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Gesundheitspolitik
Qualitätswettbewerb oder Rabattschlacht?
Rabattschlachten kennen nur einen kurzfristigen Gewinner, den Kunden. Mittel- bis langfristig dürfte selbst der Kunde nicht immer von Rabatten profitieren, wenn diese in einen ruinösen Preiskampf münden, der die Struktur des Marktes verändert.
Rabatte, die seitens des vollversorgenden Großhandels den Apotheken gewährt werden und auf die kein Rechtsanspruch besteht, haben fast schon konstitutiven Charakter: sie sind aus dem Zusammenspiel zwischen Großhandel und Apotheken kaum mehr wegzudenken. Sie haben sich erst etabliert und dann in der Kalkulation und der Jahresrechnung der Apotheken institutionalisiert. Und dies ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber in den letzten Jahren wiederholt diesem Rabattgebaren den Garaus machen, ihm zumindest aber einen quantitativen und qualitativen Riegel vorschieben wollte. Ob mit der Halbierung der Marge mit dem GMG 2004 oder den deutlich verschärften Regelungen im Rahmen des AMNOG – der Gesetzgeber interpretiert das Procedere als budgetären Puffer im System. Würde der Rabatt beim Endverbraucher ankommen, wäre dies verschmerzbar. Da die Praxis aber in einem preisgeregelten Korsett abläuft, sind derlei Spielchen wenig gelitten – zu Recht? Dass Großhändler aus ihrer selbst erwirtschafteten Wertschöpfung Teile als Anreiz ihren Kunden gegenüber zum Einsatz bringen, ist nicht verwerflich, sondern gehört zum System der Marktwirtschaft. Wenn dies aber ausufert, Verluste in Kauf genommen werden, um damit Marktanteile zu generieren, die gegebenenfalls als Shareholder-Value-Ansatz für einen internationalen Verkauf dienen sollen, wird es schon problematischer und vielleicht sogar gefährlich für die Kunden. Besonders problematisch sind allerdings Verwerfungen über den gesetzlichen Rahmen hinaus. Dann verhalten sich Rabattanbieter und auch die Apotheker als Annehmende gesetzeswidrig. An sich wird diesem Verhalten seit Jahren allein schon deshalb Vorschub geleistet, weil sich das Rabattgebaren im Pharmagroßhandel völlig atypisch in Rabatt und Skonto unterteilt – vom Gesetzgeber so anerkannt. In nahezu allen Branchen ist das Skonto eine von vielen Rabattformen, die ins Gesamtgefüge der gewährten Rabatte einbezogen ist und nicht gesondert als quasi eigenständiges Instrument gesehen wird. Anders im Pharmagroßhandel – hier werden Rabatte, auf was und für wen auch immer, vom Skonto getrennt.
Besonders fragwürdig ist es, wenn Rabatte und Skonti ungeachtet des Verhaltens des Kunden gewährt werden. Dann hat sich dieses Instrument zur preispolitischen Feinsteuerung komplett von seinem Zweck entkoppelt und hebelt die Arzneimittelpreisverordnung innerhalb der Wertschöpfungskette aus.
Der Gesetzgeber muss reagieren, will er sich nicht lächerlich und unglaubwürdig machen, die Branche hat wieder ein paar Jahre dazugewonnen. Nur sinnvoll ist das nicht. Die Kunden, in diesem Fall die Apotheken, werden völlig falsch konditioniert, denn Fehlverhalten der Apotheken wird nicht sanktioniert, sondern im Zweifel sogar subventioniert. Nicht das Gut- sondern das Fehlverhalten kultiviert sich dann zum ökonomischen Husarenstück. Die mittlerweile oligopolistische Branche hat sich aufgrund ihrer Struktur und ihrer Konstellation, aber auch einer sogenannten „moral suasion“ – einem moralischen Kodex – entzogen, sogleich wittert das Kartellamt üble Rotte. Nur ein Moratorium kann Abhilfe schaffen und die Rückbesinnung auf den Qualitätswettbewerb in die Hände der Branche legen. Ob der neue Gesundheitsminister Gröhe nebst Stab dazu bereit und imstande sind, bleibt abzuwarten, ob dies die Großhändler wirklich wollen, ist fraglich, und ob die Apotheker darauf verständnisvoll reagieren, ist unwahrscheinlich. Hier hat der Gesetzgeber versagt, der diese Verwerfungen nicht eingedämmt hat und in einem erlernten Minenfeld die weiße Fahne hissen muss.
Mit strategischem Blick sind alle Apotheker aufgefordert, sich einen Großhandelspartner mit langfristiger Perspektive zu suchen, denn den werden sie brauchen – mehr denn je. Die Allianz aus Großhandel und Apotheke ist unabdingbar, der schnelle Euro ein vorgetäuschtes Glück und die darauf basierende Zusammenarbeit von den falschen Treibern gesteuert. In einem Markt, der sich ob seiner Produkte den letzten Marktgesetzen entzieht, gar entziehen muss, darf nicht der Euro über die Beziehung entscheiden, nicht die Preisgünstigkeit die Oberhand gewinnen, sondern nur das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Das schärft den Blick auf den besten, nicht auf den billigsten Anbieter.
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