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Aus den Ländern
Krankenkassen und Demografie
Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein
Kassenmacht begrenzen
Nach Einschätzung des Verbandsvorsitzenden Dr. Peter Froese hängen gesundheitspolitische Maßnahmen stark von der Finanzlage der Krankenkassen ab. Aus Angst, künftig einen Zusatzbeitrag erheben zu müssen, scheuen die Kassen offenbar den Einsatz überschüssiger Mittel für langfristig wirksame Versorgungskonzepte.
Froese beklagte eine „besorgniserregende Vermachtung der Kassen als Verhandlungspartner“. Nach seiner Einschätzung begreifen immer mehr Kassen das Vertragssystem eher als Kostenreduktionsinstrument und weniger als Auftrag zur Gestaltung der Versorgung. Versuche, Versorgungsaspekte zu verankern, werden „vom offenbar alle selig machenden Einzelpreis überstrahlt“. Dieses Problem gehöre auf die politische Agenda. Der GKV-Spitzenverband und viele Krankenkassen würden „lieber ein hyperbürokratisches Verhaltensdiktat mit Minimalpreisen verhandeln statt pragmatische Vernunftlösungen auch nur zu diskutieren“, so Froese. Außerdem würden sich die Kassen immer stärker kleinteilig in heilberufliches Handeln einmischen. Doch die Qualitätssicherung der Leistungserbringung sei Aufgabe der Kammern und Verbände – „einfach, bürokratiearm, patientenfreundlich und effektiv“.
Daher fragte Froese: „Warum führen wir nicht die Kassen auf das zurück, was sie sind: gesetzlich beauftragte Versicherer, die vertraglich vereinbarte und erbrachte Leistungen zu bezahlen haben?“
Strukturwandel
Mit Blick auf die Mitgliederstruktur des Verbandes konstatierte Froese, die Apothekenwelt sei vielfältiger geworden: „Die Ausdifferenzierung von Apothekentypen läuft mit zunehmender Geschwindigkeit.“ Neben der Spreizung der wirtschaftlichen Struktur der Apotheken seien die demografieinduzierten Veränderungen zu beachten, sowohl bei den Hausarztstrukturen als auch bei der Nachfolgefrage.
„Was sollen wir mit Rabattverträgen, bei denen wir begründen müssen, warum wir für eine zweiwöchige Behandlung die verordneten 14 Tabletten statt der rabattierten 10 Tabletten abgeben müssen?“
Dr. Peter Froese
Demografie in Schleswig-Holstein
Einen genaueren Blick auf diese Herausforderungen präsentierte Uwe Hüsgen, Essen. Entgegen dem Bundestrend wird die Bevölkerungszahl bis 2025 in Kiel, Flensburg und den beiden Landkreisen im „Speckgürtel von Hamburg“ zunehmen und im übrigen Schleswig-Holstein sinken. Der relative Anteil und die absolute Zahl der älteren Menschen werden überall zunehmen. Daher wird auch die Zahl der Arzneimittelverordnungen in ganz Schleswig-Holstein (außer in Neumünster) voraussichtlich steigen, prognostizierte Hüsgen. Nicht die Kundenfrequenz, aber die Zahl der Packungen je Patient wird deutlich zunehmen. Hüsgen erwartet, dass die Krankenkassen auf den Kostendruck mit weiteren Ausschreibungen, Rabattverträgen und Retaxationen reagieren werden. Zugleich wird die zunehmende Polymedikation die Apotheken in pharmazeutischer Hinsicht mehr als bisher fordern. Außerdem wird die Beratung zur Selbstmedikation wichtiger.
Die Demografie betrifft allerdings nicht nur die Patienten, sondern auch die Heilberufler. Dazu präsentierte Hüsgen Daten der Kassenärztlichen Vereinigung und des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein. Demnach sind 36,6% der hausärztlichen Vertragsärzte im nördlichsten Bundesland 50 bis 59 Jahre alt und weitere 32,4% 60 Jahre oder älter. Von 589 Apothekeninhabern in Schleswig-Holstein sind 31,9% 50 bis 59 Jahre alt, 26,0% 60 bis 69 Jahre alt und 4,7% 70 Jahre oder älter.
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