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Die Seite 3
DocMorris: die alten Tricksereien?
Große Klappe, nix dahinter – also Haken dran? So einfach sollte man es sich nicht machen. Es ist schon ein Phänomen, wie es DocMorris immer wieder gelingt, mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Neuestes Beispiel: Die Apotheke auf Rädern. Ursprünglich waren es gezielte Gesetzesbrüche, mit denen DocMorris Aufsehen erregte. Dann kamen hartnäckige Regelverstöße und großspurige Ankündigungen, die oft wie Seifenblasen zerplatzten. Immerhin: Einige – wenn auch weniger als erwartet – fielen auf die Tricksereien herein: einfache Apotheker zum Beispiel, die ihre Apotheken grün anmalen ließen, große Teile der Wirtschaftspresse, aber auch die große Gehe, deren Mutter Celesio mit ihrem gescheiterten DocMorris-Engagement, abgesehen von schlecht bezifferbaren Imageverlusten, einen satten dreistelligen Millionenbetrag in den Sand setzte.
Dennoch macht es sich die ABDA zu leicht, wenn sie zum Thema Apothekenbus lapidar verlauten lässt, Marketingmaßnahmen einzelner Unternehmen kommentiere sie nicht. Richtig ist zwar, dass martialische Aktionen gegen die DocMorris-Road-Show kontraproduktiv wären: DocMorris bekäme dadurch erneut die gewünschten Berichte in der Publikumspresse – Gratiswerbung frei Haus. Besser wäre, nüchtern zu entzaubern, was da so scheinbar selbstlos als Problemlösung für die zukünftige Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum präsentiert wird.
Dabei kann außen vor bleiben, ob es purer Zufall ist, wie gut der DocMorris-Apothekenbus zu den „rollenden Apotheken“ passt, von denen im CDU-Wahlprogramm die Rede ist. Nachdenklich macht, dass Jens Spahn, der gesundheitspolitische Sprecher der Union, vor Jahren in der Politikberatungsfirma „Politas“ mit Max Müller verbandelt war – mit jenem Max Müller, der inzwischen Vorstand beim Arzneiversender Zur Rose AG ist und sich dort als Chefstratege um die neue Tochter DocMorris kümmert. Zuvor, zwischen 2008 und 2012, leitete Müller das Berliner Büro von Celesio. Der Stuttgarter Pharmahändler versuchte damals, über den Europäischen Gerichtshof das deutsche Fremdbesitzverbot zu Fall zu bringen, um auch in Deutschland selbst Apotheken betreiben zu können. Wie dem auch sei: Spahn hat aktuell bekräftigt, von „Apothekenbussen“ sei in CDU-Papieren nie die Rede gewesen. Mit den heutigen Möglichkeiten des Versandhandels, mit Rezeptsammelstellen und Botendiensten sei der rechtliche Rahmen „klar und ausreichend“.
Dieser Rahmen lässt sich freilich hinterfragen. Erstens weil der von Spahn immer engagiert verteidigte Arznei-Versandhandel gerade ländliche Apotheken gefährlich schwächt, die bislang (obwohl zuweilen grenzwertig in ihrer Umsatz- und Ertragssituation) ihrem Versorgungsauftrag brav nachkommen – mit einer Kundennähe in der Akut- und Chronikerversorgung, die von einer Versandapotheke nie und nimmer zu erreichen ist. Noch sind Lücken im Versorgungsnetz bei Apotheken extrem selten. Das könnte sich ändern. Arzneiversender reißen sich die Lücken, die sie schließen wollen, zuvor selbst – kein schlechter Grund übrigens, den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (was rechtlich möglich ist) wieder zu verbieten, bevor noch größerer Schaden entsteht.
Keinesfalls „klar und ausreichend“ ist auch, wie die Regelungen zum Versandhandel und zum Botendienst aufeinander abgestimmt sind. Die bisherigen Regelungen zum Botendienst lassen zumindest zu, sie so scharf zu interpretieren, dass der Botendienst (nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit Rezeptsammelstellen) extrem erschwert, ja diskriminiert wird. Beim Botendienst – obwohl auf Einzelfälle beschränkt – soll eine telefonische Beratung durch Apotheker oder PTA nicht reichen? Apotheker oder PTA müssen sich also immer selbst auf den Weg machen, wenn der Patient zuvor nicht selbst in der Apotheke war? Und das, obwohl beim Arzneiversand akzeptiert werden soll, dass in der Regel (!) überhaupt kein Kontakt zu Patienten stattfindet (nicht Face to Face, aber auch nicht telefonisch – was sehr wohl ging)?
Die Diskriminierung des Botendienstes wird nicht dadurch erträglicher, dass es die ABDA war, die sich dafür stark gemacht hat. Sie befürchtete, dass neben stationären Apotheken und Arzneiversendern eine dritte Apothekenform entstehen könnte – ein gutes Beispiel, wie man aus Angst vor dem Tode Selbstmord begehen kann. Eine weniger restriktive Regelung des Botendienstes würde Vor-Ort-Apotheken im Wettbewerb mit Versendern „gleich lange Spieße“ in die Hand geben. Die Folge: Unter vergleichbaren Auflagen ist ein ordentlich organisierter Botendienst jedem Versender überlegen. Und auch auf „rollende Apotheken“ müsste man heute keinen Gedanken verschwenden: Das Bus-Konzept ist unausgegoren, nicht zu Ende gedacht. Nur: Das muss die Politik nicht hindern, DocMorris auf den Leim zu gehen.
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