Gesundheitspolitik

Schmidt: „Von der eigenen Inkonsequenz eingeholt“

Neujahrsgrüße aus der Jägerstraße – ABDA-Präsident will mehr Kompetenz und Entscheidungsfreiheit für Apotheker erreichen

BERLIN (lk) | ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat in seinem Neujahrsschreiben an die Mitgliedsorganisationen drängende Probleme angesprochen. Zur Substitutionsausschlussliste stellt er fest: „Hier holt uns die eigene Inkonsequenz aus der Vergangenheit ein.“

Die ABDA habe die Unterstützung dieses Projektes vor Jahren nach bestem Wissen und Gewissen, aber „durchaus auch unter dem Druck aus Teilen unserer Mitgliedschaft beschlossen“. Man habe darin ein mögliches Instrument zur fachlichen Bewältigung der Rabattverträge und für mehr Sicherheit vor Retaxationen gesehen. „Wenn dieselben Mitglieder heute teilweise fordern, die Liste einzustampfen, entbehrt dies nicht einer gewissen Ironie.“ Dies helfe aber nicht weiter, zumal das Problem der Retaxationen sich verschärft habe. Daher treffe auf das Projekt aus apothekerlicher Binnensicht das Wort von Benjamin Franklin zu: „Wer wesentliche Freiheit aufgibt, um ein bisschen vorübergehende Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.“

„Freiheit, Verantwortung und Vertrauen in die Gemeinwohlorientierung sind Eckpfeiler der freien Heilberufe. Wird dieses Vertrauen fortgesetzt infrage gestellt und durch eine übertriebene Überwachungs- und Kontrollmentalität zum Beispiel der Krankenkassen verdrängt, sind Listenmedizin und Dauerreglementierung die Folge“, so Schmidt. Die fachlich-ethisch begründete Einzelfallentscheidung gehe zum Nachteil des Patienten und der Versorgungsqualität verloren. Das sei der falsche Weg. „Unser zentrales Ziel ist es, mehr Kompetenz und Entscheidungsfreiheit für die Apothekerschaft und jeden einzelnen Berufsträger in der Praxis zu erreichen. Unser Ziel ist es auch, das Vertrauen in den freien Heilberuf des Apothekers durch eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten zu sichern und zu rechtfertigen.“

Zudem hätten in den letzten Wochen die Vorgänge um die angeblich gefälschten Zulassungsunterlagen einer Reihe generischer Arzneimittel in den Apotheken massive Probleme bereitet und Fragen nach dem richtigen Umgang mit solchen Situationen aufgeworfen. „Die letzten Wochen haben uns kräftig durchgerüttelt“, so Schmidts Resümee. Einmal mehr hätten die Apotheker unter Einsatz ihres persönlichen Vertrauens­potenzials bei den Patienten Schadensbegrenzung betreiben müssen – und das, „obwohl die dazu eigentlich notwendigen Hintergrundinformationen weder vollständig noch rechtzeitig zur Verfügung stehen konnten“. Schmidt: „Wenn breite Öffentlichkeit und Heilberufsorganisationen praktisch gleichzeitig über ruhende Zulassungen informiert werden, ist ein Rennen schon verloren.“ Den Apothekern vor Ort fehle der Informationsvorsprung, den sie brauchen, um die Verunsicherung der Patienten sofort wirksam abfangen zu können.

Drei Fragen zu klären

Drei Fragen müssten daher gestellt werden, so der ABDA-Präsident: Erstens die grundsätzliche Frage, wie Produktsicherheit unter den Bedingungen einer globalisierten Arzneimittelentwicklung und -produktion gewährleistet werden könne. Zweitens, ob bzw. wie die Zusammenarbeit der Arzneimittelaufsicht in Bund und Ländern mit den berufsständischen Organisationen der Apothekerschaft optimiert werden könne. Und drittens müsse geprüft werden, „ob unsere internen Instrumente, Ressourcen und Prozesse solchen neuen Herausforderungen gerecht werden“. Die beiden ersten Punkte werde die ABDA in einer Reihe anstehender Gespräche mit der politischen Spitze des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) thematisieren und auf Verbesserungen drängen. Dies stehe im Kontext einer allgemeinen Diskussion über bessere Beteiligungsmöglichkeiten der Apothekerschaft an den Steuerungs- und Überwachungsfunktionen des Gesundheitswesens. Wie im Perspektivpapier „Apotheke 2030“ beschrieben, gehe es um mehr Entscheidungsverantwortung für den Apothekerberuf und seine Organisationen. Zum dritten Punkt hätten die Geschäftsstellen von ABDA und Arzneimittelkommission bereits eine Analyse der Ereignisse vorgenommen. Deren Ergebnisse würden dem Geschäftsführenden Vorstand unterbreitet und könnten dann in den Gremien diskutiert werden.

2015 kein einfaches Jahr

2015 werde für die Apothekerschaft „kein einfaches“ Jahr werden. Die ABDA stehe im Wort, sich mit größtem Engagement für die Verbesserung der Honorarsituation einzusetzen. Die Voraussetzungen dafür seien nicht schlecht, „aber es gibt selbstverständlich keinerlei Erfolgsgarantie“. Daneben sei die ABDA verpflichtet, die Umsetzung des Perspektivpapiers voranzutreiben. Zum Abschluss folgt ein Appell an die Geschlossenheit: „All das schaffen wir, wenn wir fest zusammenstehen und uns auch in gelegentlich kritischen Situationen nicht auseinandertreiben lassen.“ |

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