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Arzneimittel und Therapie
Ist Blutdruck wichtiger als Blutzucker?
Intensive Blutdruck-Kontrolle senkt das Mortalitätsrisiko, intensive Blutzucker-Kontrolle nicht
Herzinfarkt und Schlaganfall gelten als die häufigsten Todesursachen von Diabetes-Patienten. Den Folgen einer normnahen Glucosestoffwechseleinstellung auf makrovaskuläre Komplikationen (z.B. Myokardinfarkt, zerebraler Insult) und mikrovaskuläre (z.B. Nephropathie, Retinopathie) wird daher zunehmend ein hoher Stellenwert in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 eingeräumt. Die Hoffnung besteht darin, dass eine strikte Kontrolle von Blutzucker und Blutdruck am Anfang der Erkrankung sich noch viele Jahre später in einer besseren Prognose und weniger Komplikationen zeigt. Die ADVANCE-Studie (Action in Diabetes and Vascular disease: Preterax and Diamicron-MR Controlled Evaluation) wurde 2003 mit zwei Zielen gestartet. Zum einen wurden die Auswirkungen einer aggressiven HbA1c-Senkung auf makrovaskuläre Ereignisse untersucht. Zum anderen wurde der Wert einer antihypertensiven Therapie im Vergleich zu einer Standardtherapie untersucht. Insgesamt 11.140 Patienten wurden fünf Jahre lang behandelt und nachkontrolliert. Primäre Endpunkte waren nicht-tödlicher Myokardinfarkt, nicht-tödlicher zerebraler Insult sowie Tod kardiovaskulärer Ursache sowie das Auftreten einer Nephropathie und Retinopathie. Die intensive Blutglucose-Senkung erfolgte mit dem kurzwirksamen Sulfonylharnstoff Gliclazid, die intensive Blutdruck-Kontrolle mit einer Fixkombination des ACE-Hemmers Perindopril und dem Diuretikum Indapamid zusätzlich zur üblichen Basistherapie.
2008 wurde die Studie ausgewertet. Es zeigte sich, dass die Senkung des Blutdrucks mit einer signifikanten Reduktion des Todesrisikos um 14% einherging und das Risiko, an einem kardiovaskulären Ereignis zu versterben, um 18% sank. Die restriktive Kontrolle der Blutglucose-Spiegel reduzierte das Gesamtrisiko schwerer Komplikationen um 10%, wobei vor allem die Niere profitierte: Die Rate an Albuminurien wurde um 9% gesenkt, der Endpunkt „neue oder sich verschlechternde Nephropathie“ um 21%. Es gelang, den HbA1c-Wert auf durchschnittlich 6,5% zu senken (Kontrollgruppe 7,3%). Ähnlich positiv waren die Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Inzidenz von makrovaskulären Komplikationen ging in der ADVANCE-Studie um 6% zurück. Ob die therapeutischen Bemühungen auch langfristig einen Effekt haben, sollte in einem Follow up untersucht werden.
Blutdruck-Senkung hat langfristig positive Folgen
Dazu wurden 8494 Teilnehmer aus der abgeschlossenen ADVANCE-Studie in einer Verlängerungsphase (ADVANCE-ON-Studie) im Median 5,9 Jahre (Blutdruck-Kontrolle) bzw. 5,4 Jahre (Blutzucker-Kontrolle) weiter beobachtet. Die Teilnehmer beider Gruppen mussten sich nicht mehr an die Vorgaben aus dem Studienprotokoll halten. Konnte in den Jahren der intensiven Blutdruck-Kontrolle in der Perindopril-plus-Indapamid-Gruppe das Todesrisiko und das Risiko, an einer kardiovaskulären Ursache zu sterben, gesenkt werden, so zeigte die Auswertung im Follow up nach insgesamt 9,9 Jahren eine verringerte, aber immer noch signifikante Reduktion der Gesamtmortalität um 9% und der Todesfälle mit kardiovaskulärer Ursache um 12%.
Blutglucose-Senkung hat kaum langfristige Effekte
Anders war die Situation in den Blutzucker-Gruppen: Am Ende des Follow ups konnten keine signifikanten Effekte auf Mortalität oder makrovaskuläre Endpunkte (Schlaganfall und Herzinfarkt) beobachtet werden. Auch der kombinierte Endpunkt mikro- und makrovaskuläre Ereignisse konnte nicht durch die intensive Blutzucker-Kontrolle signifikant positiv beeinflusst werden. Nur beim Endpunkt „terminale Niereninsuffizienz“ profitierten die Teilnehmer noch zehn Jahre nach der intensiven Blutzucker-Kontrolle: Es kam seltener zur Niereninsuffizienz.
Quelle
Zoungas S et al. Follow-up of Blood-Pressure Lowering and Glucose Control in Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2014;371:1392–406
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