Dermatologie

Cremen und Salben hilft allenthalben

Psoriasis kindgerecht topisch therapieren

Von Beate Fessler | Die Psoriasis manifestiert sich im Kindesalter zwar auch als Plaques-Psoriasis, weit häufiger als bei Erwachsenen aber als tropfenförmige Psoriasis guttata. Diese Form wird oft getriggert durch eine Streptokokken-Infektion. Bei unter Zweijährigen ist die psoriatische Windeldermatitis die häufigste Form, die eine sehr gute Prognose hat. Differenzialdiagnostisch müssen die seborrhoische Dermatitis und das nummuläre Ekzem ausgeschlossen werden. Neben der regelmäßigen topischen Basistherapie wird individuell spezifisch behandelt. Hier lautet die Devise: Keratolyse – Entzündungshemmung – Antiproliferation. Dabei muss auf eine dem Kindesalter entsprechende adäquate Dosierung der verwendeten Wirkstoffe geachtet werden. Bei einem kleinen Teil der Kinder führt an einer immunsuppressiven Therapie in spezialisierten Zentren kein Weg vorbei.

Die Psoriasis ist eine chronisch rezidivierende Immundermatose, Folge einer Dysregulation des angeborenen und erworbenen Immunsystems. Gekennzeichnet ist sie durch kutane Entzündung und epidermale Hyperproliferation. Und sie beginnt oft schon im Kindesalter: Nach der Neurodermitis ist sie eine der häufigsten Hauterkrankungen bei Kindern. In Deutschland liegt die Prävalenz bei den unter Einjährigen bereits bei 0,1% mit einem linearen Anstieg auf 1% bei den 18-Jährigen. Entsprechend häufig fällt der Startschuss für die Erkrankung im Kindesalter. Etwa ein Viertel der Psoriatiker entwickelt Läsionen vor dem 16. Lebensjahr, 10% vor dem zehnten Lebensjahr. Auch eine genetische Beteiligung ist zu erkennen. Die Familienanamnese ist oft positiv. Das Risiko für das Kind liegt bei 65%, wenn beide Elternteile betroffen sind, bei 28%, wenn nur ein Elternteil erkrankt ist. Die Psoriasis kommt auch bei Kindern häufig nicht allein. Als Komorbiditäten sind andere chronisch entzündliche Krankheitsbilder bekannt, wie die chronische Polyarthritis oder der Morbus Crohn, aber auch kardiovaskuläre Probleme und das metabolische Syndrom.

Psoriasis guttata: Startschuss oft nach Streptokokken-Infektion

Am häufigsten präsentiert sich die Psoriasis bei Kindern, wie bei Erwachsenen, als Plaque-Psoriasis mit runden, stark infiltrierten, meist scharf begrenzten, schuppenden roten Plaques, überwiegend an Knie, Ellenbogen, Ohrmuschel und Bauchnabel. Häufiger als bei Erwachsenen findet sich im Kindesalter dagegen eine Psoriasis guttata, erläuterte Dr. med. Marc Pleimes, Oberarzt der Kinderdermatologie am Kinderspital Zürich. Sie ist charakterisiert durch exanthemische, scharf begrenzte, weißlich schuppende Papeln und kleine Plaques. Als Trigger gelten Streptokokken-Pharyngitis und perianale Streptokokken-Dermatitis (siehe Kasten).

Bei Streptokokken-Infekt: Antibiose

Startschuss für die Psoriasis guttata, aber auch für die Exazerbation einer chronischen Plaque-Psoriasis ist bei Kindern häufig eine Streptokokkeninfektion. Bei erstmaligem Auftreten sollte deshalb immer auf Streptokokken getestet und bei positivem Befund antibiotisch behandelt werden. Bei chronischer Psoriasis mit Infekt-Exazerbation bei rezidivierenden Tonsillitiden wird die Tonsillektomie diskutiert.

„Bei etwa der Hälfte der Fälle tritt eine Psoriasis guttata zwei bis drei Wochen nach einer Tonsillitis auf, sehr häufig mit positivem Streptokokken-Nachweis“, so Pleimes. Häufigste Manifestation der Psoriasis bei Kindern unter zwei Jahren ist der Psoriasis-Ausschlag im Windelbereich mit und ohne Dissemination. Im Gegensatz zu einer lokalisierten Windeldermatitis sind die Hauterscheinungen scharf begrenzt mit psoriasiformer Schuppung, eventuell disseminierten Läsionen an anderen Körperstellen sowie eine positive Familienanamnese. Auch Rhagaden der Rima ani (Gesäßfalte), Nagelveränderungen oder Plaques rund um den Bauchnabel sprechen für eine Schuppenflechte. Die Chancen, dass sich die Krankheit „verwächst“, stehen gut. Bei etwa 80% der Kinder mit psoriatischer Windeldermatitis kommt es zu einer Heilung. Die übrigen entwickeln langfristig eine klassische Psoriasis.

Oder doch ein nummuläres Ekzem?

Um die Psoriasis adäquat therapieren zu können, muss sie zweifelsfrei diagnostiziert werden. Als Differenzialdiagnosen kommen unter anderem die seborrhoische Dermatitis oder das nummuläre Ekzem in Betracht, das durch runde, scharf begrenzte, gerötete Hautveränderungen gekennzeichnet ist, die im späteren Verlauf schuppen. Die Psoriasis guttata muss von verschiedenen Formen der Pityriasis sowie dem Lichen ruber planus abgegrenzt werden.

Besonderheiten der Therapie beachten

Kinder mit Psoriasis leiden nicht weniger als Erwachsene. Im Gegenteil. Die Psoriasis schränkt die Lebensqualität der Kinder deutlich ein, vergleichbar anderen chronischen Systemerkrankungen wie Asthma, Epilepsie oder Enuresis. Scores als Maß für den Schweregrad der Psoriasis sind laut Pleimes bei Kindern nicht immer repräsentativ, insbesondere wegen des manchmal sehr lokalisierten Auftretens der Erkrankung, etwa im Gesicht oder an der Kopfhaut. „Trotz niedriger Score-Werte sind die Kinder dann oft massiv beeinträchtigt.“ Das müsse bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden. Wie häufig in der Pädiatrie gibt es auch für die Psoriasis im Kindesalter weniger zugelassene und gut untersuchte Therapieoptionen als bei Erwachsenen, insbesondere für das Säuglings- und Kleinkindalter. Therapiert wird deshalb nicht selten off label. Generell aber muss bei der Verwendung der einzelnen Wirkstoffe eine dem Alter des Kindes adäquate Dosierung eingesetzt werden. Bei der meist topischen Therapie ist auch die mögliche systemische Resorption von Wirkstoffen in Abhängigkeit von der zu behandelnden Hautfläche bei der Dosierung und Applikation zu berücksichtigen. Denn insbesondere im Säuglings- und Kleinkindalter können höhere Wirkstoffkonzentrationen über die Haut in den Blutkreislauf gelangen. Das gilt vor allem bei Präparaten mit Salicylsäure und mit Vitamin-D-Analoga.

Konsequent cremen

Die Therapie der Psoriasis im Kindesalter stützt sich auf drei Säulen: eine regelmäßig durchzuführende Basistherapie, eine spezifische Therapie, die individuell an das Krankheitsbild angepasst wird und, falls notwendig, zusätzliche Therapieverfahren wie Klimatherapie oder Psychotherapie.

Die Basistherapie der Psoriasis bezeichnet Pleimes als wichtigen Baustein der Behandlung. Sie stützt sich auf rückfettende Dermatika, Bäder und harnstoffhaltige Zubereitungen. Möglichst täglich sollten die Kinder mit einer rückfettenden Basiscreme (lipophile Cremegrundlage!) eingecremt werden, auch in Zeiten, in denen sie keine Symptome haben. Ab dem Vorschulalter können Harnstoff-haltige Präparationen verwendet werden, beginnend in einer Konzentration von 3%, bei älteren Kindern mit 5 bis 10%. In diesen Konzentrationen hat Harnstoff noch keinen keratolytischen Effekt. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann es zu vorübergehendem Brennen kommen, was als Stinging-Effekt bezeichnet wird. Deshalb wird auf Harnstoff in diesem Alter verzichtet. Juckreiz lässt sich mit Polidocanol 5% lindern. Pleimes empfahl zudem ein tägliches Vollbad mit Badeölzusatz. Denn damit lassen sich Schuppen und Cremereste gut entfernen.

Die spezifische topische Therapie verfolgt drei Ziele: Abschuppung, Entzündungshemmung und Antiproliferation. Abschuppung ist die Voraussetzung dafür, dass andere topische Präparate ihre Wirksamkeit entfalten können. Zur keratolytischen Behandlung stark schuppender Stellen bietet sich die ein- bis zweimal tägliche Applikation von Salicylsäure-Zubereitungen an (Säuglinge: 1 bis 2%, Kleinkinder: 2%, ältere Kinder 2 bis 5%, Jugendliche: gegebenenfalls 10%). Als maximal zu behandelnde Oberfläche nannte Pleimes bei Säuglingen < 5%, bei Kleinkindern < 10% und bei älteren Kindern < 20% der gesamten Hautoberfläche. Generell empfiehlt er eine eher sparsame Verwendung von Salicylsäure, um Überdosierung zu vermeiden. Auch Harnstoff-Präparationen können eingesetzt werden. Sie wirken ab Konzentrationen über 10% keratolytisch. Für die Nagelpsoriasis stehen Lacke mit Harnstoff, mit und ohne Milchsäure zur Verfügung.

1. Wahl gegen Entzündung: topische Corticosteroide

Die antientzündliche Therapie stützt sich auf mittel- bis höher potente topische Steroide, beginnend einmal täglich über sieben bis 14 Tage, anschließend jeden zweiten Tag und im weiteren Verlauf als Intervall-Therapie, allmählich ausschleichend. Eine langfristige tägliche Dauertherapie ist wegen der bekannten Nebenwirkungen nicht möglich. Die Wahl des Steroids richtet sich nach dem Alter und dem Applikationsort. Bei Säuglingen sowie im Gesicht und den Intertrigines werden Klasse-II-Steroide wie etwa Hydrocortison-17-butyrat eingesetzt, am Körper Klasse-III-Steroide wie Mometason. Teilweise handelt es sich dabei um einen Off-label-use, gerade bei sehr jungen Kindern. Als zusätzliche Option zur Entzündungshemmung nannte Pleimes topische Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus [Elidel®] und Tacrolimus [Protopic®]). Die allerdings sind nicht für die Psoriasis und nicht bei Kindern unter zwei Jahren zugelassen. Da sie relativ schwach wirksam sind, bieten sie sich vor allem für Problemareale an, etwa im Gesicht oder auch als Folgetherapie in intertriginösen Bereichen, etwa auch dem Genitalbereich. Die Wirkstärke von Pimecrolimus entspricht etwa einem topischen Steroid der Klasse I, die von Tacrolimus einem Steroid der Klasse II. Der Vorteil: Es besteht kein Risiko einer Hautatrophie.

Vitamin-D-Analoga erst nach Keratolyse

Die Antiproliferation mit Vitamin-D-Analoga sollte erst begonnen werden, wenn die Keratolyse abgeschlossen ist, und anfangs überlappend mit einer ausschleichenden Steroidtherapie. Behandelt wird täglich über sechs bis zwölf Wochen, wobei die maximale Wirkung erst nach vier bis sechs Wochen erreicht wird. Auch hier sind bei Kindern nur wenige Präparate zugelassen und auch die erst ab dem sechsten Lebensjahr. Laut Pleimes kann die Anwendung aber auch im Kindesalter als sicher angesehen werden. Leichte Hautirritationen zu Beginn der Behandlung verschwinden häufig bei fortgesetzter Therapie. Er warnte aber vor einer großflächigen Anwendung wegen des Risikos einer systemischen Hyperkalzämie. Eine praktische Option bei generalisierter Plaque-Psoriasis ist die Quadranten-Therapie: Kopf, Arme, Beine und Körper werden jeweils im täglichen Wechsel behandelt. In der topischen Therapie können auch Kombinationspräparate zum Zug kommen. Als sinnvoll gilt die Kombination aus einem topischen Corticosteroide und Salicylsäure. Corticosteroide können auch mit Harnstoff oder Vitamin-D-Analoga kombiniert werden. Salicylsäure plus Vitamin-D-Analoga ist dagegen nicht möglich, da Salicylsäure Vitamin-D-Analoga inaktiviert.

Engmaschig zu kontrollieren: Dithranol

Eine Kurzkontakt-Therapie mit Dithranol (Cignolin) 1% oder 3% mit langsamer Steigerung der Einwirkzeit von wenigen Minuten bis maximal 30 bis 60 Minuten kann auch bei Kindern eingesetzt werden. Sie sollte aber durch einen in der Behandlung erfahrenen Arzt kontrolliert werden. Kontakt mit Augen und intertriginösen Arealen ist zu vermeiden, da es zu erheblichen Irritationen kommen kann. Zudem besteht die Gefahr, dass Haare, Kleidung, Armaturen und bei Kopfhautanwendung auch hellblondes Haar verfärbt werden. Bei mittelschwerer Plaque-Psoriasis und Psoriasis guttata ist die Lichttherapie mit UV-B-Licht 311 nm eine Option, auch bei Kindern ab dem Schulalter. Ist eine topische Therapie nicht ausreichend, ist eine Immunsuppression indiziert. Einer aktuellen Studie zufolge werden 3,3% der Kinder mit Psoriasis damit behandelt. Sie ist entsprechenden Zentren vorbehalten. 

Quelle

Dr. Marc Pleimes: Management der Psoriasis im Kindesalter, im Rahmen des 19. Biedersteiner Symposiums „Dermatologie im Kindesalter“, München, 15. Februar 2014.

Pleimes M, Weibel L. Psoriasis im Kindesalter: VbZeitschr. Kinderärzte. Schweiz 2013 (2): 9-15.

 

Autorin

Dr. Beate Fessler ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin unter anderem für die Deutsche Apotheker Zeitung.

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