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- DAZ 1-2/2014
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Arzneimittel und Therapie
Du bist, was du isst
Neue Ansätze bei Essstörungen
Essstörungen lassen sich bislang oftmals nur unzureichend behandeln. In einer Pilotstudie der Universität von Toronto wurde daher die transkranielle Magnetstimulation (TMS) zur Behandlung schwerer Essstörungen getestet. 20 Probanden erhielten 20 rasch und regelmäßig aufeinanderfolgende Einzelstimuli mit der transkraniellen Magnetstimulation (repetitive TMS, rTMS). Die Impulsfrequenz beträgt hierbei zwischen < 1 Hz und 50 Hz. Durch nicht-invasive Magnetfeldimpulse werden Bereiche des präfrontalen Kortex stimuliert. Diese Hirnregion wird mit der Fähigkeit zur Selbstkontrolle von Emotionen und Verhalten in Verbindung gebracht. Eine Verbesserung der Aktivität des präfrontalen Kortex hilft Patienten, die Essattacken besser zu kontrollieren. Die repetitive transkranielle Magnetstimulation wird bereits zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Und so zeigte sich auch in der Pilotstudie eine positive Beeinflussung von depressiven Symptomen und Angstzuständen. Bei den Patienten, die auf die rTMS ansprachen, wurden spezifische Veränderungen in der Bildgebung des Gehirns beobachtet. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass mithilfe der Bildgebung die Betroffenen identifiziert werden können, welche von einer rTMS profitieren, wenn andere Therapieansätze versagt haben.
Inwiefern ein Ungleichgewicht im Serotonin-System mit der Binge-Eating-Störung in Zusammenhang steht, wurde vom Zentrum für Suchtforschung der Universität Texas untersucht. Bei der Binge-Eating-Störung treten Essattacken auf, bei denen große Nahrungsmengen auf einmal aufgenommen werden. Sie ist mit Übergewicht und Adipositas assoziiert. In der Studie wurde bei Ratten der Serotonin-Rezeptor 5-HT2C im Nucleus accumbens ausgeschaltet. Der Nucleus accumbens ist Teil des mesolimbischen Systems – also des Belohnungssystems, welches bei Suchterkrankungen eine Rolle spielt. Die Ausschaltung des Serotonin-Rezeptors 5-HT2C in dieser Hirnregion führte bei den Ratten zu verstärkten Essattacken und höherer Impulsivität. Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass Arzneimittel, die das Serotonin-System des Gehirns beeinflussen, zur Behandlung der Binge-Eating-Störung eingesetzt werden könnten. Welche molekularen Wirkmechanismen hinter unserer Wahrnehmung von Nahrungsangeboten stecken, untersuchten kanadische Forscher. Wenn wir satt sind, nehmen wir beispielsweise das goldene McDonalds „M“ kaum wahr. Anders jedoch, wenn wir Hunger haben. Sie stellten dabei fest, dass der Anstieg der Insulinmenge im Blut nach einer hochkalorischen Mahlzeit zu einer Reduktion der Dopaminausschüttung in einem Bereich des mesolimbischen Systems führt. In weiteren Studien wollen die Forscher nun untersuchen, welche Veränderungen in diesem System bei pathologischen Zuständen wie Hyperinsulinämie und Übergewicht auftreten.
Cannabis und Übergewicht
Der Fragestellung, inwiefern Cannabis-Konsum als epigenetischer Einflussfaktor für Übergewicht infrage kommt, gingen amerikanische Forscher nach. Cannabis beeinflusst das Endocannabinoid-System: Wird dieses aktiviert, so wird die Aufnahme von Nahrung induziert. Kinder, deren Eltern Cannabis konsumiert haben, wiesen in der Studie ein höheres Körpergewicht auf. Die Studienautoren vermuten, dass dies durch eine epigenetische Beeinflussung des Endocannabinoid-Systems erklärt werden könnte.
Ernährung und Alzheimer-Risiko
In einer australischen Studie wurde untersucht, ob mit der Ernährung das Alzheimer-Risiko beeinflusst werden kann. An 527 Probanden wurde über einen Zeitraum von drei Jahren der Einfluss mediterraner, typischer „westlicher“ und ausgewogener Ernährung auf Hirnfunktionen erhoben. Bei der typisch „westlichen“ Ernährung mit einem hohen Anteil verarbeiteter Lebensmittel, Süßigkeiten und rotem Fleisch konnte eine Verschlechterung der räumlich-visuellen Funktion beobachtet werden. Andere Hirnfunktionen, wie das verbale und das visuelle Gedächtnis, blieben von der Ernährung unbeeinflusst.
Die Studien geben neue Einblicke, wie unser Essverhalten auf Neurotransmitter-Ebene beeinflusst wird. Bis diese Erkenntnisse in der therapeutischen Praxis angewendet werden können, sind jedoch weitere Studien notwendig.
Quelle
Our relationship with food: what drives us to eat and new insights into eating disorders. Abstract 547.13, 540.01 Speaker Summary 685.05, 89.01, 685.06 Neuroscience 2013, 9.–13. November 2013.
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