Arzneimittel und Therapie

Grauer Star unter Statinen seltener

Aktuelle Analysen geben Entwarnung

Statine gelten als die kommerziell erfolgreichsten Medikamente in der Pharmageschichte und werden weltweit von Millionen zur Senkung der Blutfette eingenommen, weil Mitte der 90er-Jahre gezeigt wurde, dass sie Herzinfarkten und Schlaganfällen vorbeugen können. Der Lipobay®-Skandal brachte die Statine ins Gerede, weil es unter Cerivastatin zu fatalen Muskel- und Nierenschäden und sogar Todesfällen gekommen war. Vor Jahren standen sie auch im Verdacht, Grauen Star zu verursachen oder zumindest begünstigen zu können. Aktuelle Studienergebnisse zeigen nun aber das Gegenteil.

Als Statine (Cholesterinsynthese-Enzymhemmer, CSE-Hemmer) werden Arzneistoffe bezeichnet, die zu den 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase-(HMG-CoA-Reduktase-) Inhibitoren gehören. HMG-CoA ist ein Zwischenprodukt der menschlichen Cholesterinsynthese, und Statine werden bislang hauptsächlich bei Fettstoffwechselstörungen als Cholesterinsenker eingesetzt. Präklinische Studien deuteten darauf hin, dass Katarakte eine Nebenwirkung von Statinen sein könnten. So hatte sich gezeigt, dass hohe Dosen des ersten von der FDA zugelassenen Statins Lovastatin bei Beagle zu Katarakten geführt hatten. Deshalb wurde bei der Zulassung von Lovastatin 1987 in den Beipackzettel aufgenommen, dass die Augen eines neu auf Lovastatin einzustellenden Patienten vor der Therapie und kurz danach mit einer Spaltlampe untersucht werden müssten. 1991 wurde diese Empfehlung mit Einverständnis der FDA wieder vom Beipackzettel entfernt. Studienergebnisse, die auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Amsterdam präsentiert wurden, deuten nun sogar auf das Gegenteil hin.

Während des Kardiologenkongresses wurde eine Metaanalyse vorgestellt, in der die Daten von 14 Studien und insgesamt 2.399.200 Patienten eingeflossen waren. Sie waren durchschnittlich 61 Jahre alt und im Mittel 54 Monate lang behandelt worden. Insgesamt führte der Einsatz von Statinen zu einer geringeren Rate an Katarakten (OR 0,81, 95% CI 0,72- 0,92, p = 0,0009). Die Reduktion des Katarakt-Risikos durch Statine um 20% war signifikant. Ganz besonders profitierten Patienten mit einer längeren Anwendungszeit und junge Patienten: So stieg die Odds Ratio von Personen im Alter um die 40 Jahre von 0,49 bis 1,03 für Patienten um die 70.

Trotz dieser positiven Daten für Statine sorgen immer noch Informationen auch im Internet für Unsicherheit bei Patienten und Ärzten im Hinblick auf mögliche Toxizität von Statinen. So findet man in der Micromedex-Datenbank Hinweise auf durch Statine verursachte Katarakte in Postmarketing-Studien. Und Lexi-Comp berichtet davon, dass Pravastatin zu einer 1,6%igen Rate an Seh-Einschränkung führt.

Quelle

Kostis JB. Statins prevalent cataract. A meta analysis. Vortrag während des ESC, 31. August bis 4. September 2013, Amsterdam, Abstract 833.

Weniger grauer Star, weniger Demenz: Statine nicht nur gut für das Herz. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK), 1. September 2013.

 

Apothekerin Dr. Annette Junker

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