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- DAZ 13/2013
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Seite 3
Ran an den Patienten!
Es tut sich was in der deutschen Apothekerschaft. Neben der – absolut berechtigten und auch notwendigen – Honorardiskussion nimmt eine zweite Diskussion erkennbar an Fahrt auf: Die Debatte darüber, worin eigentlich die Aufgabe der Apotheker besteht, wie unser Selbstverständnis aussieht und welche Rolle die Gesellschaft uns Apothekern zugedenkt. Kurz: Welches Leitbild soll der Apothekerberuf haben?
Diese Frage, die auch Friedemann Schmidt und die ABDA sich stellen, hat auf unserer Internet-seite DAZ.online zu einer lebhaften Diskussion geführt. Nicht alle Kollegen sehen die Notwendigkeit, ein neues Leitbild zu entwickeln, andere scheinen bereits fertige Entwürfe in der Schublade zu haben.
Für mich sind in dieser Diskussion zwei Punkte ganz entscheidend:
Erstens muss ein Leitbild durch eine breite Diskussion gemeinsam entwickelt werden. Eine Arbeitsgruppe der ABDA kann dazu Anregungen geben, Grundlagen vorbereiten und Vorschläge formulieren, die dann die innerberufliche Debatte befruchten können. Wenn diese Arbeitsgruppe aber am Ende ein fertiges Papier vorlegt, das die Mitgliedsorganisationen nur noch abnicken dürfen, dann wird dieses Leitbild scheitern. Dann wird es nicht die breite Zustimmung finden, die ein Leitbild braucht, das gelebt werden soll.
Zweitens: Das Leitbild muss zukunftsgerichtet sein. Es muss den grundlegenden Wandel des Apothekerberufs berücksichtigen, ein Ziel aufzeigen.
Unser Beruf befindet sich in einem Umbruch, und ich bin überzeugt, dass er ähnlich tiefgreifend sein wird wie der Wandel vom Arzneimittelhersteller zum -verkäufer. Auch in hundert Jahren werden in deutschen Apotheken noch Arzneimittel abgegeben werden, da bin ich mir sicher. Aber die Gesellschaft ist offenkundig nicht mehr bereit, uns "nur" für die Arzneimittelabgabe weiterhin so zu honorieren, wie sie das jahrzehntelang getan hat. In Zukunft werden andere Angebote und Dienstleistungen von uns gefragt sein. Wir sollten uns an der Diskussion, welche das sein könnten, aktiv beteiligen.
Auch auf der diesjährigen Interpharm, die fast 4000 Pharmazeuten nach Hamburg lockte, waren diese Veränderungen spürbar. Der Soziologe und DAZ-Kolumnist ("Von außen betrachtet") Professor Gerhard Schulze forderte: "Vergesst den Apotheker, wie ihr ihn kennt!" – und war gleichzeitig skeptisch, ob die Apotheker diesen Wandel annehmen können und wollen. Dass es die Kollegen gibt, die den Wandel aktiv gestalten, statt ihn zu beklagen, zeigte dann der "Nachmittag mit der POP-Gruppe", in der Autoren der gleichnamigen DAZ-Serie ganz konkret demonstrierten und erklärten, was Patienten-orientierte Pharmazie bedeutet. In der Gewissheit, dass die Zukunft des Berufs "am Patienten entschieden" wird, wie auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt konstatierte.
Überhaupt war das wohl das inoffizielle Motto der Interpharm: Ran an den Patienten! Es ging um Gesundheit in der Schwangerschaft, das Immunsystem und Autoimmunerkrankungen, um Süchte und eine rationale Selbstmedikation. Natürlich haben all diese Themen mit Arzneimitteln zu tun – schließlich sind wir die Fachleute für Arzneimittel und wollen es auch bleiben! Aber das Arzneimittel steht nicht mehr im Mittelpunkt, im Fokus der Aufmerksamkeit steht heute der Patient. Mit seinen Bedürfnissen, Problemen, Wünschen und Ängsten.
Und mit seinen Erwartungen an die Apotheke und die Apotheker.
Dass diese Erwartungen darüber hinausgehen, den billigst möglichen Preis zu erzielen, erscheint mir sonnenklar. Der Patient erwartet, mit seinen Problemen ernst genommen zu werden. Er erwartet, dass wir uns um ihn kümmern.
Erika Fink hat es in ihrem Vortrag auf den Punkt gebracht: "Informieren kann sich der Kunde auch im Internet. Beraten wird er nur in der Apotheke!"
Nebenbei: allein die Tatsache, dass so viele Apothekerinnen und Apotheker, PTAs, Pharmaziestudierende und Pharmazeuten im Praktikum ein ganzes Wochenende auf einem so anspruchsvollen Kongress verbringen und das alles – anders als andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen – selbst bezahlen und sich nicht von Firmen und Sponsoren einladen lassen, zeigt das hohe Engagement unseres Berufsstandes. Deshalb ist es mir auch gar nicht bange, wenn gefordert wird, "vergesst den Apotheker, wie ihr ihn kennt". Im Gegenteil, packen wir es an!
Dr. Benjamin Wessinger
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