Arzneimittel und Therapie

Neuroprotektive Antidiabetika

Kausale Therapie bei Alzheimer in Sicht?

Nach einer neuen Studie könnte sich ein neuer Ansatz in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit abzeichnen, und zwar durch den Einsatz von Inkretin-Mimetika, die derzeit für die Behandlung des Typ-2-Diabetes zugelassen sind. Wissenschaftler an der britischen Lancaster University haben in einem Mausmodell für Lixisenatid (Lyxumia®) und Liraglutid (Victoza®) protektive Effekte durch den Schutz der Neuronen vor Verletzung oder Degeneration gezeigt.

In den Gehirnen von Alzheimer-Patienten ist die Insulin-Signalübertragung desensibilisiert. Die Desensibilisierung könnte eine Rolle bei der Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen spielen, da Insulin ein Wachstumsfaktor mit neuroprotektiven Eigenschaften ist. Die Forschergruppe von der Lancaster University hatte in früheren Studien bereits neuroprotektive Effekte des GLP-1-Rezeptor-Agonisten Liraglutid im Mausmodell gezeigt. Nun wurde auch Lixisenatid im gleichen Modell getestet und mit Liraglutid verglichen.

In der Studie wurden transgene APP/PS1-Mäuse verwendet. Sie exprimieren menschliche Gene, die Alzheimer verursachen. Die Gene wurden bei Menschen mit einer erblichen Form von Alzheimer gefunden. Die Mäuse waren in fortgeschrittenen Stadien der Neurodegeneration, das heißt, es hatten sich bereits Amyloid-Plaques gebildet. Sie bekamen zehn Wochen lang täglich intraperitoneale Injektionen von Liraglutid (2,5 oder 25 nmol/kg) bzw. Lixisenatid (1 oder 10 nmol/kg) oder Kochsalzlösung.

Im Rahmen der Studie beobachteten die Wissenschaftler die Mäuse bei der Lösung von Gedächtnisaufgaben und zeichneten die neuronale Kommunikation im Hippocampus auf, einem der ersten Bereiche des Gehirns, die bei Alzheimer geschädigt werden. Im Objekt-Wiedererkennungstest war die Leistung der APP/PS1-Mäuse durch beide Wirkstoffe in allen verwendeten Dosierungen verbessert.

GLP-1-Rezeptor-Agonisten schon niedrig dosiert wirksam

Synapsen sind von entscheidender Bedeutung für die Kommunikation zwischen Nervenzellen, und bei der Alzheimer-Krankheit gibt es erheblichen Verlust an Synapsen. Nach der chronischen Behandlung mit den GLP-1-Rezeptor-Agonisten war die Zahl an Synapsen nicht nur erhöht, auch ihre Funktion blieb erhalten, und sie waren noch in der Lage, Informationen zu kommunizieren. Die Analyse der synaptischen Plastizität im Hippocampus der APP/PS1-Mäuse zeigte eine starke Erhöhung der langandauernden Verstärkung der synaptischen Übertragung durch beide Wirkstoffe. Am wirksamsten war Lixisenatid in der Dosierung von 1 nmol/kg.

Auch die Belastung mit Amyloid-Plaques und Kongo-Rot-positiven Dense-core-Plaques in der Hirnrinde war durch beide in allen verwendeten Dosierungen reduziert, ebenso wie die chronische Entzündungsreaktionen.

Interessanterweise waren die niedrigeren Dosierungen ebenso wirksam wie die höheren, was darauf hindeutet, dass man bei neurodegenerativen Erkrankungen mit geringeren Dosierungen auskommen könnte als bei Typ-2-Diabetes. Die Wirksamkeit war für beide Peptide gleich, allerdings reichte für Lixisenatid bei einigen untersuchten Parametern schon die schwächere Dosis, um dieselbe Wirkung zu erzielen.

Liraglutid wird in der neuen Indikation bereits klinisch erprobt. Für Lixisenatid wird versucht, die notwendigen Mittel aufzubringen. Hölscher hat zusammen mit anderen Wissenschaftlern an der Universität Lancaster die Wohltätigkeitsorganisation Alzheimer und Parkinson-Trust NorthWest gegründet, um die Forschung zu finanzieren. Die Ergebnisse könnten schon in sehr naher Zukunft einen Wandel in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit mit sich bringen, hofft er, denn die Medikamente haben bereits eine Zulassung für die Anwendung am Menschen und sind auf dem Markt. 

Quelle

McClean PL, Hölscher C. Lixisenatide, a drug developed to treat type 2 diabetes, shows neuroprotective effects in a mouse model of Alzheimer‘s disease. Neuropharmacol 2014;86:241-258

Lancester University, Mitteilung vom 4. November 2014

 

Apothekerin Dr. Helga Blasius

 

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