Management

Gegen den Wind starten

Trotz unpopulärer Entscheidungen Fahrt gewinnen

Eine Veränderung steht an. Sie ahnen schon, dass diese vom Team nur mit Widerständen begrüßt werden wird. Wie unangenehm! Erleichternde Umstände und das gekonnte Überbringen der Nachricht sind gefragt.
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Mit dem richtigen Aufwind durchstarten sonst fallen notwendige Veränderungen in der ­Apotheke beim Team durch oder werden widerwillig umgesetzt. Es kommt auf die richtige Kommunikation zur passenden Zeit an.

Notwendige Umstrukturierungen rufen oft Widerstände seitens der Angestellten hervor. Sie befürchten Nachteile, malen sich die schlimmstmöglichen Folgen aus und wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine Neuerung. Eine Umstellung des Computersystems auf eines, das neu am Markt ist und das keine kennt, erweiterte Öffnungszeiten, die eine andere Einteilung der Arbeitszeiten er­fordern, die Kündigung einer beliebten Kollegin oder weitere Maßnahmen, die tief in die gewohnte Struktur eingreifen – ankündigen und durchführen kann man die große Änderung mehr oder weniger geschickt.

Die eigene Einstellung

Hat die Chefin* schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie nur an die Umstellung denkt? Dann ist es fast unmöglich, die Entscheidung positiv oder auch nur neutral zu verkünden. Wenn Ihnen selbst unwohl bei der neuen Idee ist, hinterfragen Sie Ihre Entscheidung und machen Sie sich gleichzeitig die Vorteile und die Verbesserungen klar, die für Ihren Betrieb in naher Zukunft entstehen. Bleibt das Unbehagen bestehen, setzen Sie sich tiefergehend mit den Gründen ­auseinander. Geht es bei Ihnen um Vermutungen, Tatsachen oder schlechte Erfahrungen mit ähn­lichen Situationen? Klären Sie das „innere Rumoren“, damit es nicht noch das Unbehagen der ­Angestellten verstärkt oder überhaupt erst weckt.

Letztlich zählt, was für die Apotheke am besten ist. Sie ernährt das Team und das hat Vorrang ­gegenüber allen untergeordneten Angelegenheiten.

* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.

Vorbereitung

Wann ist der beste Zeitpunkt, um das Team über die Neuerung zu informieren? Wir neigen dazu, unangenehme Dinge aufzuschieben. Wenn die Umstellung aber ohne Frist und Vorankündigung von heute auf morgen geschieht, produzieren Sie Frust, Überraschung und Unzufriedenheit. Wundern Sie sich nicht, wenn die Gruppe geschockt reagiert und das Ereignis einen Vertrauensbruch verursacht. Es kommt natürlich darauf an, wie stark die Neuerung in die gewohnten Verhältnisse eingreift und wie sehr man sich umgewöhnen muss. Frühzeitig mit offenen Karten zu spielen, produziert ­bessere Ergebnisse.

Laden Sie daher rechtzeitig alle Betroffenen zu einer Teamsitzung ein. Sorgen Sie für einen angenehmen Rahmen und genug Zeit für Fragen. Überlegen Sie sich, wie Sie in das Gespräch einsteigen wollen. Zahlen und Fakten sollten zur Hand sein, falls sie die Ursache für das Neue sind. ­Erstellen Sie sich bei Bedarf eine Gliederung, so haben Sie einen roten Faden, den Sie immer wieder aufnehmen können, wenn Sie unterbrochen werden.

Das Gespräch

„Das größte Ärgernis oder die größte Enttäuschung löse ich aus, wenn ich ...“ Beenden Sie im Stillen diesen Satz und malen Sie sich das Geschehen in allen Details aus! Nun verhalten Sie sich ganz einfach gegenteilig, um eine positive Reaktion zu erzielen.

Möchten Sie Ihren Ballon ungestört steigen lassen und Ihre Erklärungen in Ruhe ausführen oder sind Zwischenfragen, die ­naturgemäß sofort kommen und auch Interesse bedeuten, für Sie in Ordnung? Dann fordern Sie ­dazu auf.

Eine Diskussion ist ein positives Zeichen, das Team setzt sich dabei mit Fragen, Details und Ideen auseinander, Ängste und Missverständnisse werden offenbar und können ausgeräumt werden.

Eventuell können auch Experten, z. B. der Architekt bei einem ­Umbau, direkt am Treffen teil­nehmen.

Heftiger Widerstand kann schon entstehen, wenn Menschen zu träge sind sich umzustellen oder einen höheren Arbeitsaufwand befürchten. Ist ein vorübergehender Mehraufwand tatsächlich notwendig, stellen Sie eine befristete neue Kraft in Aussicht oder bieten Sie Ihren Teilzeitkräften für eine gewisse Zeit mehr Stunden als normal an. Auch die Sache an sich kann Abwehr hervorrufen, vielleicht bestehen Vorurteile oder schlechte Erfahrungen. Sie lassen sich mit „Sind Sie 100%ig sicher, dass es so geschehen wird und wir nicht damit umgehen können?“ beleuchten.

Sagen Sie in einfachen, klaren Worten, was los ist und reden Sie nicht um den heißen Brei herum. Kümmern Sie sich danach um emotionale Reaktionen. Ein früher Schreck ist meistens besser, als wenn Sie viel zu spät mit der Wahrheit herausrücken. Kann man sich mit Vorlauf auf etwas einstellen, entsteht eher ein „Ärmel-hochkrempeln-Effekt“. Be­gegnen Sie Mitarbeiterinnen, die Ihnen widersprechen, positiv: Sie sind ehrlich und legen die Karten auf den Tisch, anstatt hintenherum zu intrigieren. Zudem kann dem Widerstand ein kreatives ­Element liegen, das man herauskristallisiert, indem man bessere Vorschläge und Variationen ein­fordert – diese müssen nicht aus dem Stand heraus erfolgen, sondern vielleicht mit ein paar Tagen Überlegungsfrist.

Ein Sonderfall besteht, wenn es um die Schließung der Apotheke geht (siehe ausführlich AZ 2015, Nr. 26, Seite 6). Hier gibt es weder Diskussion noch Widerstand, eher Grabesstille und Tränen. Wichtig ist, sofort darauf hinzuweisen, dass die Abwicklung im Normalfall länger ­dauert und niemand von jetzt auf gleich auf der Straße steht.

Wie lange dauert die Teamsitzung? Wenn noch Bereitschaft da ist, klären Sie gemeinsam erste Details. Wer übernimmt welche Aufgaben, wie ist der Zeitrahmen gesteckt? Welche Vorarbeiten sind als Erstes fällig?

Wer entscheidet?

Bis zu welchem Punkt entscheiden Sie alleine? Bis zum fertigen Produkt? Oder laden Sie Ihre durchaus fähigen und ideenreichen Mitarbeiterinnen ein, sich an der Entwicklung zu beteiligen? Als Beispiel dient Ihr Wunsch nach einer einheitlichen Berufskleidung. Bisher haben einige im Team ohne Kittel, die anderen mit unterschiedlich geschnittenen ­Berufsmänteln gearbeitet. Geben Sie jetzt alles genau vor oder fordern Sie das Team auf, im Rahmen eines festgesetzten Budgets selbst zu entscheiden, sich untereinander zu einigen und Ihnen dann einen Vorschlag zu machen? Von hier aus suchen Sie gemeinsam weiter, probieren aus und finden einen Konsens. Wie reagieren Sie, wenn Ihre Mitarbeiterinnen die Einheitlichkeit darin ­finden, dass jede ihre private Kleidung trägt, also niemand ­Berufskleidung möchte?

Ein weiteres Beispiel aus der Praxis: Eine Apothekerin übernimmt einen Betrieb. Da sie nach außen hin Einheit und Teamgeist demonstrieren möchte und sich auch persönlich damit gut fühlt, verlangt sie von den Mitarbeiterinnen, dass sich alle duzen. Für einige ist das vollkommen in Ordnung. Andere empfinden diese Vorgabe als starke Grenzverletzung, sie weigern sich, nach außen eine Nähe vorzutäuschen, die für sie absolut nicht vorhanden ist. Hier besteht Gesprächsbedarf, natürlich kann man niemanden zum Duzen zwingen. Die Chefin verdeutlicht noch einmal ihre Gründe und bietet den Mitarbeiterinnen, denen das „Du“ noch schwerfällt, eine Gewöhnungszeit an. Entweder stellt sich Vertrauen und Nähe ein, dann schwenken die Letzten von sich aus zu gegebener Zeit auf das „Du“ um, oder man gelangt nicht auf die gleiche Wellenlänge. Dann gerät das Duzen in den Hintergrund, Klärung und Auseinandersetzung stehen im Vordergrund. Dies ist ein ­typisches Beispiel dafür, dass die Chefin zu früh und ohne eine Rückmeldung abzufragen, entschieden hat.

Der Coach Kai-Jürgen Lietz bemerkt: „Die Erfahrung lehrt, dass es sehr viel einfacher ist, von einer Entscheidung potenziell Betroffene im Vorfeld für die Sache zu gewinnen, als wenn die Entscheidung bereits gefallen ist.“ Vorher stehen noch alle auf einer Seite, zu einem späten Zeitpunkt stehen sie sich gegenüber. Falls die Sache Ihre alleinige Entscheidung fordert, machen Sie die Mitarbeiterinnen zu Beteiligten, indem Sie sich in einzelnen Fragen Rat holen und verdeutlichen, dass Sie die Ideen und die Erfahrungen Ihres Teams schätzen.

Literatur

Boris Grundl:

Mach mich glücklich: Wie Sie das bekommen, was ­jeder ­ will.

Econ Verlag 2014

ISBN 978-3-430-20178-0






Kai-Jürgen Lietz:

Das Entscheider-Buch – 15 Entscheidungsfallen und wie man sie vermeidet.Hanser-Verlag 2007 E-Book

ISBN 978-3-446-41476-1






Zu beziehen über den Deutschen Apotheker Verlag (Telefon (07 11) 25 82-3 41, Fax (07 11) 25 82-2 90, E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de)

Testzeit erleichtert die Umsetzung

Die Umsetzung erfolgt nach bester Vorbereitung. Beziehen Sie alle mit ein, keine sollte sich ausgeschlossen fühlen. Falls immer mal wieder Bedenken auftauchen, stellen Sie eine Testzeit von drei Monaten oder mehr in Aussicht. Wenn eine Neuerung nicht endgültig ist, kann man seine Aver­sionen eher zurückstellen und erst einmal abwarten.

Heutzutage haben viele von uns den Anspruch, dass Arbeit immer Spaß bringen muss, viele Angestellte wollen permanente Motivation und Anerkennung auch für ganz selbstverständliche Tätigkeiten. Der Unternehmer und Führungsexperte Boris Grundl meint, man solle nur dort loben, wo es wirklich angebracht ist, und ebenso kritisieren. Wenn wir uns weiterentwickeln wollen, brauchen wir auch Kritik, die ­natürlich anregend „überreicht“ werden sollte. Menschen müssen Motivation auch bei sich selbst ­erzeugen, indem sie sich intensiv einer Aufgabe widmen. Das können wir unabhängig vom konkreten Anlass erleichtern. Grundl: „Das Unternehmen sollte es dem Mitarbeiter einfach machen, sich zu identifizieren. Indem es für angenehme Rahmenbedingungen sorgt, damit der Mitarbeiter seinen Job gut machen kann.“

Was bedeutet das im Zusammenhang mit Ihrem Vorhaben? Etablieren Sie zeitnah die Dinge, die die Umstellung fördern, und tragen Sie damit zur Akzeptanz Ihrer zunächst unpopulären ­Entscheidung bei. |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist PTA und Diplom-Pädagogin für Erwachsene. Sie ist Seminar­trainerin im Bereich Kommunikation mit Spezialisierung auf Heilberufler, www.kommed-coaching.de, info@kommed-coaching.de


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