Die Seite 3

Die Drehtür

Dr. Benjamin Wessinger,
Chefredakteur der DAZ

Wechselt ein Spitzenpolitiker direkt aus dem Amt oder nur kurze Zeit nach Ende seiner Amtszeit in die Wirtschaft, wird immer wieder das Bild von der Drehtür bemüht. Ohne den Schritt zu verlangsamen raus aus der Politik und rein in die Wirtschaft.

Dieses Bild passt auch auf Daniel Bahr, der nicht einmal zwölf Monate vom Bundesgesundheitsministerium zur Krankenversicherungssparte der Allianz brauchte (denn Bahr blieb auch nach der Wahl im September 2013 noch im Amt, bis die neue Regierung im Dezember endlich stand). Zwischen Berlin und München lag für Bahr nur ein Zwischenstopp in den USA (siehe Seite 11).

Bahr reiht sich damit in eine Reihe ehemaliger schwarz-gelber Spitzenpolitiker ein, die nach den Bundestagswahlen flugs in der Wirtschaft untergekommen sind: Dirk Niebel, der es vom Entwicklungshilfeminister zum Berater des Rüstungskonzerns Rheinmetall brachte, Ronald Pofalla, einst Chef des Bundeskanzleramts, soll ab 2015 für die bundeseigene Bahn AG tätig werden und Eckart von Klaeden, ehemaliger Staatsminister im Kanzleramt, ist nun Cheflobbyist der Daimler AG. Aber solche Wechsel sind beileibe keine Spezialität der bürgerlich-liberalen Parteien: Ex-Kanzler Schröder von der SPD beispielsweise arbeitet heute für den russischen Gaskonzern Gazprom.

Aber ist es wirklich skandalös, wenn Daniel Bahr für eine private Krankenversicherung arbeitet? Dass er während seiner Amtszeit einige Entscheidungen getroffen hat, die die PKV gestärkt haben, hat damals niemand verdächtig gefunden. Ließ es sich doch aus seiner allseits bekannten liberalen Grundeinstellung erklären – wie auch immer man diese beurteilen mag. Und dass ein gelernter Bankkaufmann und studierter Gesundheitsökonom bei einer Versicherungsgesellschaft arbeitet, wäre in anderen Zusammenhängen wenig bemerkenswert. Da Bahr immerhin ein Bundesministerium mit einem großen Beamtenapparat und mehreren unterstellten Instituten geleitet hat, kann man ihm wohl auch guten Gewissens Führungserfahrung attestieren. Soll er nun als Schalterbeamter bei der Volksbank arbeiten?

Wer fordert, dass der Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft verboten gehört, sollte kurz innehalten und überlegen, ob er wirklich nur Berufspolitiker möchte, die von ihren jeweiligen Fachgebieten höchstens theoretische Ahnung haben. Denn wer Fachleute auf politischen Spitzenämtern wie Staatssekretärs- und Ministerposten sehen will, der muss auch akzeptieren, dass diese nach ihrer Amtszeit wieder in ihrem Fachgebiet arbeiten.

Dr. Benjamin Wessinger

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