Gesundheitspolitik

Kontroverse Diskussion um Medikationsplan

Präzisierungen an Gröhes Vorschlägen zum eHealth-Gesetz gefordert

BERLIN (lk) | Im Vorfeld der für den 25. Februar angesetzten Verbändeanhörung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) zum geplanten eHealth-Gesetz hat sich eine vielstimmige Diskussion um den darin enthaltenen Medikationsplan entwickelt. Die ABDA fordert eine wichtigere Rolle für die Apotheker. Die Ärzte verlangen Klarstellungen zum Inhalt des Medikationsplanes und sehen sich nicht zu einer Aktualisierung der Praxissoftware im 14-Tage-Rhythmus in der Lage. Die Verbraucherschützer wünschen sich eine eigenständigere Rolle der Patienten.

Die Ärzteschaft hat ihre ausführliche Kritik bereits auf 51 Seiten zu Papier gebracht. Die ABDA gibt sich noch zurückhaltender. Zwar wurde die schriftliche Stellungnahme bereits ans BMG geschickt, sie wird aber vorab nicht veröffentlicht. Laut ABDA-Sprecher Reiner Kern fokussiert diese sich darauf, dass „die Einbeziehung und Rolle des Apothekers bei der Erstellung des Medikationsplanes besser verankert werden muss“. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Daten zur Selbstmedikation. Zweitens drängt die ABDA darauf, dass eine Medikationsanalyse integraler Bestandteil des Medikationsplanes sein muss. Und nicht zuletzt müsse in diesem Kontext die Kooperation aller Beteiligten und deren Vergütung genauer geregelt werden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßt ebenso wie die Bundesärztekammer grundsätzlich die geplante Einführung eines verbindlichen Medikationsplanes. Allerdings fordert die KBV in ihrer 32-seitigen Stellungnahme neben Klarstellungen eine deutliche Erhöhung der Honorierung.

KBV will Medikationsplan eingrenzen

Eingrenzen will die KBV den Anspruch auf den Medikationsplan auf GKV-Versicherte. In Bezug auf die zu dokumentierenden Arzneimittel sei zudem klarzustellen, dass der Hausarzt nur verpflichtet sei, Arzneimittel zu dokumentieren, von denen er Kenntnis habe und deren Dokumentation durch den Patienten gewollt sei. Bezüglich der Dokumentation von OTC-Arzneimitteln dürfe der Anspruch nur für solche Medikamente bestehen, die aus ärztlicher Sicht relevant für die Gesamtmedikation seien. Klargestellt werden müsse, dass ein Austausch des Arzneimittels durch den Apotheker aufgrund von Rabattverträgen oder sonstigen rechtlichen Regelungen keine Änderung der Medikation darstelle, die durch den Hausarzt zu dokumentieren sei.

Absage an schnellere Software-Aktualisierung

Abgelehnt wird von der KBV eine gesetzliche Festlegung zur Aktualität der Arzneimitteldaten in der Praxissoftware. „Diese ist nicht umsetzbar“, so die KBV. In der großen Mehrzahl der Arztpraxen werde die Software heute quartalsweise durch Versand und Einspielen eines Datenträgers alle drei Monate aktualisiert.

Für eine 14-tägige Aktualisierung, wie sie in Apotheken üblich ist, veranschlagt die KBV einen zeitlichen Mehraufwand von 2,5 Stunden im Quartal pro Praxis: „Gerade für Praxen, die nur in geringem Umfang Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnen, ist ein derart hoher Aufwand nicht vertretbar.“ Sollte der Gesetzgeber dennoch an dieser für die Arztpraxen mit hohem Aufwand verbundenen und derzeit nicht praktikablen Regelung festhalten, müsse eine adäquate Finanzierung vorgesehen werden.

Die Bundesärztekammer (BÄK) und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft erklären in ihrer 21-seitigen Stellungnahme, die Verpflichtung auf einen einheitlichen strukturierten Medikationsplan solle sich „am ehesten an die Softwarehersteller von Informationssystemen im Gesundheitswesen richten“. Denn es bestehe noch für viele Anwender aufgrund der Geschäftspolitik der Anbieter eine Hürde hinsichtlich der Erstellung, Aktualisierbarkeit und Austauschbarkeit von Medikationsdaten.

BÄK wünscht Klarstellungen

Weiterhin fehlt der BÄK eine Klarstellung, ob bei der Anzahl der Arzneimittel nur für verschreibungspflichtige, zulasten der GKV verordnete Arzneimittel gemeint sind, oder ob hierzu auch die Selbstmedikation des Patienten gezählt wird. Unklar sei auch, ob nur in der Dauertherapie angewendete Arzneimittel berücksichtigt werden. Die Festlegung einer Anzahl von fünf oder mehr Arzneimitteln als Voraussetzung für die Erstellung eines Medikationsplans hält die BÄK für „inhaltlich nicht begründbar“. Auch bei weniger als fünf gleichzeitig verordneten Arzneimitteln könnten vermeidbare Risiken bestehen. Die genannte Festlegung könne dazu führen, dass dem Patienten ein Medikationsplan vorenthalten werde. Laut BÄK sollte der Medikationsplan für über 75-jährige Patienten mit mindestens einer Dauermedikation, für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder Lebererkrankung mit Dauermedikation erstellt werden und für alle Patienten mit drei und mehr in Dauermedikationen.

Außerdem will die BÄK den Apothekern mehr Verantwortung übertragen. Es sei vorzusehen, „dass Selbstmedikationen, die die Patienten in der Regel ohne Kenntnis des Arztes und häufig auch nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einem Arztbesuch erwerben, vom Apotheker in den Medikationsplan eingepflegt werden“.

Verbraucherschützer: Wahlrecht für Patienten

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das neue eHealth-Gesetz. Der Entwurf geht ihm jedoch nicht weit genug. Beim Medikationsplan fordert er ein Wahlrecht der Patienten zwischen Arzt und Apotheker. Problematisch sei, dass nicht der Patient selbst entscheidet, wer den Medikationsplan für ihn anlege. Viele Patienten hätten keinen Hausarzt mehr oder wollten möglicherweise einen anderen Arzt oder „ihren Apotheker mit der Erstellung des Medikationsplans betrauen“. Der Patient müsse selbst entscheiden können, „wem er vertraut und welche Leistungserbringer ihn unterstützen sollen“, so der vzbv.

Keine Eile im BMG

Bei der nun anstehenden Anhörung zum Gesetzentwurf können die geladenen Verbände ihre teilweise bereits öffentlich gemachten Ansichten und Forderungen zu Protokoll geben. Mit der Auswertung will sich Gröhes Beamten­apparat offenbar Zeit lassen. Bis ­Ende Juni werde man das Gesetz dem Kabinett vorlegen, ist aus dem Ministerium zu hören. |

Foto: AZ/Schelbert

Medikationsplan in der Diskussion Unter anderem wird eine wichtigere Rolle für den Apotheker und ein Wahlrecht für den Patienten – Medikationsplan vom Apotheker oder Arzt – gefordert.

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