Management

Leistungen unter der Lupe

Eine Personalbeurteilung kann Chef und Mitarbeiter weiterbringen

Eine systematische Personalbeurteilung ist auch für den Apotheker ein wichtiger Führungsgrundsatz, denn dadurch gewinnt er einen Überblick über den Eignungs- bzw. Leistungsstand seiner Mitarbeiter. Die meisten Mitarbeiter wollen auch wissen, wie sie eingeschätzt werden und erkennen damit auch ihren Standort und die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Denn durch die Bewertung erfährt jeder seine Stärken und Schwächen.

Rechnen Sie bei der Einführung einer Beurteilung zunächst mit Skepsis Ihres Teams. Erklären Sie, warum Sie die periodische Beurteilung einführen wollen, wobei alle Mitarbeitenden an einem bestimmten Stichtag über die vergangenen sechs Monate beurteilt werden. Dabei werden keine Einzelleistungen mehr bewertet, sondern die gesamte Leistung innerhalb dieses Zeitraums. Ein Kritikgespräch wegen einer einzelnen Fehlleistung ersetzt nicht das Beurteilungsgespräch.

Voraussetzungen und Chancen

Skepsis bei den Mitarbeitern beseitigt man nur, wenn man ihnen die Vorteile der Beurteilung überzeugend darstellt. Eine professionelle Gesprächsführung ist für den Erfolg der Beurteilung zwingend. Schon der Gesprächseinstieg wird für den Apotheker nicht leicht sein, denn die beurteilte Person ist natürlich nervös und gespannt. Die Beurteilung ist keine Strafpredigt, auch bei negativem Tatbestand muss das Gespräch konstruktiv geführt werden. Die Mitarbeiter, die beurteilt werden, werden rechtzeitig über den Termin informiert, damit sie sich vorbereiten können.

Im Vorfeld muss der Mitarbeiter die Erwartungen des Apothekers kennen, die einzelnen Beurteilungskriterien müssen ihm bekannt sein. Nicht alle Leistungsmerkmale lassen sich objektiv messen. Freundlichkeit ist schwer messbar, Unpünktlichkeit oder mangelnde Fachkenntnisse schon eher. Äußerungen eines Kunden über eine bestimmte Person, sollten im Beurteilungsgespräch keine Rolle spielen.

Bei Ihrer Beurteilung dürfen Sie sich nicht am besten Mitarbeiter orientieren, sie als Vorbild sehen, sondern am normalen Leistungsstand anderer Mitarbeiter, bzw. am normalen Erfüllungsgrad einer Leistung. Im Gespräch kann der Apotheker auch die Hürden und Probleme, die Mitarbeitende an der Entfaltung ihrer Leistung hindern, in Erfahrung bringen. Das kann zu Anregungen und Verbesserungen führen, was wiederum vorteilhaft für die Entwicklung der Apotheke ist.

Die Gesprächsführung

Es ist günstig, wenn der Ablauf des Gesprächs in einzelnen Stufen unterteilt wird, worüber auch der Beurteilte informiert sein sollte. Grundlage der Beurteilung sind Daten, Ereignisse und Fakten, die im Laufe der Zeit vom Apotheker notiert wurden. Gleichzeitig darf nicht der Eindruck entstehen, dass man jemandem hinterherspioniert, um „Material“ für die Beurteilung zu sammeln. Die Argumente der Beurteilten stehen oft im Widerspruch zu den Argumenten des Apothekers. Die unterschiedlichen Sichtweisen lassen sich nicht immer ausdiskutieren. Beurteilungen finden auch dann statt, wenn es keinen negativen Anlass gibt. Die Gleichbehandlung aller spielt eine wichtige Rolle. Man darf „Lieblingsmitarbeiter“ nicht mit Samthandschuhen anfassen und damit anders bewerten.

Der Abstand zwischen zwei Gesprächen sollte nicht mehr als sechs bis acht Monate betragen. Je größer der Zeitraum ist, desto schwieriger ist es, sich an Einzelfälle zu erinnern und Abweichungen von den Erwartungen festzustellen.

Leitfaden für die Beurteilung

1. Positiver Einstieg: Es werden die Leistungsverbesserungen aus dem letzten Gespräch deutlich hervorgehoben. Am Anfang werden die Stärken erwähnt, dann erst kommt der Apotheker auf die Defizite zu sprechen.

2. Selbstbeurteilung der Betreffenden: Wer die Gelegenheit hat, sich selbst einzuschätzen, ist eher bereit, die Bewertung des Vorgesetzten anzuerkennen. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Mitarbeiter selbst anders bewerten als der Vorgesetzte. Dadurch werden unterschiedliche Wahrnehmungen sichtbar. In dieser Phase sind gezielte Fragen geeignet.

3. Vorgesetztenbeurteilung: Der Beurteilungskatalog wird Punkt für Punkt besprochen, der Mitarbeiter kann auf Wunsch eine Kopie erhalten. Die Bewertung kann auch ohne Noten durch Fließtext erfolgen und durch den Apotheker ergänzt und vervollständigt werden. Die Auswirkung der Leistung auf den Erfolg der Apotheke muss immer wieder betont werden: Was bringt es der Firma, aber auch dem Mitarbeiter, wenn sich seine Leistung weiter verbessert? Aber auch die Konsequenzen minderer Leistung müssen dem Betreffenden erklärt werden. Die Beurteilung muss in allen Einzelheiten nachvollziehbar sein, sonst ist sie nicht überzeugend und eine Leistungsverbesserung ist nicht absehbar.

4. Verbesserungsmöglichkeiten: Mit der Feststellung über ein Leistungsdefizit ist es nicht getan. Es müssen im Gespräch auch praxisbezogene Lösungen diskutiert werden. Mitarbeitende erwarten Hilfestellung und hoffen auf Entwicklungsmöglichkeiten. Der Vorgesetzte hat also eine Art Mitverantwortung an der Entwicklung seiner Mannschaft. Die im Gespräch vereinbarten Maßnahmen können nach Absprache notiert werden. Vorgesetzte sollten jedoch realistische Erwartungen an die Leistung der Mitarbeiter haben.

Fehler bei der Beurteilung

Vermutung statt Fakten: Es liegen zu wenige aussagefähige Fakten vor, nach denen eine Beurteilung erfolgt. Außerdem werden einzelne Vorkommnisse hochgespielt und dem Betreffenden ein grundsätzliches Verhalten unterstellt.

Subjektive Gewichtung: Merkmale, die der Vorgesetzte für sehr wichtig hält, werden überbewertet. Andere Kriterien werden dagegen vernachlässigt, die aber objektiv wichtig wären.

Ungleiche Behandlung: Es werden nicht alle, sondern nur einige Personen regelmäßig beurteilt. Oder an Mitarbeiter werden unterschiedliche Maßstäbe angelegt, ohne dass dies durch objektive Tatsachen gerechtfertigt wäre (z.B. unterschiedliche Aufgaben, Erfahrung usw.)

Bei der Beurteilung kommt es auch zu emotionalen Äußerungen. Akzeptieren Sie, dass der Beurteilte auch die Gelegenheit nutzt, seine Unzufriedenheit, Ärger und Enttäuschung zu äußern. Betrachten Sie das nicht als billige Revanche, sondern lassen Sie den Emotionen freien Lauf, ohne sich gleich zu rechtfertigen. Versuchen Sie verborgene Motive und Bedürfnisse des Mitarbeiters zu erkennen.

Sind die Emotionen abgehandelt, geht es zurück zur Sachlichkeit. Übereinstimmende Meinungen sollten stärker betont werden als die abweichenden. Beteiligen Sie Mitarbeiter immer an der Verbesserung der Leistung, vermeiden Sie auf alle Fälle die unbeliebten schulmeisterhaften Belehrungen wie „Sie müssen aber unbedingt …“ oder „Sie dürfen keinesfalls …“. Stellen Sie stattdessen Fragen, z.B. „Weshalb haben Sie das übersehen?“, „Wieso kommen Sie zu spät?“.

Im Idealfall schätzt der Mitarbeiter seine eigenen Leistungen ähnlich ein wie Sie. Das ist die beste Basis zur weiteren Entwicklung der Arbeitsergebnisse. Übereinstimmende Punkte müssen deutlich hervorgehoben werden, das gibt dem Gespräch einen konstruktiven Charakter. Sollte sich die Argumentation des Mitarbeiters als richtig herausstellen, sind Sie flexibel und können Ihre eigene Beurteilung korrigieren. Natürlich haben Sie auch den Mut, bei langjährigen Mitarbeitern oder schwierigen Personen heikle Themen anzusprechen und reden nicht um den heißen Brei herum. Wenn die Beurteilung transparent und nachvollziehbar ist, gibt es kaum noch Ausreden der Beurteilten.

Mögliche Wahrnehmungsfehler

Mitarbeiter zu beobachten ist immer auch ein Prozess der Wahrnehmung und verlangt eine gute Urteilsfähigkeit des Vorgesetzten. Dabei kommt es zu verschiedenen Fehlern. Vom „Überstrahlungseffekt“ spricht man, wenn der Beurteiler von einem auffälligen Merkmal des Mitarbeiters auf sein Gesamtbild schließt. Eine einmalige Beobachtung überstrahlt alle anderen Wahrnehmungen. Vom „Aktualitätseffekt“ spricht man, wenn die jüngsten Beobachtungen den Gesamteindruck übermäßig prägen und im Gespräch besonders hervorgehoben werden. Der „Sympathieeffekt“ bedeutet, dass sympathische Mitarbeiter großzügig und positiv beurteilt werden, an weniger sympathische Mitarbeiter werden dagegen höhere Erwartungen gestellt. Der „Hierarchie-Effekt“ sagt, dass Mitarbeiter mit viel Verantwortung, mit Titel und Status tendenziell aufgewertet werden. Wahrnehmungen werden dann beschönigt.

Wahrnehmungsfehler können aber auch in der Person des Beobachters liegen: Der nachsichtige Beurteiler schaut schon mal großzügig über Fehler hinweg, ihm geht es um Harmonie, er begrüßt Rechtfertigungen des Mitarbeiters, damit es nicht zu Diskussionen kommt. Strenge Beurteiler nehmen den Idealzustand als Maßstab und betrachten herausragende Leistungen als den Normalfall. Dem zurückhaltenden Beurteiler fehlt der Mut sich festzulegen, seine Einschätzungen sind unklar, schwammig und ohne Wirkung auf den Mitarbeiter. 

Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg,

Rolf.Leicher@t-online.de

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