Wirtschaft

Überwiegend freundlich, weitere Aussichten ungewiss

Grundsätzlich ist es mit den Prognosen so eine Sache: In aller Regel liegen sie daneben – es fragt sich nur, wie weit, zumal wir jetzt neue politische Konstellationen haben. Welche Schwerpunkte künftig im Gesundheitsministerium unter neuer Führung gesetzt werden, ist heute kaum in allen Facetten absehbar. Gleichwohl lassen sich „auf Sicht“ sehr wohl einige Tendenzen erkennen. Womit ist also in 2014 wirtschaftlich zu rechnen?

Die Zahlenlandschaft für das abgelaufene Jahr 2013 präsentiert sich nach vorläufigen Daten sehr freundlich. Dazu beigetragen haben viele kleine „Mosaiksteinchen“, die für sich alleine genommen (wie die Honorarerhöhung oder die Kassenrabattabsenkung) häufig als ungenügend empfunden wurden. In der Addition aller Maßnahmen und Ereignisse ergibt sich aber ein freundliches Gesamtbild. Klar positive Zeichen beim OTC-Umsatz und den OTC-Packungszahlen und eine merklich um gut 2% gestiegene Rx-Packungsanzahl (auch eine Folge der Abschaffung der Praxisgebühr?) runden das Bild ab, selbst wenn zum Jahresende hin die Zahlen schon wieder deutlich abflachten. Somit dürfte der Branchenumsatz um reichlich 3%, eher sogar um gut 4% auf voraussichtlich über 44 Mrd. Euro zugelegt haben, das viel wichtigere Rohertragsplus sehen die Prognosemodelle bei gut 8%, die Handelsspanne hat sich nach langjähriger Talfahrt um rund 1%-Punkt wieder etwas berappelt. Allerdings profitieren bei Weitem nicht alle von dieser Entwicklung. Während es bei den marktführenden Apotheken in aller Regel sehr gut lief, hinkt eine nicht geringe Zahl von Betrieben der Marktentwicklung hinterher. Die gesetzlichen Verbesserungen marginalisieren sich, wenn man ständig und deutlich Marktanteile verliert. Somit haben wir einen erheblichen, sich verfestigenden Sockel an Unzufriedenheit.

Notdienstpauschale mit voller Wirkung

Nichtsdestotrotz liegt die Messlatte recht hoch, und das wird ein bisschen das Problem für 2014. Wir kämpfen mit dem bekannt-berüchtigten Basis- bzw. Sockeleffekt. So wird sich die OTC-Sonderkonjunktur (v.a. Erkältung!) mutmaßlich so nicht wiederholen. Folglich ist Stagnation, vielleicht sogar wieder ein Rückgang in diesem Segment möglich. Auf der Seite des Verordnungsmarktes entfällt die „Sonderkonjunktur“ des Praxisgebühr-Wegfalls, es gibt keine neuerliche Honoraranpassung, der Kassenrabatt ist festgeschrieben. Es bleibt das allgemeine Marktwachstum, teilweise verbrauchsgetrieben (kontinuierlicher Tagesdosenanstieg um rund 3% bis 4% p.a., aber verteilt auf größere Packungseinheiten), auf der Umsatzseite zudem durch teure Innovationen forciert. Einzig die Notdienstpauschale entfaltet erst in 2014 ihre volle Wirkung, und spült einer durchschnittlich mit reichlich 20 Notdiensten belasteten Apotheke gegenüber 2013 etwa 3000 Euro zusätzlich in die Kasse. Alles in allem stehen damit die Zeichen auf einer Stabilisierung des höheren Niveaus.

Entscheidend sind aber die Roherträge. Während es in 2014 kaum Treiber für eine erneute Verbesserung der Rohertragsmarge gibt, könnte seitens der Großhandelsrabatte eine Trendwende drohen – und sei es versteckt durch zahlreiche Hintertürchen, die regelhaft von der Masse der Apotheken nicht so rasch bemerkt werden. Aller Voraussicht nach wird das zwar erst einmal keine dramatischen Dimensionen annehmen, aber mit Verzögerung doch spürbar sein. Perspektivisch gefährlicher ist, inwieweit sich die Politik des Themas Rabatte erneut annehmen wird, wenn die Heilberufsseite immer stärker hervorgehoben wird und neue, packungsunabhängige Festhonorare gefordert werden. In summa dürften somit die Roherträge allenfalls marginal im niedrig einstelligen Bereich zulegen.

Die Kosten steigen weiter ...

Dagegen sind die Kosten zu stellen. Mitte 2014 zündet die zweite Stufe der Tariferhöhungen um nochmals rund 1,5%. Angesichts der vielfach besseren Wirtschafts- und Stimmungslage zieht zudem die Nachfrage nach Personal seit einigen Monaten wieder spürbar an, sodass gute Mitarbeiter, regional sicher unterschiedlich, zunehmend teurer „geködert“ werden müssen. Marktstarke Apotheken haben damit weniger Probleme, sie kompensieren das durch Wachstum. Anderen macht das zu schaffen. Wer auf keinen netten, zuverlässigen und qualifizierten Personalstamm zurückgreifen kann, nähert sich mehr und mehr der Todesspirale aus zunehmender Selbstausbeutung und Kundenverlusten.

Zudem sehen wir auf der Sachkostenseite, von Energiekosten und EDV-Aufwand über Büroartikel bis hin zu Gebühren und Beiträgen aller Art, dass die Preise ins Laufen kommen. An der Institution Apotheke möchten viele „Marktpartner“ ihr Scheibchen abschneiden. Das sind im Einzelnen keine dramatischen Werte – aber in der Summe läppert es sich schnell zu vierstelligen Beträgen im Jahr, die zusätzlich fällig werden.

Das gilt in ähnlicher Weise für die zunehmende Bürokratie. Mitte 2014 ist die Apothekenbetriebsordnung endgültig „scharf gestellt“, laufen Übergangsvorschriften aus, ist ein QMS Pflicht. Der eine oder andere hat hier noch Nachholbedarf – und somit höhere Kosten und Aufwand.

Unter dem Strich könnte also in 2014 nicht mehr Gewinn stehen als 2013 – und wer nicht aufpasst, dem drohen wieder gewisse Einbußen. Trotzdem: „Ruhige Bahnen“ deuten sich an, zumal die wirtschaftliche Großwetterlage im Moment in eine positive Richtung deutet und die gesetzlichen Krankenkassen noch ganz achtbar durch 2014 kommen dürften.

Die neue Regierungskonstellation mit ihrer Gestaltungsmacht ohne nennenswerte Opposition eröffnet historische Chancen für die Zukunft des Berufs. Dazu müssen wir aber wissen, was wir überhaupt wollen und können – und an dieser Stelle beginnt bereits wieder die Skepsis. Egal, was herauskommt: Konkret fassbar werden die Auswirkungen erst langfristig. Diese Wege könnten uns zudem auf eine kurvige Bergstrecke führen, die nicht mehr jeder bewältigen kann. Somit drohen kostenträchtige, gar praxisferne und ärzteseits belächelte Antworten auf Fragen, die kaum jemand stellt. Der Grund, wie so oft: Zukunftsangst, das Dauerleiden des Berufsstandes schlechthin.

Große Gefahren gehen also von uns selbst aus, wenn die „Neuroleptika“, die wir uns von der Standesführung zur Linderung dieser Zukunftsangst verordnen lassen, für eine Vielzahl der Apotheken zu starke Spätnebenwirkungen zeitigen. In 2014 werden vielleicht schon die ersten Rezepte geschrieben.

Greifbarer erscheinen da Verbesserungen bei der zumindest ansatzweise leistungsgerechten Vergütung des Bürokratieaufwands – Stichwort Rezepturpreise und BtM-Pauschale. Mit etwas Glück kann dies ein Thema des Jahresausblicks 2015 werden.

Position ausbauen, aber ohne Übermut

Bis dahin gilt: 2014 dürfte nicht schlecht werden, aber auch kein Highflyer. Die Sicherung des Erreichten, ein kluger Ausbau der eigenen Position, dabei aber nicht übermütig werden und sich nicht zu große Risiken aufladen: Dieser optimistisch-defensive Ansatz sollte für die große Mehrheit die Richtung für das kommende Jahr markieren – sofern nicht das Phänomen des „schwarzen Schwans“ (sprich das Auftauchen völlig unerwarteter Ereignisse quasi aus dem Nichts heraus) einen Strich durch die Rechnung macht. 

Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, 72076 Tübingen
Heilpharm.andmore@t-online.de

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