Wirtschaft

Kaum Verdienst bei Grippeimpfung

Schweizer Apotheker: Nutzen für die Kundenbeziehung, aber hohe Anforderungen

cha | In der Schweiz können Apotheken neuerdings unter anderem auch die Grippeimpfung anbieten. Pünktlich zum Start der Impfsaison berichtete die kostenlose Pendlerzeitung „20 Minuten“ über die neue Apothekendienstleistung – und entfachte eine heftige Leserdiskussion.

„20 Minuten“ berichtet, dass 327 Apotheker den Fähigkeitsausweis erworben hätten und sich weitere 367 in Ausbildung befänden, wobei sich diese Zahlen laut dem Schweizerischen Apothekerverband Pharmasuisse derzeit laufend erhöhen. Verlangt werden für eine Impfung etwa 30 bis 40 Franken – was ungefähr den Kosten beim Arzt entspricht. Laut „20 Minuten“ lohne sich dies kaum, da die Ausbildung koste, dazu kämen 120 Franken für die Bewilligung in Zürich sowie Aufwendungen für die Infrastruktur. Dass dennoch so viele Apotheker die Gelegenheit ergriffen haben sei, so der Präsident des Berner Apothekerverbands Michele Bordoni, „reiner Enthusiasmus und das Bedürfnis, sich weiterzubilden“.

Thomas Kurz, Vizepräsident des Solothurner Apothekervereins, beklagt, dass die Anforderungen eine zu hohe Hürde seien: „Die Ausbildung ist aufwendig und muss nach zwei Jahren wieder aufgefrischt werden.“ Für den Präsidenten des Zürcher Apothekerverbands Lorenz Schmid ist unverständlich, dass die Apotheker sich für den Fall eines anaphylaktischen Schocks ausbilden müssen: „Den kann es theoretisch auch bei der Einnahme von Aspirin geben und kein Apotheker hat dafür jemals einen Kurs absolvieren müssen.“

Bemerkenswert ist, welches Ausmaß die Leserdiskussion in der ­Onlineausgabe von „20 Minuten“ erreichte. In über 200 Beiträgen wurde sowohl generell über den Sinn der Grippeimpfung diskutiert als auch über das neue Angebot der Apotheker. Dabei gingen die Meinungen erheblich auseinander – während mehrfach auf die Qualifikation der Apotheker hingewiesen wurde, unterstellte ein Leser, dass die Apotheker demnächst auch noch ambulante Chirurgie anbieten würden: „Hauptsache die Marge stimmt.“ Auch an den oben zitierten „reinen Enthusiasmus“ wollten nicht alle Leser glauben, einer schrieb: „Jeder ‚Impfkunde‘, der eine Apotheke betritt, kauft unter Umständen noch Kosmetika, Pflaster etc. Somit durchwegs rentabel.“

Kein Termin, keine Wartezeit

Von einem neuen Geschäftsfeld will aber auch Pharmasuisse-Präsident Fabian Vaucher im Verbandsorgan Pharmajournal nicht sprechen; beim Impfen stehe nicht der wirtschaftliche Gewinn an oberster Stelle, sondern die Beziehung zum Kunden: „Die Nähe ­zwischen Apotheker und Kunden, wie sie der Impfprozess mit sich bringt, ist eine Chance, Vertrauen zu generieren, Kompetenz zu beweisen und sich als Anlaufstelle bei anderen gesundheitlichen Fragen zu positionieren.“ Diese neu zugelassene Dienstleistung richte sich primär an jene Kunden, die sich bewusst impfen lassen wollten, aber ohne Terminvereinbarung und Wartezeit in der Arztpraxis. Darüber hinaus werde sich das Impfangebot in der Apotheke auch auf die Durchimpfungsrate positiv auswirken, die Hausärzte entlasten und zur Eindämmung der Kostenexplosion im Gesundheitswesen beitragen.

Grundsätzlich bezahlen die Schweizer Krankenversicherungen Grippeimpfungen nur für ­Risikopatienten z. B. über 65 Jahre oder mit Grunderkrankungen, ­wobei in der Praxis die Kosten oft auch für andere Patienten übernommen bzw. durch Zusatzversicherungen abgedeckt werden. In der Apotheke dürfen ohnehin nur gesunde Patienten zwischen 16 und 65 Jahren geimpft werden; ob für diese Gruppe eine Kostenübernahme der Apotheken-Impfung beispielsweise durch Zusatzver­sicherungen möglich ist, wird derzeit zwischen Pharmasuisse und Krankenversicherungen geklärt. |

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