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Diskussion um rezeptfreie PiDaNa hält an

Apotheker wollen Verantwortung übernehmen – andere zweifeln

BERLIN (jz) | Die Pille danach (PiDaNa) soll es nach dem Willen der Länder künftig ohne Rezept geben. Ob sich diese Forderung am Ende tatsächlich durchsetzen wird, muss sich zeigen. Die Apotheker wären in jedem Fall bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Doch die Pläne stoßen auch auf Kritik.

Levonorgestrel-haltige Arzneimittel in einer Konzentration bis zu 1,5 mg für die einmalige Einnahme zur Notfallkontrazeption sollen aus der Verschreibungspflicht entlassen werden, forderte der Bundesrat in seiner Sitzung am 8. November. Die fachliche Beratung soll durch den Bezug über Apotheken sichergestellt werden.

BAK: Apotheken können Sicherheit gewährleisten

Die Apotheker würden die Verantwortung gerne übernehmen – die Bundesapothekerkammer (BAK) sprach sich am 12. November ebenfalls für die Entlassung aus der Rezeptpflicht aus. „Bei der ‚Pille danach‘ ist es wichtig, dass sie im Notfall möglichst schnell verfügbar ist“, erklärte BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer – die wohnortnahen Apotheken mit ihrem niedrigschwelligen und flächendeckenden Nacht- und Notdienst könnten das leisten. „Apotheker können die Arzneimittelsicherheit gewährleisten und Verantwortung dafür übernehmen, dass Medikamente nicht missbräuchlich angewendet werden“, versicherte Kiefer weiter. Der BAK-Präsident verwies auf die Bewertung der Weltgesundheitsorganisation, nach der eine Notfallkontrazeption mit Levonorgestrel eine sichere und gut verträgliche Methode sei. Allerdings, so Kiefer, seien Notfallkontrazeptiva in besonderem Maße beratungsbedürftige Arzneimittel. „Diese Anforderung können gerade die Apothekerinnen und Apotheker mit ihrer Arzneimittelkenntnis und Beratungskompetenz erfüllen.“ In mehr als 20 europäischen Ländern gebe es Erfahrungen mit der rezeptfreien Abgabe in Apotheken. Daher sei bekannt, dass sie zu keinem Anstieg von riskantem Verhütungsverhalten führe und die reguläre Schwangerschaftsverhütung nicht beeinträchtige.

Spahn: ärztliche Beratung erforderlich

Kritisch reagierte dagegen der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn: „Das ist eine medizinisch-pharmakologische Frage und keine politische Entscheidung“, erklärte er bereits unmittelbar nach der Bundesratssitzung. Eine Anhörung im Bundestag habe deutlich gemacht, dass die Einnahme der PiDaNa mit erheblichen hormonellen Belastungen verbunden sei, in deren Folge in manchen Fällen ein gefährliches Thromboserisiko bestehe. Die Einnahme sei je nach Zeitpunkt des Eisprungs außerdem nicht immer notwendig – auch hier könne eine ärztliche Beratung helfen. „Daher ist klar: Die Pille danach ist ein Medikament mit Nebenwirkungen und deshalb ist es richtig, dass der Einnahme eine ärztliche Beratung vorausgeht“, betonte der CDU-Politiker. „Warum der Bundesrat das anders sieht, ist mir schleierhaft.“

Gynäkologen: an erfolgreichem System festhalten

Der Berufsverband der Frauenärzte befürchtet einen Qualitätsverlust: „Wir hoffen, dass die Einführung der Rezeptfreiheit nicht zu einer Verschlechterung der Betreuung und Beratung dieser Mädchen und Frauen und damit zu einer Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen führen wird“, erklärte der Verbandspräsident Dr. Christian Albring – die Mädchen und Frauen wüssten ohne Beratung oft nicht, wann und wie sie das Medikament einnehmen sollen. Apotheker sind nach Meinung des Verbands nicht dazu ausgebildet, hierzu kompetent zu beraten. Sie könnten allenfalls Auskunft zu möglichen Nebenwirkungen oder Risiken geben. Letztlich könne nur in einer Arztpraxis eine individualisierte und der heiklen Situation angepasste Beratung stattfinden. Der Verband weist außerdem darauf hin, dass die politische Entscheidung mit der Versorgungsnotwendigkeit nichts zu tun habe: Gegenüber allen anderen Ländern sänken die Schwangerschaftsabbruchzahlen in Deutschland – und trotz Levonorgestrel-Freigabe seien die Abbruchzahlen in Frankreich und England doppelt so hoch. Außerdem sei Levonorgestrel als PiDaNa nicht das Mittel der ersten Wahl: Es könne nach ungeschütztem Sex innerhalb der ersten 24 Stunden nur etwa ein Drittel der Schwangerschaften verhindern – bei Einnahme des neuen verschreibungspflichtigen Ulipristalacetat seien es zwei- bis dreimal mehr.

Bundesregierung muss zustimmen

Damit die PiDaNa tatsächlich rezeptfrei erhältlich wird, müsste die Bundesregierung der dafür erforderlichen Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung zustimmen – doch das ist fraglich. Die bisherige schwarz-gelbe Regierungskoalition lehnt die Freigabe strikt ab. Wie es in einer Großen Koalition aussieht, muss sich noch zeigen. Am 14. Januar wird sich zunächst der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erneut mit der Rezeptpflicht der PiDaNa beschäftigen. 

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