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"Wir leben Qualität"
Die etwas andere ApothekeEs gibt sie, die Apotheken, die eine besondere Philosophie haben, die außergewöhnliche Ideen verwirklichen. Kurzum, Apotheken, die anders sind als andere. In unserer Rubrik "Die etwas andere Apotheke" wollen wir solche Apotheken vorstellen. Ein informativer Blick in die Offizin der Kollegin, des Kollegen: Welches Apothekenkonzept haben sie? Wir starten mit der Stadt-Apotheke in Kornwesthe |
Was nicht jede Apothekerin und jeder Apotheker gerne macht, das bereitet Apothekerin Ibis Freude: der Aufbau und das Leben mit einem Qualitätsmanagementsystem (QMS) in der Apotheke. Sie legt Wert darauf, die in der Apotheke ablaufenden Prozesse genau festzulegen und zu definieren, so dass Qualität auch nachweisbar und dokumentierbar ist. Letztlich motivierte sie das, dem Qualitätsverbund deutscher Apotheken beizutreten. Die Definition von Prozessen wirkt sich beispielsweise unmittelbar darauf aus, wie die Einsatzpläne der Mitarbeiter organisiert werden. Während die Mitarbeiter früher immer wieder über Zeitmangel klagten, dies oder jenes noch tun zu müssen, sind solche Probleme jetzt aus der Welt geschafft, da der Umfang der Tätigkeiten und die dafür aufzubringende Zeit genau festgelegt sind. "Arbeitsabläufe werden optimiert", erklärt Frau Ibis, "das war die grundlegende Überlegung für mich, ein QMS einzuführen."
Überprüfte Qualität
Nun kann man natürlich QMS praktizieren und leben, ohne gleich einem Qualitätsverbund beizutreten. "Aber", so Frau Ibis, "in einem Verbund, in einer Gruppe ist man stärker, einfallsreicher. Man bringt Ideen ein, wie dies oder jenes umzusetzen ist, reflektiert sie und bekommt auch Anregungen zurück. In der Gruppe ist man produktiver als wenn man nur Einzelkämpfer ist."
Hinzu kommt, dass man sich dem Blick von außen stellen muss. "Man selbst wird dem eigenen Betrieb gegenüber mit der Zeit betriebsblind. In einem Verbund betrachten Kolleginnen und Kollegen die Vorgänge kritischer und können Anregungen geben, wie Prozesse optimiert werden. Ein Verbund setzt Benchmarks, die durch interne und externe Audits überprüft werden. Geprüft wird beispielsweise, ob wir die Prozesse, die wir festgelegt haben, auch ausführen. Ohne diese Kontrolle würde sich vieles wohl abschleifen und einiges vernachlässigt werden", so Frau Ibis. Sie schätzt es, dass Überprüfungen durch Externe sich immer wie eine kleine Revision auswirken, bei der die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung zugrunde gelegt werden. Das gibt ihr die Sicherheit, dass beispielsweise die Gerätschaften überprüft und Wartungsverträge eingehalten werden.
Einer anderen Kooperation, die beispielsweise eher auf Einkaufsvorteile und Marketing setzt, hat sich die Stadt-Apotheke bewusst nicht angeschlossen, "für mich zählt die Optimierung der Qualität", bekräftigt die Apothekerin.
Ihr Engagement trug Früchte. Für ihre hervorragende Umsetzung der Qualitätskriterien erhielt sie die "5-Sterne-Auszeichnung des QdA" in Gold. Viele Kunden der Stadt-Apotheke gratulierten der Apotheke und gaben ihr ein positives Feedback. "Einige Kunden fragten uns aber auch", so erzählt Frau Ibis, "ob sie bei uns nun auch ihre Payback-Karte einsetzen könnten, ob sie Bonus-Punkte bekämen oder ob es bei uns jetzt ‚gute Aktionen’ gebe. Wir antworten diesen Kunden: Bei uns gibt es gute Qualität – und Qualität zeichnet sich nicht im Preis aus, sondern durch Service, Sicherheit und Beratung. Unsere Kunden konnten wir überzeugen."
5 goldene Sterne – was man dafür tun muss
Der Leistungskatalog ist umfangreich. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen und einem Zertifikat nach ISO 9001 waren eine Reihe weiterer Qualitätskriterien zu erfüllen wie beispielsweise die schriftliche Dokumentation eines Beschwerdemanagements und eines Fehlermanagements, bei dem fehlerhafte Prozesse in den internen Abläufen der Apotheke durch interne Kontrollen erkannt und abgestellt werden. Hinzu kommen Kundenbefragungen, regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen und Schulungen, Teilnahme an Ringversuchen des ZL, Kontrollbesuche durch Testkäufer, regelmäßige Überprüfung der Apotheke durch einen externen zentralen Qualitätsmanagementbeauftragten und viele weitere Qualitätskriterien.
"Als wir uns für die Teilnahme am Wettbewerb anmeldeten, mussten wir alle Nachweise vorlegen, die wir zum Zeitpunkt der Teilnahme bereits erfüllt hatten. Zusätzliche Aufgaben mussten wir nicht leisten, unsere Anforderungen an uns selbst sind schon so hoch, dass sie ausreichten, um die Auszeichnung in Gold zu erreichen", freut sich Apothekerin Ibis. "Aber", so schränkt sie ein, "gerne hätte ich noch einige Punkte mehr gehabt.
Was hat man von den 5 Sternen?
"Keine Frage, die Auszeichnung mit 5 Sternen in Gold ist zuallererst eine Bestätigung für die Apotheke und das Team: man hat Qualität nachgewiesen. Aber eine solche Auszeichnung lässt sich auch in der Darstellung nach außen gut einsetzen", fügt Frau Ibis hinzu. "Wir nutzen die Sterne, so gut es geht: auf unseren Briefbögen, auf Flyern, im Schaufenster oder auf dem Namensschild an unseren Kitteln. Vor allem kommunizieren wir sie direkt im Gespräch mit den Kunden, wenn sie die Bedeutung der Sterne wissen möchten. Und das Schönste dabei: Die Kunden geben uns das Feedback, dass sie sich bei uns gut betreut fühlen – sie schätzen unseren Einsatz für Qualität."
Und wenn ein Kunde preissensibel ist und den Preis thematisiert? "Dann versuchen wir ihm klarzumachen, dass wir größten Wert auf Qualität und Sicherheit legen – und Qualität hat eben ihren Preis", erklärt Frau Ibis, "was die Kunden meistens akzeptieren."
Und wie sieht es mit dem Thema "Zugaben" aus? Hier gibt sich die Stadt-Apotheke Kornwestheim klare Regeln: Wenn Zugaben, dann nur vereinzelt, gezielt und solche, die ein bestimmtes Indikationsgebiet unterstützen oder die Beratung abrunden, beispielsweise ein Päckchen Papiertaschentücher für erkältete Patienten. Auch Kundenzeitungen oder in der Weihnachtszeit einen Kalender, das gibt es. Aber irgendwelche Zugaben, die überhaupt nichts mit der Apotheke zu tun haben, kommen hier nicht in die Tüte.
Kunden, die von anderen Apotheken Zugaben gewohnt waren, konnte Ibis sogar davon überzeugen, dass die gebotene Qualität und Beratung, die Freundlichkeit und der Service der Stadt-Apotheke einen Mehrwert haben – diese Kunden fragen nicht mehr nach materiellen Zugaben. "Natürlich gelang und gelingt diese Umstellung nicht bei allen Kunden," gibt Frau Ibis selbstbewusst zu, "aber das sind dann auch nicht unsere Kunden."
Beratungsaktionen zu besonderen Themen gehören ebenfalls zum Angebot in der Kornwestheimer Stadt-Apotheke. Allerdings hat Frau Ibis ihre Apotheke bewusst nicht auf einen Schwerpunkt konzentriert. Aufgrund der umliegenden Ärztevielfalt hält sie es nicht für opportun, sich beispielsweise nur auf Diabetiker oder Hypertoniker zu konzentrieren. Sie stellt vielmehr einen Aktionsplan für ein Jahr auf, der die unterschiedlichsten Themenbereiche für Apothekenaktionen, Beratungstage und Beratungswochen abdeckt, also z. B. Schmerzwoche, Diabetikerwoche, Mutter- und Kind-Woche. Milchpumpen und Pariboy bringt sie auch schon mal nach Hause zu den Müttern und erklärt die Funktionsweise vor Ort.
Seit einiger Zeit engagiert sich Frau Ibis auch für den Markt der Apothekenkosmetik, da sie festgestellt hat, dass das Klientel für hochwertige Kosmetik aus der Apotheke durchaus in ihrem Einzugsgebiet vorhanden ist. Eine ihrer PTAs hat eine Zusatzausbildung für Kosmetikberatung absolviert und engagiert sich in diesem Bereich. Eine andere PTA wird sich auf dem Gebiet der Ernährungsberatung weiterbilden. Frau Ibis wird diese Ausbildung gerne unterstützen, so dass auch eine fundierte Ernährungsberatung in ihrer Apotheke angeboten werden kann. Und eine weitere PTA ist gerade dabei, sich im Centrum für Reisemedizin fortzubilden, um dann das Zertifikat für die Reise-Gesundheits-Beratung in der Apotheke zu erhalten.
Nur wenn das Team mitmacht
Wenn die Apothekeninhaberin QMS und Qualitätsmaximierung liebt, heißt das noch lange nicht, dass auch das Team hinter dieser Idee steht. Aber Apothekerin Ibis hat Glück: "Mein Team – und da bin ich heilfroh darüber – ging den Weg sehr gerne mit mir hin zur Qualitätsoptimierung. Bei mir arbeiten zwei Approbierte, drei PTAs und zwei PKAs, die alle dazu stehen, dass klare Abläufe, klare Prozesse in der Apotheke, sowohl im Backoffice als auch in der Offizin, hilfreich sein können." Frau Ibis kann zeigen, dass sich die vorgegebenen Strukturen auch bei der Belieferung der Arztpraxen, des Pflegeheims und nicht zuletzt bei der Organisation des Botendienstes positiv auswirken. "Wie ich aus Einzelgesprächen mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiß, sind es genau die festgelegten Abläufe durch das QMS und unsere Qualitätsvorgaben, die weniger Stress aufkommen lassen", so Frau Ibis. "Überhaupt," fügt die Apothekerin hinzu, "kann ich mich glücklich schätzen, dass ich ein hochmotiviertes Team habe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen regelmäßig an Fortbildungen teil – allein schon aus Eigeninteresse heraus – , was ich gerne unterstütze."
Und wie motiviert sie ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen? An erster Stelle durch ein gutes Betriebsklima, so die Erfahrungen von Frau Ibis, beispielsweise durch Betriebsausflüge (im März z. B. mal Bowling spielen) oder Sonderzahlungen.
Was ihr Team und sie selbst zusätzlich positiv bewerten: Einzelgespräche mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die so ein Feedback bekommen, was gut ist und wo es Verbesserungsbedarf gibt. "Aber auch ich selbst als Apothekenleiterin erhalte durch diese Gespräche ein Bild, wie mich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen und was ich selbst als Chefin verbessern kann."
Klar, dass die Apothekerin auch bei der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wert auf Qualität legt. Bevor die Entscheidung für einen neuen Mitarbeiter fällt, bittet sie ihn, einen Tag zur Probe in der Apotheke zu arbeiten, so dass sich auch das Team ein Bild vom "Neuen" machen kann. Erst wenn auch das Team der Meinung ist, der oder die "Neue" passt, wird er/sie eingestellt.
Auch fremdsprachigen Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund möchte die Stadt-Apotheke eine gute Beratung bieten. Eine Mitarbeiterin spricht portugiesisch, eine andere Mitarbeiterin und sie selbst sprechen türkisch. Jetzt versucht sie, noch eine griechisch sprechende Mitarbeiterin zu gewinnen, und eine, die italienisch spricht. "Wir haben festgestellt, dass es für fremdsprachige Kunden von unschätzbarem Wert ist, wenn wir sie in ihrer Muttersprache anreden und beraten können", so Ibis.
Alle zwei Jahre wieder
Die Sterne-Auszeichnung hält nicht ein Apothekenleben lang. In zwei Jahren wird erneut überprüft. "Wir werden alles daran setzen, noch mehr Punkte zu erreichen, zeigt sich die Apothekerin entschlossen, "auch wir können uns noch verbessern." Für die Stadt-Apotheke bedeutet das: sie muss auch weiterhin QMS leben, praktizieren und dokumentieren, wenn sie ihre Auszeichnung behalten will. Würde sie die Anforderungen nicht mehr erfüllen, wären auch die Sterne weg. Doch dass dies eintritt, ist in der Stadt-Apotheke Kornwestheim mehr als unwahrscheinlich.
Die Abschlussfrage unseres Gesprächs, warum ein Kunde in ihre Apotheke gehen sollte, beantwortet Frau Ibis mit einem Satz: "Der Kunde, der mit einem Problem zu uns kommt, wird mit einer Lösung seines Problems und einem zufriedenen Lächeln von uns weggehen."
Autor
Peter Ditzel ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung
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