Prisma

Für rationalen Antibiotikaeinsatz

Initiative der Chirurgen

cae | Eine Antibiotikagabe nach beendeten chirurgischen Operationen ist in vielen Krankenhäusern üblich, aber nutzlos und im Hinblick auf die Resistenzproblematik sogar gefährlich. Hier wollen die Klinikärzte nun gegensteuern – nach dem Motto: Weniger ist mehr.

Bei offenen Wunden, wie sie Operationen mit sich bringen, droht die Gefahr bakterieller Infektionen, die am sichersten durch prophylaktische Gabe eines Antibiotikums abgewendet werden. Erfolgt die Gabe des Antibiotikums 30 bis 60 Minuten vor der Operation, werden die dafür erforderlichen Wirkstoffspiegel erzielt. In der Praxis erhält der Patient das Antibiotikum jedoch häufig erst dann, wenn der Chirurg den Operationssaal betritt, um mit seiner Arbeit zu beginnen. Dies ist eindeutig zu spät. Deshalb soll gemäß einem Fünf-Punkte-Plan, der auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Ende März in Berlin vorgestellt wurde, der Anästhesist, der den Patienten für die Operation vorbereitet, grundsätzlich auch für die Gabe des Antibiotikums verantwortlich sein.

Eine andere gängige Praxis, die nicht dem Stand des Wissens entspricht, ist die Fortsetzung der prophylaktischen Antibiotikamedikation nach dem Ende der Operation, manchmal sogar drei Tage lang. Das liegt an einem übertriebenen Sicherheitsbestreben, das genau das Gegenteil seiner Absicht bewirken kann. Denn zur Prophylaxe reicht in der Regel eine einzige Gabe des Antibiotikums; eine zweite Gabe ist nur dann indiziert, wenn die Operation länger als drei Stunden dauert. Wenn alle Krankenhäuser in Deutschland dieses Schema befolgen würden, ließen sich jährlich fünf Tonnen Antibiotika einsparen. Außerdem wäre dies ein gewichtiger Beitrag für mehr Sicherheit im Krankenhaus, denn die Bakterien hätten dann weniger Gelegenheit, Antibiotikaresistenzen zu entwickeln. Bei einer Teilungsfrequenz von 20 Minuten, wie sie für Bakterien typisch ist, entsprechen drei Tage immerhin 200 Generationen, und ein Bakterium, das von dem Wirkstoff nicht abgetötet wird, könnte sich an ihn gewöhnen. Übrigens soll bei Schilddrüsenoperationen auf die Antibiotikagabe ganz verzichtet werden.

Ein weiterer Punkt ist die Erstellung eines Leitfadens zur Auswahl des geeigneten Antibiotikums mit Hinweisen zur korrekten Dosierung. Dieser Leitfaden soll jährlich überarbeitet und an den aktuellen Wissensstand angepasst werden. 

Quelle: Chirurgen entwickeln Fünf-Punkte-Plan zum perioperativen Antibiotikaeinsatz; aerzteblatt.de, 04.03.2014.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Therapie der Blinddarmentzündung ist im Fluss

Antibiotika oder Skalpell?

Ist der STARWAVe-Score die Lösung des Problems?

Antibiotikum oder nicht?

Das Krankheitsbild infektiöse Endokarditis

Entzündetes Herz

Antibiotika-Dosierung bei Kindern zwischen Genauigkeit und Praktikabilität

Nicht zu viel und nicht zu wenig

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.