Gesundheitspolitik

Entlassmanagement: Rezeptvermittlung zulässig

BERLIN (ks) | Eine Rezeptvermittlung durch Dritte ist in der Regel nach dem Apothekengesetz tabu. Der Bundesgerichtshof (BGH) will das Zuweisungsverbot des § 11 ApoG jedoch eingeschränkt ausgelegt wissen, wenn es mit dem Entlassmanagement von Krankenhäusern kollidiert. Das geht aus den jetzt veröffentlichten Gründen eines im März ergangenen Urteils hervor. (BGH, Urteil vom 13. März 2014, Az.: I ZR 120/13)

Geklagt hatte eine Apothekerin gegen einen Kollegen, der mit der Patientenring GmbH kooperiert. Diese Gesellschaft – an der die Universitätsklinik Freiburg einen Geschäftsanteil in Höhe von 40% und drei Sanitätshäuser Anteile in Höhe von jeweils 20% halten – verfolgt das Ziel, Patienten der Uniklinik, deren Entlassung bevorsteht, über ihre weitere Behandlung und Versorgung zu unterrichten. Zudem beschafft sie für diese die nötige sachliche Ausstattung und bietet weitere Beratungs- und Organisationshilfe. Zu diesem Zweck kooperiert sie mit verschiedenen Leistungserbringern – auch mehreren Apotheken.

Hat sich ein Patient der Klinik für eine solche Betreuung entschieden und benötigt er bei der Entlassung pharmazeutische Betreuung, bietet ihm die Patientenring GmbH an, einen Kontakt zu einer Apotheke herzustellen. Ist der Patient einverstanden, wird das ausgestellte Rezept von einem Klinikmitarbeiter an die Patientenring GmbH gefaxt, die das Rezept an eine Kooperationsapotheke schickt. Wünscht der Patient eine andere Apotheke, wird die Verordnung an diese weitergeleitet. Die Kooperationsapotheke, die ein solches Rezept erhält, liefert die Medikamente gegen Aushändigung des Originalrezepts ans Krankenbett.

Hierin sah die klagende Apothekerin eine unzulässige Absprache über die Zuweisung von Verschreibungen. Um das Verhalten zu unterbinden, zog sie vor Gericht. Das Landgericht hat die Klage zunächst abgewiesen. In der Berufung war die Klägerin dann erfolgreich. Die Revision vor dem BGH ging nun wieder zugunsten des beklagten Apothekers aus.

Anspruch auf Versorgungsmanagement

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG dürfen Apotheken mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Absprachen treffen, die die Zuführung von Verschreibungen zum Gegenstand haben. Diese Vorschrift, so der BGH, ziele auf die Trennung zwischen dem Beruf des Arztes und dem Beruf des Apothekers ab und solle die Wahlfreiheit des Patienten gewährleisten. Und: Vorliegend müsse sie einschränkend ausgelegt werden. Denn auf der anderen Seite hätten gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf ein Versorgungsmanagement (§ 11 Abs. 4 SGB V), das Probleme beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche lösen soll. Das Entlassmanagement (§ 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB V), bei dem es konkret um den Übergang nach einer Krankenhausbehandlung geht, sei hierzu eine Spezialregelung. Krankenhäusern, die im GKV-Auftrag handeln, obliege es danach, den Übergang in den nächsten Versorgungsbereich zu planen und zu organisieren – auch die weitere Versorgung mit Medikamenten. Hat der Versicherte eingewilligt, ist diese Handhabung aus BGH-Sicht unproblematisch – auch wenn die Durchführung auf einen externen privaten Anbieter ausgelagert wird.

Dass das Gesetz keine ausdrückliche Ausnahme vom Verbot vorsieht – anders als in § 11 Abs. 1 Satz 2 ApoG für die Integrierte Versorgung – ist für den BGH kein unauflösbarer Widerspruch: Für ihn kommt der neueren und spezielleren Regelung des Entlassmanagements gegenüber § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG klar der Vorrang zu. Dafür spreche, dass ein reibungslos funktionierendes Entlassmanagement geeignet sei, Gesundheitsgefahren abzuwehren, die sich für die Patienten im Zusammenhang mit ihrer Entlassung aus der Klinikbehandlung – unter anderem dadurch, dass die nachfolgend benötigten Medikamente möglicherweise nicht sofort zur Verfügung stehen – ergeben. Diesem Ziel komme vorliegend ein wesentlich größeres Gewicht zu als der Durchsetzung des Zuweisungsverbots. Denn der Zweck dieses Verbots werde nicht nennenswert beeinträchtigt.

Aus den gleichen Gründen liege auch kein Verstoß gegen ein entsprechendes in der Berufsordnung geregeltes Abspracheverbot vor. 

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