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DAZ aktuell
Kein Systemwechsel bei Medizinprodukten
Bundesregierung gegen zentrale EU-Zulassung - aber für Nutzenbewertung
Nach Auffassung der Regierung stellt ein Systemwechsel „keine adäquate Lösung“ hinsichtlich der vom Sachverständigenrat in seinem diesjährigen Gutachten angeführten Kritik dar. Das Beratergremium hatte angeregt, das Konzept der zentralen Arzneimittelzulassung auf den Medizinproduktesektor zu übertragen. Doch das wäre unter anderem „mit einem erheblichen Zeitaufwand, hohen Kosten und der Zerschlagung gerade erst verbesserter Marktzugangsstrukturen verbunden“, so Fischbach. Die Probleme könnten und müssten vielmehr „innerhalb des Systems gelöst werden“. Entsprechende Vorschläge habe die deutsche Regierung bereits in die Verhandlungen auf EU-Ratsebene eingebracht: strengere Anforderungen an die für die Prüfung und Zertifizierung zuständigen Benannten Stellen und deren Benennungsprozess, engmaschige Kontrollen der Benannten Stellen und die Entwicklung spezifischer Produktanforderungen, insbesondere hinsichtlich klinischer Bewertungen und Prüfungen. Im Übrigen gebe es keine Erkenntnisse darüber, dass staatliche Behörden per se für die Produktzulassung besser geeignet seien als Benannte Stellen, wie beispielsweise der TÜV.
In Deutschland existierten zudem bereits Vorgaben zur Koordinierung und schrittweisen Angleichung der Überwachungsmaßnahmen der Länder auf ein bundeseinheitliches Niveau, erklärt Fischbach weiter. Zudem habe man implantierende Einrichtungen mit einer Übergangsfrist verpflichtet, ihre Aufzeichnungen so zu führen, dass betroffene Patientenkreise bei korrektiven Maßnahmen innerhalb von drei Werktagen ermittelt werden können. Ebenso müssen sie bei bestimmten Implantaten einen Implantateausweis aushändigen.
AMNOG-Verfahren nicht einfach übertragbar
Ein weiteres Kernanliegen der Regierung sei es, so die Staatssekretärin, die zügige Einführung eines funktionierenden UDI-Systems (Unique Device Identifier) zur Identifizierung und Rückverfolgbarkeit auf europäischer Ebene voranzutreiben. Darüber hinaus verweist Fischbach auf den Koalitionsvertrag, der die Zielsetzung enthalte, das Bewertungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses im Hinblick auf Methoden für Medizinprodukte hoher Risikoklasse weiterzuentwickeln. Wegen der Unterschiede zu Arzneimitteln komme eine einfache Übertragung des im AMNOG geregelten Prozesses im Sinne einer Nutzenbewertung und anschließender Vereinbarung eines Erstattungsbetrags allerdings nicht unmittelbar in Betracht.
Keine obligatorische Deckungsvorsorge
Die Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung für Medizinproduktehersteller hält die Regierung nicht für empfehlenswert. Gleichwohl dies im Rahmen der EU-Reformen diskutiert werde, verfolge Deutschland dieses Ziel nicht: Nach Aussagen der Versicherungswirtschaft sei eine Haftpflichtversicherung der Hersteller bereits Marktstandard und eine Verpflichtung somit entbehrlich.
Bisheriges Informations-angebot ausreichend
Von einer frei zugänglichen Rechercheplattform aller Medizinprodukte hält die Regierung ebenfalls wenig: „Gemessen am bürokratischen Aufwand ist nicht ersichtlich, worin der Nutzen für eine Plattform aller Medizinprodukte […] liegen soll.“ Das beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) aufgebaute Informationssystem diene allein dem Zweck, den zuständigen Behörden und anderen Beteiligten den Austausch zu ermöglichen und zu erleichtern. Relevante Informationen bei Vorkommnissen liefere die Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das ausdrücklich dazu ermächtigt sei, regelmäßig aktualisierte Empfehlungen, die die Risikoerfassung und -bewertung von Medizinprodukten betreffen, zu veröffentlichen.
Grüne fordern strengere Zulassungsregeln
Aus Sicht der Grünen ist die Reaktion der Regierung eine bittere Enttäuschung: Sie „ignoriert die vergangenen Skandale und tritt den Verbraucherschutz mit Füßen“, kritisiert die Grünen-Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft, Kordula Schulz-Asche. „Die Große Koalition muss endlich den Mut für einen echten, längst überfälligen Systemwechsel aufbringen, anstatt an kleinen Stellschrauben zu drehen.“ Es brauche strengere Zulassungsregeln für Medizinprodukte im Hochrisikobereich, eine langfristige Marktüberwachung sowie die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
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