Gesundheitspolitik

Erleichterungen für PUMAs

BPI: Situation für Kinderarzneimittel muss verbessert werden

BERLIN (ks) | Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – dies gilt auch im Hinblick auf die Arzneimitteltherapie. Schlicht die Dosis zu reduzieren, ist nicht der richtige Weg. Doch nur 39 Prozent der Arzneimittel, die Kindern verabreicht werden, sind auch für diese zugelassen. Im Krankenhaus sieht die Situation noch schlechter aus: Für 50 Prozent der dort bei Kindern eingesetzten Medikamente gebe es keine Daten zur Verträglichkeit und ­Sicherheit bei Kindern, sagt Dr. Martin Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Diese Situation ist unbefriedigend. Doch obwohl sich die EU bemüht, Anreize zu setzen, hält sich die Zahl neuer Kinderarzneimittel in engen Grenzen.

2007 wurde die Pediatric Use Marketing Authorisation (PUMA) von der EU geschaffen, eine besondere Zulassung für Kinderarzneimittel. Bislang gibt es aber erst zwei Arzneimittel, die eine solche haben. Die zweite betrifft ein neues Präparat, das in der frühen Nutzenbewertung kürzlich erstmals die Spitzenbewertung „erheblicher Zusatznutzen“ erhielt: Propranolol (Hemangiol®) zur Behandlung von Säuglingen mit proliferativen infantilen Hämangiomen (Blutschwämmchen).

Dass die Situation so bescheiden aussieht, liegt unter anderem daran, dass Studien mit Kindern nur schwer durchzuführen sind. Besonderer Bedarf an Arzneimitteln besteht vor allem bei Neugeborenen – doch welche Eltern lassen ohne Not zu, dass ihr Kind an einer klinischen Studie teilnimmt? Selbst wenn es krank ist und Hoffnung besteht, dass das zu testende Arzneimittel wirkt: Was ist, wenn das eigene Kind dann in die Placebo-Gruppe fällt? Laut einer Umfrage, die der BPI kürzlich zum Thema klinische Studien bei Kindern hat durchführen lassen, wären nur 20 Prozent der Eltern mit der Teilnahme ihres Kindes an einer klinischen Studie einverstanden.

Austausch als Hemmschuh

Aber es gibt auch andere Hemmnisse – nicht zuletzt der Austausch durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel, das allerdings keine pädiatrische Zulassung besitzt. „Fast in allen europäischen Ländern werden Arzneimittel ausgetauscht, nicht primär nach medizinischem Sachverstand, sondern oft vor allem unter dem Kostenaspekt beziehungsweise aus Angst vor Regresszahlungen“, so Zentgraf. Auch Rezepturarzneimittel sind unter Umständen eine kostengünstige Variante. „Aber den hohen Anforderungen an geprüfte Qualität, Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und vor allen Dingen auch die systematische Erfassung von Nebenwirkungen im Rahmen von Pharmakovigilanz-Systemen werden diese nicht gerecht“, meint der BPI-Vorstandsvorsitzende.

Forderungen des BPI

Der BPI hat daher einen Forderungskatalog aufgestellt, um die ­Bedingungen für Kinderarzneimittel zu verbessern. Unter anderem plädiert er dafür, dass ein PUMA-Arzneimittel – wie auch ein Orphan Drug – per se einen Zusatznutzen zugesprochen bekommt. Arzneimittel mit einer PUMA-Zulassung ­dürfen nach BPI-Auffassung ferner nicht in Festbetragsgruppen eingeordnet werden. Auch sollte, so es ein für Kinder zugelassenes Arzneimittel gibt, der Austausch gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ohne Zulassung für Kinder verboten sein. Ebenso müsse in diesem Fall der Einsatz von Rezepturarzneimitteln untersagt werden. Falls trotz einer zugelassenen Alternative ein ­Off-­label-Use stattfindet, sollte die Erstattung unterbleiben. |

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