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- DAZ 39/2013
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Deutscher Apothekertag 2013
Seltsames Verständnis
Beim aufmerksamen Verfolgen der Online-Kommentare auf den einschlägigen Internetseiten beschlich einen schon länger der Verdacht, während des Diskussionsforums über die zukünftige Ausrichtung der Berufspolitik wurde es augenfällig: Das seltsame Verständnis vieler Apotheker von Standesvertretung. Denn das sollten die Berufsverbände und Kammern eines akademischen, freien Berufs in meinen Augen sein: eine Interessen-Vertretung. In der Diskussion war aber immer wieder von der „Standesführung“ die Rede, von „denen da oben“, es fiel sogar das Wort „Herrschaftsriege“. Diesen Begriffen wurden in einer Art Dichotomie Bezeichnungen wie „Basis“, „wir hier unten“ und „ich als kleine Apothekerin“ entgegengesetzt.
Ist es wirklich das, was zumindest ein Teil der Apothekerschaft von ihren Repräsentanten (vielleicht auch nur unbewusst) will: Führung? Soll ihnen ein Präsident den Weg zeigen, wie sie ihre Apotheke leiten, ihre Mitarbeiter führen und ihre Patienten versorgen sollen?
Bedenkt man, wie oft Friedemann Schmidt im Laufe dieses Apothekertags – von der Auftakt-Pressekonferenz am Dienstag über seinen Lagebericht bis zur Podiumsdiskussion auf der Expopharm am Samstag – die Unabhängigkeit, die Individualität und die Eigenverantwortung betont hat, scheint eines jedenfalls klar zu sein: Dafür ist dieser Präsident nicht der richtige Mann.
Die Standesvertretung, allen voran die ABDA, soll die Interessen der Apotheker vertreten, gegenüber der Gesellschaft, der Politik und den anderen Mitspielern im Gesundheitssystem. Ob sie das gut macht, das sollte man immer wieder hinterfragen. Wenn man findet, dass sie es nicht tut, dann muss man kritisieren und neue Wege vorschlagen. Wenn man aber das Gefühl hat, die gewählten Vertreter führten sich wie „kleine Fürsten“ auf oder bildeten eine „Herrschaftsriege“, dann muss man etwas unternehmen. Nur wird das nicht gelingen, wenn man sich gleichzeitig selber klein macht.
Nebenbei: Auch von „Protest“ scheint es ein seltsames Verständnis zu geben. Statt die Bezeichnung „Protest-Apotheker“ mit Stolz zu tragen, möchte die heterogene Gruppe der vehementen ABDA-Kritiker lieber „Gemeinschaftsapotheker“ oder „engagierte Apotheker“ genannt werden. Aber Protest bleibt Protest. Und wir Stuttgart-21-erprobten Schwaben werden ihn auch weiterhin so nennen.
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