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INTERPHARM 2015 – POP
Der Zug nimmt Fahrt auf
POP-Symposium weist Wege für Medikationsanalyse und -management
Zunächst stellte Olaf Rose die Entwicklungen der letzten 12 Monate auf dem Gebiet des Medikationsmanagements vor. Hierzu zählt insbesondere das Perspektivpapier der ABDA, worin Rose ein klares Bekenntnis zum Wandel der Pharmazie sieht. Bezüglich der Ausbildung zum Thema Medikationsmanagement habe sich auf offizieller Schiene leider nicht viel getan. Neu sei lediglich eine geplante achtstündige Fortbildung im Rahmen eines noch nicht veröffentlichten Curriculums der Bundesapothekerkammer. Verträge mit Krankenkassen, wie bei ARMIN oder dem TK-Arzneimittelcoach sollten die Apotheker aufrütteln. Hier können sie zeigen, was sie können, damit nicht andere Interessengruppen das Thema besetzen. Enttäuschend ist in diesem Zusammenhang für Rose, dass es in der PHARM-CHF-Studie nicht gelungen ist, die geplant hohe Studienteilnehmerzahl zu rekrutieren. Die weit unter den Anforderungen zurückgebliebene Zahl wird wohl nach Ansicht Roses nicht mehr dazu dienen, belastbare Daten zu liefern.
Interprofessionalität ein Muss
Andere Studien, wie die Apo-AMTS-Studie und die WestGem-Studie konnten dagegen in ihren vorläufigen Ergebnissen zeigen, dass viele arzneimittelbezogene Probleme (ABP) durch Apotheker identifiziert und vorgeschlagene Interventionen zu einem Großteil von Ärzten übernommen werden. Ein wichtiges Ergebnis der WestGem-Studie sei, dass Ärzte von durchschnittlich vier bis fünf eingenommenen Präparaten pro Patient keine Kenntnis hatten, eine wertvolle Information, die durch die Analyse des Apothekers zusammengetragen wurde. Dies zeige aus Sicht von Rose, dass eine Profession alleine kein Medikationsmanagement durchführen kann.
Stichtag 1.10.2016: der Medikationsplan kommt!
Flächendeckend müssen Heilberufler ab dem 1. Oktober 2016, dem Start des E-Health-Gesetzes, Patienten mit fünf und mehr Arzneimitteln den bundeseinheitlichen Medikationsplan anbieten. Der Medikationsplan bietet aus Sicht von Rose einen wichtigen Aufhänger für das Medikationsgespräch mit dem Patienten und würde Arzt und Apotheker zur Zusammenarbeit zwingen. Daher sieht Rose in diesem Datum das Datum für den Wandel der Pharmazie. Ein Wandel, der voll informiert und motiviert angegangen werden sollte und nicht „verpennt“ werden dürfte.
Von 0 auf 100 - aber mit Bedacht
Im folgenden Vortrag stellte Apotheker Christian Schulz, nach eigenen Angaben seit dem ersten POP-Fall der DAZ mit dem „Medikationsmanagement-Virus“ infiziert, seine umfassenden praktischen Erfahrungen vor. Er rief dazu auf, jetzt mit dem Einstieg in die Thematik zu beginnen, warnte aber davor, zu überhastet zu agieren („Machen Sie langsam und nehmen Sie dann Fahrt auf!“). Man sollte zunächst seine eigenen Ziele klären, weshalb man ein Medikationsmanagement in der Apotheke anbieten möchte. Doch wie kann man beginnen, wenn die Entscheidung für das Medikationsmanagement getroffen ist? Christian Schulz begann selbst mit Teamschulungen und holte sich hierfür Input aus Patientenleitlinien und den POP-Fällen, welche er von Pharmazeuten im Praktikum aufbereiten und in der Teamschulung vorstellen ließ. Für den ersten richtigen Patientenfall sollte man wohlüberlegt, strukturiert und entsprechend der eigenen Fähigkeiten und Ressourcen vorgehen und ein vertrautes Krankheitsbild wählen. Um mit einem Erfolgserlebnis zu beginnen, sollte man einen sympathischen Stammkunden persönlich ansprechen und den Nutzen für den Patienten in den Vordergrund stellen. Bei heimversorgenden Apotheken biete sich ein Alternativzugang in die Thematik Medikationsanalyse, die Lösung von ABP würde hier zur Minderung des Pflegeaufwands aufgrund besser verträglicher Therapien, Vermeidung von Stürzen und Inkontinenz beitragen. Apotheker Schulz sieht ferner in der Vernetzung mit Ärzten und im Aufbau von Strukturen einen essenziellen Bestandteil des Medikationsmanagements. Ärzte müssten vom Nutzen der Zusammenarbeit zunächst überzeugt und Bedenken und Unklarheiten aus dem Weg geräumt werden. Schulz empfahl, klare Kommunikationsvereinbarungen zu treffen und Ärzten bei der Besprechung von ABP immer eine Option zu lassen sowie einen Lösungsvorschlag parat zu haben. Zum Abschluss veranschaulichte der Referent, dass gegenseitiges Feedback und Optimierungsschleifen innerhalb des Teams, sowie eine kontinuierliche Aus-, Fort- und Weiterbildung der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg sind.
„Von jeder Apotheke zu leisten“
Eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der Berufspolitik (ABDA-Präsident Friedemann Schmidt), der Universität (Professor Dr. Ulrich Jaehde, Universität Bonn) und der Offizinapotheker (Olaf Rose) bildete den Abschluss des POP-Symposiums. Schmidt sieht im Medikationsmanagement die Versinnbildlichung der Weiterentwicklung des Berufsstands, die mit einer Erschließung neuer Kompetenzen und einer Erweiterung der Verantwortung über das Bisherige hinaus einhergehe. Aus seiner Sicht kann eine Medikationsanalyse/ein Medikationsmanagement von jeder Apotheke in Deutschland geleistet werden. Schmidt betonte, dass die ABDA hierzu mit Fortbildungen fit machen will, Modellprojekte koordiniere und die Kooperation mit Ärzten fördere.
„Die Zukunftsperspektive“
Professor Jaehde stellte in zehn anschaulichen Thesen fest, dass es sich beim Medikationsmanagement nicht um einen Trend, sondern um grundlegende Veränderungen in der Pharmazie handele, die die Gestaltung und Sicherung der Zukunft der Apotheker maßgeblich beeinflussen werden. Es sei die entscheidende Zukunftsperspektive für die öffentliche Apotheke.Eine immer wiederkehrende Forderung, die Aktualisierung der Ausbildungsinhalte, respektive Novellierung der Apothekenbetriebsordnung, sei erforderlich, könne aus seiner Sicht jedoch Jahre in Anspruch nehmen. Deshalb sollten die wissenschaftlichen und methodischen Grundlagen des Medikationsmanagements in angemessenem Umfang und in praktischen Übungen bereits jetzt an den Universitäten gelehrt werden. Apotheker Rose wäre gerne schon auf dem im Perspektivpapier anvisierten Stand des Jahres 2030, pharmaceutical care mit Medikationsplan, -analyse und -management würde die Regelversorgung darstellen.
„Approbationsordnung ändern!“
Auf die Frage von DAZ-Chefredakteurin Dr. Doris Uhl, ob man nun einfach loslegen sollte, gab Olaf Rose zu Bedenken, dass man dabei ins offene Messer laufen könnte, etwa wenn man Therapiepläne komplett umändern würde. Er empfahl, mit der Analyse von AMTS-Aspekten (Doppelverordnungen, Überprüfung von Dosierungsintervallen, Adhärenz) zu beginnen, für die Analyse weiterer therapierelevanter Aspekte sei jedoch eine fundierte Ausbildung erforderlich. Eine Änderung der Approbationsordnung ist für Rose unabdingbar. Die Ausbildung in klinischer Pharmazie und Pharmakotherapie müsse intensiviert werden. Auf Nachfrage aus dem Publikum konnte Prof. Jaehde hierzu ergänzen, dass der Aufbau eines berufsbegleitenden Masterstudiengangs AMTS an der Universität Bonn geplant ist. Jaehde wünschte sich zudem mehr Forschungsprojekte mit Apothekenbeteiligung, um Daten für die politische Argumentation zu erhalten. |
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