Prisma

Antibiotikum aus Knoblauch und Ochsengalle

Altenglische Rezeptur präklinisch getestet

cae | Ein frühmittelalterliches Augenwasser erwies sich reproduzierbar als hocheffektives Antibiotikum. Jetzt rätseln die Forscher, was die eigentliche Wirksubstanz ist.
Foto: Mara Zemgaliete - Fotolia.com

Ein enzymatisch veränderterInhaltsstoff des Knoblauchs vernichtet Problemkeime.

In „Bald’s Leechbook“ aus dem 9. Jahrhundert, das in der British Library verwahrt wird und in seiner Bedeutung mit dem Lorscher Arzneibuch vergleichbar ist, steht ein Rezept für eine Augensalbe, die kürzlich von Wissenschaftlern in Nottingham originalgetreu zubereitet und danach in vitro und an Mäusen getestet wurde. Die Rezeptur enthält die Zutaten Knoblauch, Lauch (oder Küchenzwiebel), Wein und Ochsengalle. Die pflanzlichen Zutaten werden zerstoßen, mit Wein und Ochsengalle vermischt und dann neun Tage lang in einem Kupfergefäß mazeriert. Anschließend wird die Flüssigkeit durch ein Tuch passiert und gereinigt.

Eine Mikrobiologin testete sowohl diese Rezeptur als auch drei Zubereitungen mit jeweils nur einer pflanzlichen Zutat in vitro (an „künstlichen Wunden“) bezüglich ihrer Wirkung auf Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Dabei tötete die Originalrezeptur 99,9 Prozent der MRSA, ­während die Effekte der anderen Zubereitungen kaum messbar waren. In einer zweiten Versuchsreihe wurden Verdünnungen der Rezeptur getestet. Dabei zeigte sich, dass Verdünnungen, die nicht mehr MRSA-toxisch waren, dennoch das Quorum sensing der Bakterien blockierten, einen Mechanismus, der die Genexpression der Bakterien steuert und wesentlich zu ihrer Virulenz beiträgt.

Später testete eine Mikrobiologin in ­Texas die Rezeptur an Mäusen, denen sie MRSA-infizierte Wunden beigebracht hatte. Dabei erwies sich die ­Rezeptur gegenüber sämtlichen chemisch-synthetischen Antibiotika, die sie zuvor getestet hatte, als gleichwertig oder überlegen.

Über die eigentliche Wirksubstanz herrscht noch Ungewissheit. Sicher wird sie während der Mazeration durch Enzyme der Ochsengalle gebildet, wobei Inhaltsstoffe sowohl des Knoblauchs als auch einer der beiden anderen Allium-Arten vorhanden sein müssen. |

Quelle: Ein Augenheilmittel aus dem Mittelalter gegen Multiresistenz; http://welterbe-klostermedizin.de, 31. 03. 2015 (dort Quellen und Blogs)

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2 Kommentare

Zur Sicherheit:

von Clemens Oleschinski am 07.01.2020 um 13:49 Uhr

In der zweiten Variante (innerlich) war natürlich kein Cu (im Glas angesetzt, besonders zu Beginn muss öfter (und dann immer wieder) geschüttelt werden, da alle Inhaltsstoffe eine Tendenz haben, oben zu schwimmen und sonst mit dem ersten Löffel weg sind).

100ml, in diesem Ansatz waren dann 2x500mg Ox Bile (2 Kapseln) enthalten

Und natürlich macht das jeder - wenn überhaupt - auf eigene Verantwortung nach, Arzt oder auch nur ansatzweise kundig auf diesem Gebiet bin ich nicht!

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Wirkmechanismus

von Clemens Oleschinski am 07.01.2020 um 10:57 Uhr

>>Über die eigentliche Wirksubstanz herrscht noch Ungewissheit. Sicher wird sie während der Mazeration durch Enzyme der Ochsengalle gebildet, wobei Inhaltsstoffe sowohl des Knoblauchs als auch einer der beiden anderen Allium-Arten vorhanden sein müssen<<

Eine andere bzw. ergänzende Vermutung ist vielleicht auch plausibel: die Ochsengalle, in der Malerei ein Benetzungsmittel, wirkt direkt auf die Erreger, oder sowohl während der Mazeration, vielleicht als Lösungsmittel, als auch bei der Behandlung.

Ox Bile gibt es in Pulverform (in Kapseln) als Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen, die hier beschriebene Rezeptur im Kupfergefäss angesetzt (mit der Abwandlung, dass statt Wein 40%ger Wodka verwendet wurde), wird giftig kupfergrün, wahrscheinlich also stark Cu-haltig.

Eine Variation, bestehend aus Knoblauchpulver, Kurkumapulver, Ochsengalle (zu gleichen Teilen) plus einer Prise gemahlenen schwarze Pfeffers, in Wodka angesetzt und dann mit einem handelsüblichen Hustensaft-Spitzwegerichextrakt aufgefüllt (ca. ¾ Hustensaft, ¼ Eigenmischung) hat, unregelmäßig, dann aber mehrmals täglich, in meinem Fall einen sehr hartnäckigen, monatelang nicht vertreibbaren Husten kuriert.

Interessant dabei: die sozusagen von innen betrachtete Reaktion ähnelte fast ununterscheidbar der, die sich bei der jährlichen Grippeimpfung einstellt, ein Gefühl, dass das Immunsystem „hochfährt“.

So ein, noch dazu doppelt abgewandelter, Selbstversuch ist natürlich nicht sehr aussagekräftig, vieles deutet auf einen Placeboeffekt (‚selbst so einen schlimmen Husten in den Griff bekommen‘), andererseits glaube ich, es wäre interessant, der These nachzugehen, dass die Ochsengalle insofern als „Booster“ wirkt, als dass sie die Erreger „enttarnt“, durch das Immunsystem angreifbar macht – immer wieder liest man von Biofilmen, durch die sich Bakterien schützen, kann, wenn mal was verschimmelt, beobachten, wie sich ein Rasen bildet, auf dem Wasser wie beim Lotus-Effekt abperlt: womöglich setzt das Benetzungsmittel Ochsengalle ja (auch) hier an.

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