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Interpharm 2013
Läuft die Apotheke nicht, Finger weg von der Filiale
Mit einem politischen Rückblick leitete Witte seine Argumentation ein: Vor zehn Jahren habe der Gesetzgeber aus Spargründen entschieden, die Gewinnspannen der Apotheken zu kappen und gleichzeitig die Möglichkeit der Filialisierung bis zu vier Apotheken eröffnet. Damals hätten die Gewinnspannen neun bis elf Prozent betragen. Der politische Wille sei gewesen, diese auf vier Prozent zu drücken. Der überlebensnotwendige Ertrag einer Apotheke liege heute bei 80.000 bis 90.000 Euro pro Jahr. Der Umsatz einer Apotheke müsse heute daher circa zwei Millionen Euro betragen, so Witte.
Es gebe verschiedene Strategien zur Steigerung des Umsatzes. Der schnellste Weg sei aber, die Übernahme oder die Gründung einer weiteren Apotheke. "Unterm Strich bleibt dann mehr übrig – wenn ich es richtig mache", so Wittes Rat und Warnung. Wie in anderen Handelsbereichen sei in den letzten zehn Jahren auch im Apothekenmarkt die "Aldisierung" vorangeschritten: Viel Umsatz, wenig Rendite.
Der durchschnittliche Umsatz der von der RST Beratungsgruppe betreuten Filialverbünde liege bei fünf Millionen Euro und der Gewinn bei 300.000 Euro. Während die Apothekenzahl seit Jahren rückläufig sei, steige die Zahl der Filialapotheken daher langsam, aber kontinuierlich. Etwa ein Drittel aller Apotheken gehörten inzwischen zu einem Filialverbund.
Zugleich riet Witte bei der Filialisierung aber zu großer Vorsicht: Die Standortanalyse sei wie bei der Gründung einer Hauptapotheke der entscheidende Faktor. Zudem müssten Umsatz und Rendite der eigenen wie der Filialapotheke stimmen: "Läuft die Hauptapotheke nicht, lassen Sie die Filiale sein. Dann macht das keinen Sinn." Die RST Beratungsgruppe rate ihren Mandanten in 80 Prozent aller Fälle von der ins Auge gefassten Filiale ab. Witte: "Unter 1,3 Millionen Euro Umsatz sollten Sie das praktisch nicht anfassen. Das wird ganz eng."
Kaufmännische Fähigkeiten gefordert
Eine Filiale müsse immer mit einem Filialleiter betrieben werden. Allein dessen Personalkosten betrügen bis zu 65.000 Euro pro Jahr. Witte verwies auf praktische Beispiele: Hauptapotheke 1,2 Millionen Jahresumsatz und Filialapotheke 1,15 Millionen Umsatz. Unterm Strich verbliebe dem Inhaber nach Abzug aller Kosten weniger finanzielle Verfügungsmasse als ohne Filiale. In solchen Fällen sei vom Kauf einer Filialapotheke immer abzuraten.
Außerdem erfordere die Filialisierung vom Apothekeninhaber ganz andere kaufmännische Fähigkeiten: "Das finanzielle Risiko steigt. Das muss man psychisch aushalten können. Die psychischen Belastungen sind nicht zu unterschätzen. Der Apothekenleiter muss Spaß an kaufmännischen Herausforderungen haben." Wie jeder mittelständische Unternehmer müsse ein Filialapotheker Führungsaufgaben hinsichtlich des Personals, der Kommunikation, der Delegation von Aufgaben und des Controllings erfüllen. Witte: "Das muss der Apotheker wollen und können. Filialisierung bedeutet immer die Multiplikation Ihrer Kompetenzen."
Nicht zu unterschätzen sei auch die Aufgabe, geeignete und zuverlässige Filialleiter zu finden. Um die Filialen im Griff zu behalten, müsse jede Apotheke einzeln als Profitcenter geführt werden. Da bleibe nicht mehr viel Zeit für die praktische Mitarbeit in der Apotheke. Denn die Filialisierung sollte schließlich immer einen zusätzlichen Wert schaffen, eine höhere Verzinsung des eingesetzten Kapitals erwirtschaften als eine entsprechende Anlage am Kapitalmarkt.
Beachte man bei der Filialisierung all diese Aspekte, stehe einem wirtschaftlichen Erfolg aber nichts im Wege, so Witte: "Dann können Sie nach Abzug aller Kosten pro Filiale bis zu 50.000 Euro mehr Gewinn erzielen."
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