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Arzneimittel und Therapie
Calcium-Supplemente: „Empfehlungen nicht infrage gestellt!“
Eine Stellungnahme der Firma Sandoz/Hexal, Holzkirchen
Die kürzlich im BMJ veröffentlichten Studien von Bolland et al. [1] und Tai et al. [2] verändern die Empfehlungslage für Calcium und Vitamin D bisher nicht. Sie sind studientheoretisch hochinteressant. Gleichzeitig zeigen sie aber, wie schwierig es ist, randomisierte Kontrollstudien und Beobachtungsstudien mit unterschiedlichen primären Endpunkten (hier Gesamtfrakturen sowie Frakturen der Hüfte, Wirbel und Unterarm, aber auch Knochendichte, biochemische Laborwerte, Stürze u. a.) zu einer Studie zusammenzufassen. Die Autoren beschreiben die Limitationen dieses Vorgehens sehr solide. Vor diesem Hintergrund sind die Publikationen als ein neuer Beitrag in der allgemeinen Studienlage zu werten, nicht aber als ein Endergebnis. Bereits bestehende fokussiertere Vorstudien und Metastudien sowie darauf basierende Empfehlungen von Fachinstitutionen sind damit nicht infrage gestellt.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Dachverband Osteologie (DVO) empfehlen eine Zufuhr von 1000 mg Calcium und 800 bzw. 800 – 1000 I.E. Vitamin D pro Tag [3, 4]. Die aktuelle DVO-Leitlinie empfiehlt Supplemente nur, wenn die Aufnahme des Nahrungscalciums bzw. die Sonnenlichtkonzentration zu gering ist. Laut Nationaler Verzehrsstudie (NVS) [5] erreichen 55% der Frauen und 46% der Männer keine ausreichende Calcium-Versorgung mit normaler Ernährung. Frauen von 51 bis 64 Jahren nehmen im Durchschnitt 726 mg Calcium pro Tag auf, von 65 bis 80 Jahren nur 683 mg pro Tag [6]. Auch Vitamin D gehört zu den kritischen Nährstoffen in Deutschland, denn der von den medizinischen Fachgesellschaften empfohlene Vitamin-D-Spiegel von ganzjährig mindestens 50 nmol/l wird vom Großteil der Bevölkerung nicht erreicht [7].
Empfehlungen werden auf Basis vieler Studien und Erfahrungen erstellt, immer wieder aktualisiert und ein konkreter Lebensstil-Rahmen definiert, in dem sie Evidenz haben. Die Studien von Bolland et al. und Tai et al. können aufgrund der ausgewählten Studienkollektive nur für Gesunde gelten, sowie für solche, die ein allgemeines Osteoporose-Risiko haben. Dabei ist zu bedenken, dass es sehr viele (weitere) unterschiedliche Risikogruppen für Osteoporose gibt, zu denen die Studien keine Aussagen machen (z. B. andere Vorerkrankungen, medikamentöse Therapie, Sonnenlichtexposition, Rauchen, BMI). Nur 11 der ausgewählten 50 Kohortenstudien berücksichtigen Calcium-Supplemente überhaupt. Zudem werden in den randomisierten Kontrollstudien Personen innerhalb eines begrenzten kurzen Zeitraums (12 Monate – 7 Jahre) und mit Calcium-Supplementierungen von 500 - 1600 mg/Tag bewertet. Dass im statistischen Endergebnis der randomisierten Kontrollstudien trotzdem ein um 11 bzw. 14% reduziertes Risiko für Gesamtfrakturen bzw. vertebrale Frakturen im Zusammenhang mit Calcium-Supplementen zu finden ist, ist ein letztlich bemerkenswert gutes Ergebnis.
Zwei Voraussetzungen für den Sinn der Calcium/Vitamin-D-Supplementierungen sind nach wie vor belegt:
- Die zu geringe Versorgung größerer Teile der Bevölkerung und
- die Wirksamkeit der Supplementierung in abgrenzbaren, klar definierten Studienkollektiven.
Supplementierung ist demnach für klar definierte Kriterien und Personengruppen zu empfehlen. Die Aussagekraft von Reviews, die tausende unterschiedliche individuelle Risikoprofile beinhalten, erscheint für den medizinischen Empfehlungsalltag bei diesen beiden Nährstoffen begrenzt. Zu welchen wissenschaftlichen Bewertungen diese neuen Impulse führen werden, bleibt abzuwarten.
Quelle
[1] Bolland MJ et al.: Calcium intake and risk of fracture: systematic review. BMJ 2015;351:h4580
[2] Tai et al.: Calcium intake and bone mineral density: systematic review and meta-analysis. BMJ 2015;351:h4183
[3] Deutsche Gesellschaft für Ernährung: D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr; https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/calcium/https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/
[4] Dachverband Osteologie (2014) S3 - Leitlinie des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e. V.; http://www.dv-osteologie.org/dvo_leitlinien/osteoporose-leitlinie-2014
[5] Max Rubner-Institut (2008): Nationale Verzehrsstudie II: Ergebnisbericht Teil II.
[6] Max Rubner-Institut (2013): Nationale Verzehrsstudie II: Lebensmittelverzehr und Nährstoffzufuhr auf Basis von 24h-Recalls.
[7] Spiro A, Buttriss JL: Vitamin D: An overview of vitamin D status and intake in Europe. Nutrition Bulletin 2014,39,322-350
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