiß nicht, an Ihrer Argumentation ist irgendetwas faul" oder "Ihre Argumentation schmeckt mir, ehrlich gesagt, überhaupt nicht" – der Apotheker hat es im ersten Fall mit einem olfaktorischen, im zweiten Beispiel mit einem gustatorischen Kunden zu tun:

  • "Das riecht doch nach einem handfesten Vorteil für Sie" – das ist eine mögliche olfaktorische Antwort.

  • "Ich möchte Ihnen beileibe keinen Honig um den Mund schmieren, fest aber steht ..." – damit kann der Apotheker den gustatorischen Kunden auch sinnenspezifisch überzeugen.

Was der Apotheker vermeiden sollte

Entscheidend ist mithin, auf dem Sinneskanal zu kommunizieren und zu argumentieren, den der Kunde bevorzugt. Zugleich jedoch sollten der Apotheker und seine Mitarbeiter darauf achten, bestimmte Dinge zu vermeiden. Auch dazu ein paar Beispiele.

Beim visuellen Kunden ist es kontraproduktiv, zu abstrakt zu argumentieren und allein Daten und Fakten vorzutragen. Denn dieser Kunde muss sich die Dinge vorstellen können, um die Argumente des Apothekers nachvollziehen zu können. Dieser ist klug beraten, wenn er zum Beispiel während der Argumentation auf einem Blatt Papier eine Nutzen- oder Vorteilsliste entwickelt, so dass der Kunde das, was der Apotheker sagt, zugleich schwarz auf weiß vor sich liegen hat.

Der Kunde mit bevorzugtem auditivem Sinneskanal hingegen mag es gar nicht, wenn der Apotheker mit allzu viel schriftlichem Informationsmaterial arbeitet. Ihm graut davor, einen Beipackzettel lesen zu müssen. Außerdem gilt: Wenn der Apotheker eine von Natur aus eher monotone Stimme hat, sollte er sich darin üben, des Öfteren die Stimmlage und Stimmhöhe zu wechseln und gerade für den auditiven Kunden Abwechslung in seine Stimme bringen.

Der kinästhetische Kunde mag es nicht, wenn es allzu berührungslos und bewegungslos zugeht. Er will das Produkt anfassen und begreifen, mit ihm spielen. Er hat auch nichts dagegen, wenn der Apotheker ihm während des Beratungsgesprächs die Hand auf die Schulter legt oder ihn am Oberarm zum Handverkaufsaufsteller mit den Hautcremes führt.

Beim aufs Riechorgan fixierten Kunden wäre es ein grober Fehler des Apothekers, nicht die Tatsache zu nutzen, dass es in einer Apotheke vielfältige Möglichkeiten gibt, "Riechabenteuer" zu erleben. Beim gustatorischen Kunden wiederum kann das Team überlegen, welche "Geschmackserlebnisse" dabei helfen, ihn die Vorteile bestimmter Produkte wahrnehmen zu lassen.

Den eigenen Sinn-Favoriten feststellen

Natürlich ist der Erfolg eines Beratungsgesprächs nicht nur davon abhängig, ob es gelingt, auf demselben Kanal wie der Kunde zu kommunizieren. Diese Fähigkeit bildet jedoch einen Erfolgsbaustein und kann gerade im Gespräch mit unentschlossenen Kunden den Ausschlag zum Positiven bewirken.

Hinzu kommt: Ein Apotheker, der sich mit dem Kunden auch sinnenspezifisch auf derselben Wellenlänge einschwingen möchte, sollte prüfen, auf welchem Sinneskanal er selbst bevorzugt agiert. Ist dies zum Beispiel der auditive Sinn, weiß der Apotheker, dass er im Umgang mit anders ausgerichteten Kunden ganz besonders auf seine Sprache achten sollte. Zudem erhält er so konkrete Hinweise, welche Sprachmuster er bevorzugt trainieren muss.

Bei der Selbsterkenntnis hilft es, nicht allein auf die Sprache zu achten: Es muss nicht immer so sein, aber visuelle Menschen zeichnen oft gerne, auditive Menschen lieben die Musik, der kinästhetische Mensch ist häufig handwerklich geschickt. Wenn es darum geht, sich an Vergangenes zu erinnern, kommen dem olfaktorischen Menschen oft Gerüche in den Erinnerungssinn, während sich der gustatorische an Geschmackserlebnisse erinnert.

Sinnvoll ist es, wenn der Apotheker eine Zeitlang im Alltag genau darauf achtet, ob es Anzeichen gibt, welchen Sinneskanal er favorisiert. Das ist die beste Voraussetzung dafür, in der Apotheke sinnenspezifische Kundengespräche führen zu können.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2013, Nr. 6, S. 6

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