Arzneimittel und Therapie

Rauchstopp mit E-Zigarette Ernüchternde Ergebnisse

Die Absatzzahlen elektronischer Zigaretten (E-Zigaretten) steigen stetig. Sie werden nicht nur als Genussmittel konsumiert, sondern viele Raucher versuchen damit auch, sich das Rauchen abzugewöhnen. Ob E-Zigaretten hierfür geeignet sind, ist bisher aber unklar. Eine neuseeländische Studie leistete jetzt Pionierarbeit und untersuchte die E-Zigarette als Rauchstopphilfe. E-Zigaretten scheinen bei geringer sonstiger Unterstützung der aufhörwilligen Raucher für einen erfolgreichen Rauchstopp so hilfreich zu sein wie Nicotin-Pflaster. Allerdings waren die Erfolgsraten insgesamt kleiner als erwartet.

Seit ihrer Markteinführung wurden elektronische Zigaretten millionenfach verkauft, mit steigender Tendenz. E-Zigaretten sind batteriebetriebene Geräte in Zigarettenform, die eine Nicotin-haltige Flüssigkeit in einer Wechsel-Kartusche („Liquid“) enthalten. Beim Ziehen am Mundstück wird das Nicotin vernebelt und dann inhaliert, weshalb der Konsum von E-Zigaretten als „Dampfen“ bezeichnet wird. Bei vielen Modellen leuchtet dabei eine Diode am vorderen Ende auf, die das Glimmen einer Tabakzigarette imitiert. In letzter Zeit gab es heftige Diskussionen und juristische Auseinandersetzungen darüber, wie E-Zigaretten und ihre Liquids regulatorisch einzuordnen sind. Gemäß einem aktuellen EU-Beschluss sollen die Liquids als Tabakprodukte eingestuft werden. Sie dürfen aber nicht mehr als 30 mg/ml Nicotin enthalten.

E-Zigaretten werden aber nicht nur als Genussmittel konsumiert, sondern auch als Ausstiegshilfe in der Raucherentwöhnung genutzt. Ob man sich damit aber tatsächlich erfolgreich das Rauchen abgewöhnen kann, ist unklar. In einer mit öffentlichen Geldern finanzierten, neuseeländischen Studie sollte diese Frage geklärt werden: Untersucht wurde, ob E-Zigaretten der Marke Elusion® mit einer 16 mg/ml-Nicotin-Kartusche eine Raucherentwöhnung effektiver unterstützen können als Nicotin-Pflaster. Gleichzeitig wurde eine kleinere verblindete Vergleichsgruppe mit Placebo-E-Zigaretten ohne Nicotin mitgeführt.

An der Studie nahmen 657 erwachsene Raucher teil, die im vorangegangenen Jahr mindestens zehn Zigaretten pro Tag geraucht hatten und die entschlossen waren, sich das Rauchen abzugewöhnen. Die Studienteilnehmer sollten die E-Zigarette nach Bedarf eine Woche vor dem geplanten Rauchstopp und bis zwölf Wochen danach anwenden, das Nicotin-Pflaster (21 mg/Tag) sollte eine Woche vor dem geplanten Rauchstopp und bis zwölf Wochen danach aufgeklebt werden. Während also die E-Zigarette nach Bedarf angewendet werden durfte, waren in der anderen Gruppe keine Darreichungsformen wie Kaugummis gegen das akute Rauchverlangen erlaubt. Dies entspricht nicht der empfohlenen Vorgehensweise bei der Nicotin-Entwöhnung. Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte daher bedacht werden, dass dadurch die Pflastergruppe benachteiligt war.

Niedrige Abstinenzraten unter 10%

Primärer Endpunkt der Studie war eine kontinuierliche sechsmonatige Rauchabstinenz. Dabei wurde die Selbstauskunft der Teilnehmer zusätzlich durch Messung des Kohlenmonoxidgehalts in der Ausatemluft überprüft. Das Ergebnis: Die Abstinenzraten waren in allen Gruppen erschreckend niedrig. Ein kontinuierlicher sechsmonatiger Rauchstopp gelang lediglich 7,3% in der Gruppe mit Nicotin-E-Zigarette, 5,8% in der Gruppe mit Nicotin-Pflaster und 4,1% in der Gruppe mit Placebo-E-Zigarette. Die numerische Überlegenheit der E-Zigaretten-Gruppe ließ sich hierbei gegenüber dem Pflaster nicht statistisch absichern, möglicherweise wegen zu geringer Power zur Entdeckung von Unterschieden. Bei ihrer Powerkalkulation waren die Autoren nämlich von einer wesentlich höheren Abstinenzrate von 20% in der Gruppe mit Nicotin-Pflastern ausgegangen, wie es in anderen Studien, bei denen zusätzlich Verhaltenstraining angeboten wurde, der Fall gewesen war. Dass die kontinuierlichen Abstinenzraten in allen Gruppen sehr niedrig waren, könnte damit zusammenhängen, dass die Studienteilnehmer außer der Studienmedikation kaum sonstige Unterstützung bei ihren Bemühungen erhielten, das Rauchen einzustellen. Die meisten Rückfälle wurden in den ersten 50 Tagen nach dem Rauchstopp beobachtet, wobei in der Nicotin-E-Zigaretten-Gruppe die mediane Zeit bis zum Rückfall mit 35 Tagen mehr als doppelt so lang war wie in der Gruppe mit den Nicotin-Pflastern (14 Tage) und den Placebo-E-Zigaretten (zwölf Tage). In der Nicotin-E-Zigaretten-Gruppe hatten 57% der Teilnehmer ihren täglichen Zigarettenkonsum nach sechs Monaten mindestens um die Hälfte reduziert gegenüber 41% in der Nicotin-Pflaster-Gruppe – dieser Unterschied war auch statistisch signifikant – und 45% in der Placebo-E-Zigaretten-Gruppe (Unterschied nicht signifikant).

Vom Raucher zum Dampfer?

Es wurde nicht systematisch erfasst, wie viele Raucher zu Dampfern geworden sind. Registriert wurde aber, dass von den abstinenten Rauchern der Nicotin-E-Zigaretten-Gruppe nach sechs Monaten noch 38% die E-Zigarette benutzen. Generell war die E-Zigarette für die aufhörwilligen Raucher attraktiver als das Pflaster, was sich in einer signifikant höheren Adhärenz in den Gruppen mit den E-Zigaretten im Vergleich zur Pflaster-Gruppe zeigt. Knapp 90% der E-Zigaretten-Anwender – und zwar sowohl mit Nicotin als auch Placebo – gaben nach sechs Monaten an, dass sie die Ausstiegshilfe weiterempfehlen würden, bei den Pflaster-Anwendern waren es nur 50%. Die Begeisterung der Raucher für E-Zigaretten als Ausstiegshilfe ist also groß, aus naheliegenden Gründen: E-Zigaretten simulieren sensorische und geschmackliche Aspekte des Rauchens, und vom Rauchen gewohnte Rituale und Gewohnheiten können übernommen werden. Wenn das Dampfen von E-Zigaretten weniger gesundheitsschädlich sein sollte als das Rauchen herkömmlicher Zigaretten, wäre dann nicht zumindest ein Teilerfolg erreicht, wenn auf eine E-Zigarette umgestiegen wird?

Keine Euphorie für E-Zigarette als Ausstiegshilfe

Im Dampf von E-Zigaretten wurden zwar deutlich geringere Mengen an toxischen Stoffen nachgewiesen als bei traditionellen Zigaretten, es fehlen aber aussagekräftige Untersuchungen zu gesundheitlichen Auswirkungen und den Langzeitfolgen des E-Zigaretten-Konsums. Die vorliegende Studie liefert zwar erste Hinweise, dass E-Zigaretten als Ausstiegshilfe geeignet sein könnten, es bestehen aber derzeit noch zu viele Unsicherheiten, um E-Zigaretten zum Rauchstopp empfehlen zu können. Eine einzige Studie, an der es zudem methodisch einige Punkte auszusetzen gibt, reicht nicht aus, um mit der etablierten Nicotin-Ersatztherapie hinsichtlich Nutzennachweis für den Rauchstopp gleichzuziehen. Dies sehen die Autoren der vorliegenden Studie in ihren Schlussfolgerungen ebenso. Mehr Forschung auf dem Gebiet „Nutzen und potenzieller Schaden von E-Zigaretten“ wird allgemein dringend gefordert, insbesondere Daten zur Langzeitsicherheit, zum einen im Vergleich zu traditionellen Zigaretten, aber auch in absoluten Werten. 

Quelle

Bullen C et al. Electronic cigarettes for smoking cessation: a randomized controlled trial. Lancet 2013; 382: 1629–1637.

Hajek P. Electronic cigarettes for smoking cessation. Lancet 2013; 382: 1614–1615.

 

Apothekerin Dr. Birgit Schindler

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