Gesundheitspolitik

Klatsche für die Kasse

Benjamin Wessinger

Grundsätzlich haben Patienten das Recht, die ihnen verordneten Arzneimittel über die Apotheke ihrer Wahl zu beziehen. Die AOK Hessen hatte jedoch für Zytostatika-Zubereitungen mit zwölf Apotheken Exklusivverträge geschlossen: nur hier sollten Zytos für ihre Versicherten abgegeben werden. Als eine Apotheke, die keinen Vertrag hatte, trotzdem eine AOK-Patientin versorgte, retaxierte die Kasse – unrechtmäßig, wie das Sozialgericht Darmstadt entschied (s. Bericht "AOK Hessen spielt im Zyto-Streit auf Zeit").

Zwar ist im Zyto-Bereich das Zuweisungsverbot eingeschränkt, das heißt der Arzt darf seine Zytostatika-Rezepte direkt an eine Apotheke aushändigen. Doch das Recht auf freie Wahl der Apotheke gilt auch hier.

Das Bemerkenswerte an dem Darmstädter Urteil: Die Interessen der Patientin (an der Versorgung durch die ihr bekannte, in unmittelbarer Nachbarschaft zur onkologischen Praxis liegende Apotheke) wiegt schwerer als die Interessen der Krankenkasse (an einer wirtschaftlich günstigen Versorgung durch einige wenige Vertragspartner).

Dieses Urteil dürfte über den konkreten Bereich der Zytostatika hinaus Balsam für die Seele vieler Apotheker sein, die schon länger das Gefühl haben, von ihrem wichtigsten Geschäftspartner, den gesetzlichen Krankenversicherungen, alles andere als partnerschaftlich behandelt zu werden. Sie werden hoffen, dass die Kassen nach dieser Klatsche ihr Geschäftsgebaren überdenken könnten. Die AOK Hessen hat derweil angekündigt, in die nächste Instanz zu gehen – und die Verträge mit den verbliebenen acht Apotheken verlängert.

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