Arzneimittel und Therapie

Durchfall, Obstipation,Blähungen ...

Leitsymptomatik bestimmt die Therapie des Reizdarmsyndroms

Länger als drei Monate anhaltende chronische Darmsymptome, relevante Beeinträchtigung der Lebensqualität und fehlende andere Ursachen für die Beschwerden: So definiert die aktuelle deutsche S3-Leitlinie das Reizdarmsyndrom. Wichtig: Stuhlgangsveränderungen sind kein obligates Diagnosekriterium, die Ileokoloskopie zur Diagnosestellung ist zwingend erforderlich. Steht die Diagnose, orientiert sich die Therapie am Leitsymptom.

Schmerz, Blähungen, Obstipation, Diarrhö – einzeln oder in Kombination: Das sind die typischen Symptome des Reizdarmsyndroms (RDS), dessen Prävalenz in Deutschland bei etwa 12% liegt. Die Beschwerden können aber auch durch andere Erkrankungen verursacht sein. Die Diagnose ist schwierig.

Die Kriterien der S3-Leitlinie

Weiterhelfen kann der Blick in die S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) (www.awmf.org). Danach müssen für die Diagnose folgende drei Kriterien erfüllt sein:

  • Chronische Beschwerden (> drei Monate), die von Patient und Arzt auf den Darm bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen.
  • Der Patient sucht wegen der Beschwerden Hilfe und wird durch die Beschwerden in seiner Lebensqualität relevant beeinträchtigt.
  • Es liegt keine andere Krankheit als Ursache der Beschwerden vor.

Stuhlgangsveränderungen sind also, anders als in früheren Kriterien, nicht mehr obligat. Zudem setzt die Diagnose immer einen unauffälligen Befund in der Ileokoloskopie voraus.

Zur Diagnosestellung des Reizdarmsyndroms gehören Anamnese, körperliche Untersuchung, Basislaboruntersuchungen, ein Ultraschall des Abdomens sowie bei Frauen eine gynäkologische Untersuchung, denn das Ovarialkarzinom ist eine wichtige Differenzialdiagnose.

Vier Subtypen

Zur Diagnosesicherung sollten relevante Differenzialdiagnosen in Abhängigkeit vom Symptomenkomplex abgeklärt werden. Dazu gehört etwa beim Leitsymptom Diarrhö eine ausführliche Erregerdiagnostik im Stuhl sowie endoskopische und funktionsdiagnostische Untersuchungen. Letztlich werden je nach Hauptsymptomatik vier Subtypen unterschieden:

  • Diarrhötyp
  • Obstipationstyp
  • Mischtyp
  • Schmerz-/Blähtyp.

Steht die Diagnose „RDS“ auf sicheren Beinen, sieht die S3-Leitlinie einen multimodalen Ansatz vor, der sich auf Allgemeinmaßnahmen, nicht-pharmakologische Behandlungsoptionen und die medikamentöse Therapie stützt. Unter Allgemeinmaßnahmen werden vor allem ausführliche Informationen zu Krankheit, Diagnose und Therapie verstanden. Nicht-pharmakologische Behandlungsoptionen umfassen individuelle Ernährungsempfehlungen, psychotherapeutische Ansätze in Form einer kognitiven Verhaltenstherapie sowie Komplementärmedizin.

Medikamentöse Therapiestrategien orientieren sich an den Symptomen und sind entsprechend vielfältig. Differenzierte Empfehlungen sind der Leitlinie zu entnehmen. So werden für Erwachsene bei Schmerzen im Rahmen des Reizdarmsyndroms Spasmolytika empfohlen. Als ungeeignet wird eine Therapie mit Analgetika (NSAR, Paracetamol, ASS, Opioide und Opioid-Agonisten) eingestuft. Bei Reizdarmsyndrom mit Diarrhö werden u.a. Antidiarrhoika wie Loperamid, Colestyramin, lösliche Ballaststoffe und Probiotika genannt. Steht die Obstipation im Vordergrund, können u.a. osmotische Laxanzien vom Macrogol-Typ sowie andere osmotische und stimulierende Laxanzien geeignet sein.

Eine neue Alternative für erwachsene Patienten, die auf andere Medikamente gegen die Reizdarm-assoziierte Obstipation nicht ansprechen, ist der Guanylatcyclase-C-Rezeptoragonist Linaclotid (Constella®). Als häufigste Nebenwirkung wird eine Diarrhö beschrieben (cave Exsikkation!). Da nur etwa die Hälfte der Patienten auf Linaclotid anspricht, empfiehlt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, die Behandlung bei Nichtansprechen nach vier Wochen zu beenden. Das IQWiG hat Linaclotid im Rahmen der frühen Nutzenbewertung keinen Zusatznutzen zugesprochen. Die vorgelegten Studiendaten wurden als unzureichend erachtet. 

Apothekerin Dr. Beate Fessler/du

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