Infektiologie

Fast jede Minute stirbt ein Kind an Malaria

Kinder besser schützen und behandeln

Von Claudia Bruhn | Der Welt-Malaria-Tag am 25. April ist ein guter Anlass, das Wissen über diese Infektionskrankheit aufzufrischen. Im Fokus dieses Beitrages steht die Prophylaxe und Therapie bei Kindern, die nach wie vor zu den häufigsten Opfern zählen.

Nach dem im Dezember vergangenen Jahres von der WHO veröffentlichten World Malaria Report 2013 gab es 2012 ca. 201 Millionen Erkrankungsfälle mit schätzungsweise 627.000 tödlichen Verläufen, wobei 90 Prozent davon in den Sub-Sahara-Gebieten Afrikas auftraten. 2012 starben etwa 482.000 Kinder unter fünf Jahren an Malaria – das sind ca. 1300 Kinder pro Tag. Eine bessere Prophylaxe und Behandlung der Infektionskrankheit in dieser Altersgruppe ist daher dringend notwendig. Infolge der Globalisierung spielt heute nicht nur die Beratung von Familien, die urlaubsbedingt in Endemiegebiete reisen möchten, eine Rolle. Auch für die Beratung von Personen mit beruflich bedingtem (Langzeit)-Aufenthalt in Begleitung ihrer Partner und Kinder sowie auch für Migranten, bei denen Malariafälle nach einem Heimaturlaub berichtet werden, sind Kenntnisse von Nutzen. Eine Weltkarte mit Endemiegebieten und den jeweils empfohlenen Wirkstoffen für die Chemoprophylaxe findet sich beispielsweise auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e.V. (DTG).

Die Verbreitung der Malaria ist heute vorwiegend auf tropische und einige subtropische Gebiete beschränkt. Die medikamentöse Vorbeugung (Chemoprophylaxe) der Malaria wird erschwert durch die Verbreitung von Resistenzen, die – nach Region und Ausmaß der Resistenz unterschiedlich – bereits gegen jedes der zur Verfügung stehenden Antimalariamittel möglich sind.

Maßnahmen zum Schutz vor Mückenstichen

Kinder unter fünf Jahren sind besonders gefährdet und sollten daher auf Reisen in Malaria-Hochrisikogebiete möglichst nicht mitgenommen werden, was jedoch nicht immer realisierbar ist. Zu bedenken ist, dass der Überträger der Plasmodien, die weibliche Anopheles-Mücke, nicht nur in Sümpfen und Urwäldern lauert, sondern auch in urbanen Gegenden wie z.B. am Swimmingpool eines Hotels zustechen kann. Daher sollten die üblichen Maßnahmen der Expositionsprophylaxe bei Kindern besonders konsequent durchgeführt werden (siehe Tabelle 1):

  • kein Aufenthalt im Freien nach Einbruch der Dunkelheit
  • falls dies unvermeidlich ist: hautbedeckende, helle Kleidung tragen, Schutz durch Repellenzien, die genau nach Vorschrift (Auftragungsintervalle einhalten!) angewendet werden (z.B. Autan® tropical)
  • bei Verwendung von Sonnenschutzmitteln: erst der Sonnenschutz, darauf das Repellenz
  • Bett und Spielfläche (bei Säuglingen und Kleinkindern) mit imprägniertem Moskitonetz (z.B. Care Plus® Moskitonetz, mit Permethrin) abdecken.

Medikamentöse Malariaprophylaxe

Viele Eltern sind unsicher bei der Frage, ob Kinder eine Chemoprophylaxe erhalten sollten. Tatsächlich sollte bei der Entscheidung dafür oder dagegen zwischen dem Risiko einer Malaria und dem Risiko der Medikamente abgewogen werden. Eine Entscheidung ist stets individuell unter Berücksichtigung von Reiseziel und -route und der damit im Zusammenhang stehenden Resistenzsituation, der Dauer des Aufenthaltes, der Reiseart und der individuellen gesundheitlichen Gefährdung zu treffen. Empfehlenswert ist die Beratung in einem tropenmedizinischen Zentrum.

Auch für voll gestillte Säuglinge wird häufig eine Malariaprophylaxe empfohlen, da die Chemoprophylaxe der Mutter keinen ausreichenden Schutz bietet. Beginnen muss die Prophylaxe bereits Tage bis mehrere Wochen vor der Ankunft im Endemiegebiet (genauere Angaben siehe Fachinfos der Präparate). Selbst wenn eine Chemoprophylaxe durchgeführt wurde, sollte beim Auftreten von unklarem Fieber nach der Rückkehr immer eine Infektion in Betracht gezogen werden. Ohne Chemoprophylaxe muss bei der Malaria tropica innerhalb von drei Monaten nach Verlassen des Endemiegebietes, bei Malaria tertiana und quartana sogar bis zu einem Jahr oder noch darüber hinaus mit einer Erkrankung gerechnet werden.

Sorgfalt bei der Dosisfindung

Zur Vermeidung von Therapieversagen und Resistenzentwicklung spielt die Ermittlung der geeigneten Dosis sowohl bei der Prophylaxe als auch bei der notfallmäßigen Selbstbehandlung (Stand-by) eine wichtige Rolle. Der Zusammenhang zwischen Alter und Körpergewicht variiert nicht nur interindividuell, sondern auch zwischen den Regionen, was dazu führen kann, dass Kinder eine zu niedrige Dosis erhalten. Diese Gefahr besteht vor allem bei Fixkombinationen, wie eine kürzlich veröffentlichte Analyse gezeigt hat [Garner P et al.]. Hilfestellung bieten Dosierungstabellen (z.B. auf www.dtg.org), die Alter und Gewicht berücksichtigen, sodass auch solche Kinder, die ihr altersentsprechendes Gewicht noch nicht erreicht haben, nicht unterdosiert werden.

Kurzinfo Malaria-Symptome und -arten

Verursacher sind einzellige Parasiten (Plasmodien), die durch weibliche Stechmücken (Anophelen) übertragen werden. Das Hauptsymptom Fieber wird begleitet von Kopf- und Gliederschmerzen mit starkem Krankheitsgefühl, Schüttelfrost und Schweißausbrüchen. Die gefährlichste Form ist die Malaria tropica, die meist eine kurze Inkubationszeit (7 Tage) besitzt. Sie kann zu lebensbedrohlichen Zuständen mit Koma, Nierenversagen und Schock führen. Bei der Malaria tertiana und der Malaria quartana sind die Inkubationszeiten länger, weshalb Fieberschübe auch erst viele Wochen nach der Rückkehr aus dem Reiseland auftreten können. Bei rechtzeitiger Behandlung ist die Malaria in der Regel heilbar.

Herausforderung: die Arznei ins Kind bringen

Wegen des meist bitteren Geschmacks ist die Verabreichung der für Kinder zur Verfügung stehenden Medikamente (siehe Tabelle 2) – je nach Alter – oft schwierig. Präparate in Tablettenform können zerkleinert und mit Speisen wie Apfelmus, Milchreis, Pudding oder Kakaomilch vermischt werden, was auch die Resorption verbessert (Cave: Doxycyclin nicht mit Milchprodukten). Es sollten jedoch nur kleine Portionen, die garantiert komplett verzehrt werden, vorbereitet werden.

Kommt es nach der Einnahme zum Erbrechen, gilt die Faustregel, dass bei einem solchen innerhalb von 30 Minuten nach Gabe die komplette Dosis erneut gegeben werden muss. Dieses Vorgehen empfehlen einige Hersteller auch bei Erbrechen innerhalb von einer Stunde nach Einnahme. Erbricht das Kind später als 60 Minuten nach Tabletteneinnahme, sind in der Regel keine Maßnahmen erforderlich, da die Dosis als aufgenommen und resorbiert gilt. Im Einzelfall sind die Hinweise im Beipackzettel/in der Fachinformation maßgebend.

Kommt bald die Malaria-Impfung?

Der zurzeit aussichtsreichste Impfstoffkandidat mit der Bezeichnung RTS,S wird von der Firma GSK entwickelt und befindet sich in der Phase III der klinischen Prüfung. In einer doppelblinden, randomisierten kontrollierten Studie wird er mit mehr als 15.000 Säuglingen und Kleinkindern getestet. In einem Studienarm verabreicht man ihn in drei Dosen im monatlichen Abstand, gefolgt von einer Booster-Impfung nach 18 Monaten. Nach den bisher vorliegenden 18-Monats-Daten (das heißt ohne die Boosterung) war die Vakzine in der Altersgruppe fünf bis 17 Monate in der Lage, die klinischen Malariafälle um 46% im Vergleich zur Kontrollgruppe (geimpft mit einem Tollwut- bzw. Meningokokken-Impfstoff) zu reduzieren. Bei Säuglingen im Alter zwischen sechs und zwölf Wochen traten nach der ersten Immunisierung 27% weniger Krankheitsfälle auf. Die Firma hofft, dass der Impfstoff in diesem Jahr eine positive Empfehlung von der Zulassungsbehörde EMA erhält; dann könnte er frühestens 2015 in nationale Impfempfehlungen aufgenommen werden. 

Quelle

World Malaria Report 2013. www.who.int/malaria/publications/world_malaria_report_2013/en/, abgerufen am 25. März 2014.

Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Aufl. (2013) Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart.

Garner P: Artemisinin Combination Therapy: A Good Antimalarial, but Is the Dose Right? PLoS Med (2013) 10(12): e1001565. doi:10.1371/journal.pmed.1001565.

Krippner, R, Boecken, G. Malaria. Empfehlungen zur Vorbeugung und Notfallselbstbehandlung. Merkblatt für Beschäftigte und Reisende. Hrsg.: Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amtes der Bundesregierung, Stand 2013.

Paddock C. Malaria vaccine protects children for up to 18 months. Medical News Today, Meldung vom 10. Oktober 2013, www.medicalnewstoday.com/articles/267249.php, abgerufen am 25. März 2014.

Dingermann T, Zündorf I. Malaria-Impfstoff auf der Zielgeraden? Dtsch Apoth.Ztg 2011; 151(43): 5052-5057.

Rote Liste online, www.rote-liste.de

Website des Zentrums für Reisemedizin, www.crm.de, letzter Abruf am 26. März 2014.

Website der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e.V., (DTG), www.dtg.org

S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Malaria, Stand 11/2013, gültig bis 6/2015, www.awmf.org

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin. Sie schreibt seit 2001 regelmäßig Beiträge für die DAZ.

clbruhn@web.de 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.