Foto: Nikolay Kazakov

Die Älteste …

Umbau der Löwen-Apotheke in Trier: Wie sich Tradition, Design und High-Tech verbinden

Von Peter Ditzel | Sie gilt als älteste Apotheke Deutschlands: die Löwen-Apotheke in Trier. Urkundlich wird sie 1241 erstmals erwähnt. Sie erlebt eine wechselvolle Geschichte mit Besitzer- und Namenswechseln. Im Familienbesitz ist sie seit 1660. Ihren Standort im Haus „auf dem Graben“ am Trierer Hauptmarkt änderte sie jedoch nie. Ihr letzter Umbau wurde Ende des vergangenen Jahres abgeschlossen. Wir haben uns angesehen, wie sich die Älteste heute präsentiert und wie sie arbeitet. Kurzes Fazit: eine gelungene Symbiose aus Tradition, Design und modernster Technik –und im Mittelpunkt der Heilberuf Apotheker.

Dass die Löwen-Apotheke nach ihrem Umbau etwas ganz Besonderes geworden ist, spürt man bereits beim Eintreten. Eine großzügige Diele mit Stuckdecke, Sitzgelegenheiten und ein Brunnen laden zum Verweilen ein. Die sich anschließende Offizin empfängt den Kunden mit offenen Armen: Auf der linken Seite laden schwebend wirkende HV-Tische ein, auf der rechten Seite hängende Freiwahlregale und davor Museumsvitrinen mit Sitzgelegenheiten. Am Ende des Raumes strahlt Tageslicht durch eine gläserne Rezeptur in die Offizin. Die älteste Apotheke hat sich zu einem Kleinod unter Deutschlands Apotheken herausgeputzt.

Die etwas andere Apotheke

Es gibt sie, die Apotheken, die eine besondere Philosophie haben, die außergewöhnliche Ideen verwirklichen oder eine besondere Stellung haben. Kurzum, Apotheken, die anders sind als andere. In unserer Rubrik „Die etwas andere Apotheke“ stellen wir solche Apotheken vor. Dieses Mal besuchten wir die Löwen-Apotheke in Trier, die als älteste Apotheke Deutschlands gilt. Das Besondere: Die älteste Apotheke baute um.

Die Vergangenheit

Seine „am Graben in der Stadt Trier befindliche Apotheke nebst angrenzendem und zugehörigem Haus“ vermachte der Dom-Kellner (Ökonom) Friedrich am 23. Mai 1241 dem Frauenkonvent St. Thomas. Mit der Schenkungsurkunde wird die Apotheke erstmals urkundlich erwähnt, sie gilt damit als älteste Apotheke Deutschlands. Auch wenn Historiker Zweifel anmelden. Ihr Argument: Mit dem Begriff „apoteca“ wurde seinerzeit ein Lagerraum für Vorräte bezeichnet, für Wein, aber auch für Heilkräuter, Teedrogen und Medizinalia. Und ein „apotecarius“ war anfangs nur der Lagerverwalter, der sich allerdings meist Kenntnisse im Umgang mit den gelagerten Kräutern und Säften aneignete. Und dennoch: Dass es sich bei der Trierer „apoteca“ des Dom-Kellners Friedrich um mehr als einen Lagerraum gehandelt haben muss, davon sind die heutige Inhaberin, Apothekerin Dr. Elisabeth Schmiz, und ihr Mann, Apotheker Dr. Claus Schmiz, überzeugt. Heißt es doch in der Schenkungsurkunde: „apotecam meam sitam super fassatum in Civitati Treverensi cum domo adiacente et eidem attinente (meine am Graben in der Stadt Trier befindliche Apotheke nebst angrenzendem und zugehörigem Haus). Diese Formulierung in der Schenkungsurkunde weise darauf hin, dass die Nennung der „apoteca“ an erster Stelle nie für einen nachrangigen Lagerraum verwendet worden wäre, wie auch der renommierte Historiker Professor Alfred Haverkamp, der am Lehrstuhl für mittelalterliche Geschichte an der Uni Trier lehrte, bestätigt. Die Reihenfolge der Nennung zeige, dass dieser Raum eine besondere Bedeutung hatte, wie es einem Verkaufsraum für Tees oder Medizinalia zukommen würde.

Die Schenkungsurkunde von 1241 erwähnt die Trierer Apotheke erstmals urkundlich.

Die Nonnen des Klosters St. Thomas dürften sich damals auf alle Fälle über die Schenkung der „apoteca“ samt Haus gefreut haben, zumal sie mit dieser Apotheke eine Stätte erhielten, in der sie ihre eigenen Kräuter und Arzneien verkaufen konnten. Aus weiteren urkundlichen Erwähnungen aus den Jahren 1532 und 1649 lässt sich schließen, dass die Tradition der mittelalterlichen Apotheke in den folgenden Jahren fortgeführt wurde.

Quelle: Glahn-Architekten

Der Grundrissplan zeigt, wie die Architekten den tiefen Raum trichterförmig umgestaltet haben.

Seit 1660 befindet sich die Apotheke in ununterbrochener Linie, zum Teil vererbt über Töchter, im Familienbesitz. Und so wurde aus der „apoteca sita super fossatum“ die Apotheke „uff dem graben hinter dem Marckbronnen“ (1649), die dann den Namen „Apotheke zum Einhorn“ erhielt. Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Umbenennung in „Schmiz’sche Apotheke“ und erst 1890 wurde sie zur „Löwen-Apotheke“.

Die schlicht gehaltene, klassizistische Fassade der heutigen Löwen-Apotheke stammt noch aus dem Jahr 1649. Ein Brand hatte eine Seite des Hauptmarkts zerstört. Im Zuge des Wiederaufbaus wurden beim Apothekenhaus zwei Häuser zusammengelegt und mit einer gemeinsamen Fassade versehen, was die besondere Breite dieses Hauses im Vergleich zu den übrigen schmaleren Fassaden am Trierer Hauptmarkt erklärt.


Vor dem Umbau

Die Löwen-Apotheke tritt von außen eher bescheiden auf. Ihre 140 qm große Offizin beansprucht im Erdgeschoss nur etwa die Hälfte der Front des Apothekengebäudes. Im Innern des Hauses erstrecken sich die Apothekenräume jedoch über zwei weitere Stockwerke, so dass die Apotheke auf insgesamt 480 qm kommt. Im ersten Stock ist beispielsweise ein KLS-Kommissionierautomat für 22.800 Artikel untergebracht.

Besucher und Touristen, die noch bis 2012 mit der großen Erwartung die Apotheke betraten, eine historische Apotheke mit altem Mobiliar vorzufinden, wie man es zum Beispiel aus dem Heidelberger Apothekenmuseum kennt, waren enttäuscht. Sie standen vor einem funktionalen Tresen und blickten auf den Chic zweier langer Reihen von Apothekenziehschränken der 60er Jahre. Nur im Eingangsbereich der Offizin erinnerten eine reich verzierte Gipsstuckdecke aus dem 17. Jahrhundert, ein großer Renaissancekamin und ein römischer Sarkophagdeckel, den man 1967 bei Ausschachtungen unter dem Grundstück gefunden hatte, daran, dass dieses Haus eine lange Vergangenheit hat.

Rund 50 Jahre hatte diese Apothekeneinrichtung ihren Dienst getan. Deutliche Gebrauchsspuren zeichneten sich mittlerweile ab. Sie ließen bei den Inhabern der Apotheke, dem Apothekerehepaar Dr. Claus und Dr. Elisabeth Schmiz, schon seit einigen Jahren den Gedanken reifen, umzubauen. Mehr als fünf Jahre lang schauten sie sich immer wieder Apotheken im In- und Ausland an, um Anregungen für ihr Umbauvorhaben zu bekommen. „Die Auswahl eines geeigneten Architekten war der schwierigste Schritt“, erinnert sich Apothekenleiterin Schmiz. Konkrete Vorstellungen, wie es werden sollte, hatten sie nicht. Sie wussten nur, was sie nicht wollten: modul­artig zusammengesetzte Möbelteile, wie man sie von Küchengestaltern her kennt. Angeregt durch Bücher mit Beispielen von Design-Apotheken kontaktierten sie 2012 schließlich die Berliner Architekten Christiane und Hans-Joachim Glahn, die rasch eine erste Idee für eine Umgestaltung einreichten. Diese Skizze stieß bereits auf so große Zustimmung, dass sich Familie Schmiz entschloss, den Umbau in die Hände der Glahn-Architekten zu geben. Nicht zuletzt, so räumt das Apothekerpaar Schmiz ein, habe auch ein sanfter Druck ihrer Tochter Luzie Schmiz-Rösler den Entschluss beschleunigt, den Umbau zu realisieren: „Sie wird die Apotheke übernehmen.“ Ihr Ehemann Martin Rölz, Physiker und Informatiker lenkt schon heute die Logistik des Wareneinkaufs.

Es begann die Zeit der Planung, der Feinabstimmung. Alle Materialien und Handwerker suchten die Bauherren zusammen mit den Architekten mit viel Liebe und Akribie aus – die Apotheke mit ihrer historischen Vergangenheit sollte in besonderem Glanz erstrahlen, wie Apothekerin Schmiz deutlich macht. „Wir waren uns im Klaren, dass unser Umbauvorhaben etwas kostet. Andererseits, wir hatten 50 Jahre lang so gut wie nichts in die Einrichtung gesteckt und eine der Vorgaben für die Architekten war: ein Konzept zu finden, das wieder 50 Jahre bestehen würde“, fügt Claus Schmiz hinzu.

Foto: Nikolay Kazakov

Die Handverkaufstische sind individuell in unterschied­lichen Größen gefertigt.

Von der Planung bis zur Fertigstellung zog sich der Umbau über zwei Jahre hin, „wir haben uns die Zeit dafür auch genommen“, so Schmiz, „lieber langsamer, aber es sollte besonders schön werden“. Eine Vorgabe war: Der museale Charakter sollte erhalten bleiben. Es sollten Wandtafeln und Schaukästen untergebracht werden, die die Entwicklung der Apotheke darstellen. „Die Apothekengeschichte sollte erlebbar werden“, so die Apothekerin. Eine weitere Vorgabe für den Umbau war zudem: Die Apotheke sollte während der Bauarbeiten nicht geschlossen werden, was auch weitgehend erreicht wurde. Nur für zwei Tage musste die Apotheke schließen.

Foto: Nikolay Kazakov

Die Freiwahlregale haben keine Verbindung zum Boden und geben dem Raum dadurch eine gewisse Leichtigkeit.


Die Herausforderung: Historie und moderne Apotheke

„Die Aufgabe, Deutschlands älteste Apotheke umzubauen und neu zu gestalten, begegnet einem nur einmal im Leben. Insofern war sie auch für uns ohne Beispiel“, so Architekt Glahn. Ihm sei bewusst gewesen, dass der Raum vollkommen neu gestaltet werden musste, da die alte Raumaufteilung aus einer Zeit stammte, die heute nicht mehr trägt. „Leiten ließen wir uns zum einen von der Überlegung, einen übersichtlichen und großzügigen Kundenbereich zu schaffen, zum andern vom Wunsch der Bauherren, die Historie der Apotheke zu betonen“, erklärt Glahn seinen architektonischen Ansatz. Es gab einige wenige Objekte der Apotheke, die es zu erhalten und zu schützen galt, beispielsweise die Decke im vorderen Bereich der Offizin und ein alter Kamin. „Ansonsten war die Apotheke auch in der Vergangenheit immer mit der Zeit gegangen, das letzte Mal allerdings vor rund 50 Jahren“, so Frau Glahn, „vor diesem Hintergrund war es klar, dass die älteste Apotheke keine alte museale Einrichtung hatte, sondern sich immer behutsam dem Fortschritt anpasste.“ Für die Neugestaltung kristallisierte sich heraus, dass sich das Attribut der ältesten Apotheke eher auf den Standort bezieht. Das Wissen, dass man sich auf historischem Boden befindet, sollte durch eine moderne Architektur unterstützt werden. Der Wunsch der Bauherren sei es daher gewesen, einen Raum zu schaffen, der in erster Linie für die Kunden Gastfreundlichkeit ausstrahlt und der einen adäquaten Rahmen für die Darstellung der ältesten Apotheke bieten sollte, durchaus mit musealen und sakralen Elementen.

Foto: Nikolay Kazakov

Blick in die Rezeptur hinter Glas am Ende der Offizin. Über einen kleinen Hof mit einem Ginkgo-Baum fällt Tageslicht von außen ein, das dem Raum Transparenz und Leichtigkeit gibt.

„Damit war zwar die Zielrichtung für uns klar“, so beschreiben die Glahn-Architekten die Herausforderung, „einerseits sollte eine Apotheke geplant werden, die eine Geschichte zu erzählen hat, andererseits musste auch ein Verkaufsraum geschaffen werden.“ Zudem mussten sie eine Lösung finden, einen sehr tiefen, rund 25 m langen Raum so zu gestalten, dass die Kunden nicht im vorderen Bereich stehen bleiben, sondern quasi hineingezogen werden. Erreicht wurde dies zum einen dadurch, dass sie die Anordnung der Sichtwahlregale und Handverkaufstische diagonal im Raum nach hinten trichterförmig verjüngten, zum andern durch einen perspektivischen Trick bei der Gestaltung und Anordnung der HV-Tische, die unterschiedlich groß gebaut wurden: Je weiter man nach hinten in den Raum gelangt, umso kleiner und persönlicher werden die Beratungsplätze der HV-Tische. Außerdem lockt im hinteren Bereich das Tageslicht, das durch einen Raumdurchstich nach außen über einen mit Glas abgetrennten Rezepturbereich einfällt und die Leute nach hinten zieht.

Die Elemente, die in der Apotheke Geschichte erzählen, sollten vorhanden sein, aber nicht störend wirken: „Daher haben wir die Geschichte in den Boden geschrieben in Form von Textbändern“, erläutern die Architekten ihre Idee. „Auch wenn dieses Detail kaum auffällt, was im Übrigen gewollt ist: Wir haben sogar die Grundmauern des Hauses im Fußboden nachgezeichnet, indem wir den Grundriss des Kellergeschoßes mit Sandstrahltechnik in den Bodenbelag eingraviert haben“, stellt der Architekt heraus, „so wird gewissermaßen ein historischer Teil des Hauses, für viele erst auf den zweiten Blick, als leises Zitat sichtbar. Wenn der Besucher die ­Geschichte verfolgen möchte, kann er dies mit Blick auf den Boden tun und dabei die heutige Apotheke ausblenden.“ Der ­historisch Interessierte kann sich so ohne Ablenkung an die Geschichte herantasten. „Daher haben wir auch die Freiwahlregale hängend gestaltet, um sie aus dem geschichtlichen Bereich herauszuhalten.“ Historische Zeugnisse und alte Apothekenutensilien, beispielsweise ein Faksimile der Schenkungsurkunde von 1241 oder alte Apothekerwaagen, wurden in beleuchteten Vitrinen, wie sie in Museen vorzufinden sind, untergebracht. Die Schaukästen sind zudem mit einer kleinen Sitzgelegenheit kombiniert. „Alle geschichtlichen Elemente der Apotheke, die wir gefunden haben, haben wir so ins Gesamtkonzept mit eingebracht“, berichten die Architekten ihre Vorgehensweise. Ein anderes Beispiel dafür ist die im Eingangsbereich der Offizin auffallend gut erhaltene Stuckdecke aus dem späten 17. Jahrhundert, eine sogenannte Kölner Balkendecke, die italienische Künstler manuell und individuell mit Stuck verzierten. Und Ahnenbilder der Apothekerfamilie, Öl-Porträts früherer Apotheker, präsentieren sich im Eingangsbereich der Apotheke und kommen dort zur Geltung.

Foto: Nikolay Kazakov

Museumsvitrinen in der Offizin stellen historische Zeugnisse der Apotheke aus und erinnern an die Vergangenheit.

Für Bauherren und Architekten wurde sehr schnell klar, dass der Anspruch, Tradition und Moderne zu verbinden, auch besondere Materialien erforderte. Leitidee für das Material- und Farbkonzept war die Anmutung historischer Apotheken mit ihren Holzeinrichtungen, Porzellangefäßen und Messingobjekten. Aber solche Werkstoffe in eine moderne Apotheke zu übertragen, erschien nicht mehr zeitgemäß. „Um die Anmutung zu erhalten“, so die Architekten, „entschieden sich die Bauherren schließlich bei den HV-Tischen für einen beständigen Mineralwerkstoff (HiMacs) in der Farbe Weiß. Der Bodenbelag wurde aus creme-farbenem Jurastein gefertigt und die Wände und Decken mit Blattgold belegt.“

Eine spürbare Leichtigkeit des großen Raums wurde durch Freiwahlregale an den Wänden geschaffen, die scheinbar an der Decke hängen und keine Anbindung zum Fußboden haben, außerdem durch die schwebend wirkenden HV-Tische, ein Eindruck, der dadurch entsteht, dass sie bei gleichem oberen Horizont einen variierenden Abstand zum Boden haben und nur zu einem Viertel ihrer Fläche auf der Erde stehen.

Eine besondere Planung erforderte die Beleuchtung der Apotheke, für die ein international renommierter Lichtdesigner engagiert wurde. „Die Beleuchtung kann sehr viel zur Atmosphäre eines Raums beitragen, darauf haben wir großen Wert gelegt“, betont Frau Schmiz. Um ein angenehmes, blendfreies Licht zu schaffen, wurde die Beleuchtung zum Teil mit indirekt strahlenden Leuchten konzipiert. Die verwendeten Lampen wurden für die Löwen-Apotheke passgenau in Handarbeit gefertigt, damit sie beispielsweise die Freiwahlregale kantengenau ausleuchten und nicht alles mit Licht überfluten, sondern nur die Ware hervorheben. Auch die 23 Meter lange Leuchte, die sich vom Eingangsbereich bis in die Rezeptur durchzieht und kantengenau die Handverkaufstische erhellt, war eine Sonderanfertigung. „Als wir die Preise für das Lichtdesign und die Lampen hörten, haben wir zwar erst mal gezögert, uns dann aber dennoch dazu entschlossen, es war uns das wert“, erklären die beiden Apotheker ihren Entschluss.

Foto: Nikolay Kazakov

Die Geschichtsdaten der Löwen-Apotheke lassen sich mit den im Fußboden eingelassenen Textbändern verfolgen.


Die Apotheke heute

Hat man als Inhaber Deutschlands ältester Apotheke eine besondere Verantwortung? Durchaus, so die beiden Löwen-Apotheker, sie wollen dazu beitragen, das Ansehen des Heilberufs Apotheker zu stärken und die Pharmazie hervorzuheben. „Wir glauben an die inhabergeführte Apotheke“, daran lässt Apothekerin Schmiz keinen Zweifel aufkommen. Die Auswahl hochwertiger und nachhaltiger Materialien beim Apothekenumbau soll dies auch nach außen hin unterstreichen. Eine Apotheke, die Preisaktionen herausstellt, die einen Discount-Eindruck erweckt, käme für sie niemals infrage. „Natürlich könnten wir uns auch an Preisaktionen mit zehn oder zwanzig Prozent auf Alles beteiligen, aber diese Preiskämpfe, die in eine Preisspirale nach unten führen, wollen wir nicht mitmachen“, zeigt sich Apothekerin Schmiz überzeugt.

Daher wollte sie sich auch nicht einer großen Kooperation anschließen. Sie bevorzugt vielmehr einen kleinen Apothekenverbund, der sich unter dem Namen „mevida“ um Einkaufskonditionen beim Großhandel, um Apothekenaktionen und Informationsveranstaltungen kümmert und in dem die angeschlossenen Apotheken einen regen fachlichen Austausch pflegen, Alltagsprobleme besprechen und gemeinsame Fortbildung organisieren.

Foto: Nikolay Kazakov

In der Diele, dem Eingangs- und Empfangsbereich der Löwen-Apotheke, laden Sitzgelegenheiten und ein Wasserspender zum Ausruhen ein. Öl-Porträts und eine prächtige Stuckdecke erinnern an die Geschichte.

Aufgrund der Lage am Trierer Hauptmarkt lebt die Löwen-Apotheke zu einem großen Teil von Laufkundschaft, insbesondere nachmittags besuchen viele Touristen die Apotheke, was einen Anteil des OTC-Umsatzes im Vergleich zum Rezeptumsatz von 55 : 45 Prozent erklärt. Besonders beliebt sind Teemischungen, wie Apothekerin Schmiz anmerkt, viele Kunden lassen sich hier ihren individuellen Arzneitee anfertigen. Da sich aber einige Ärzte im Umfeld der Apotheke befinden, kann sich die Apotheke auch über eine treue Stammkundschaft freuen.

Die umgebaute Apotheke stellt noch stärker als zuvor den Gesundheitsberuf des Apothekers und die Apotheke als einen Ort der Arzneiherstellung heraus. Die gläserne Rezeptur am Ende der Offizin, die den Blick auf einen kleinen Innenhof mit einem Ginkgo-Baum freigibt, soll die Tradition der Apotheke unterstreichen. „Unsere Apotheke soll Kompetenz, Seriosität und Individualität ausstrahlen, wir wollen das Gegenstück zur marktschreierischen Apotheke sein, die mit Sonderangeboten um die Gunst der Kunden buhlt“, ergänzt Apothekerin Schmiz. Die Mitarbeiterinnen sollen sich Zeit nehmen dürfen für eine fundierte Beratung. Selbstverständlich ist es da für sie, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut geschult sind und sich regelmäßig fortbilden. Als Schwerpunkt hat sich die Apotheke als babyfreundliche Apotheke zertifizieren lassen. Und weil Apothekerin Schmiz weiß, dass eine gute Beratung des Kunden auch Zeit erfordert, leistet sie sich mehr Mitarbeiter als vergleichbare Apotheken. Insgesamt sind 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Löwen-Apotheke tätig. Die Kunden können an sieben Kassenplätzen beraten und bedient werden, die für eine vertrauliche Beratung ausreichend weit voneinander entfernt angeordnet sind, darüber hinaus kann eine künstliche Geräuschkulisse mit Wasserplätschern oder leiser Lautenmusik im Wartebereich der Offizin eingespielt werden, wodurch die Gespräche am HV von den wartenden Kunden nicht mitgehört werden können, während am HV selbst eine ruhige Verständigung gegeben ist. Die Lautsprecher sind unsichtbar in den Deckenpaneelen versteckt, so dass die gesamte Decke als Resonanzboden wirkt.

Foto: Nikolay Kazakov

Ihren Standort wechselte die Löwen-Apotheke nie: am Trierer Hauptmarkt im Haus „auf dem Graben“.

Eine Besonderheit: Die Offizin kann nach Betriebsschluss rasch in einen Vortragsraum umgebaut werden. In der Mitte der Offizin ist eine Großleinwand in der Decke versenkt, die heruntergelassen werden kann, ein Beamer befindet sich oberhalb der Eingangstür. Im Eingangsbereich können dann Stühle aufgestellt werden, so dass der vordere Bereich der Offizin als Vortragsraum genutzt werden kann. Als Themen für ihre Kunden bietet die Apotheke beispielsweise Vorträge zur Naturheilkunde, zur Homöopathie oder rund um das Baby und Kleinkind.

Eine weitere Idee, die die Löwen-Apotheke verwirklichte: Im Handverkaufstisch in der Nähe des Kundenwartebereichs ist ein Bildschirm eingebaut, auf dem historische Bilder beispielsweise aus dem Apothekenhandwerk, aus alten Apotheken oder aus dem alten Trier gezeigt werden.


Herzlich willkommen

Deutschlands ältester Apotheke dürfte mit der Neugestaltung die Synthese aus Historie, moderner Apotheke und den Erwartungen, die an den Heilberuf des Apothekers gestellt werden, gelungen sein. Die Kunden der Löwen-Apotheke können darauf vertrauen, bestens beraten zu werden. Und Besucher, die einen Blick in Deutschlands Älteste werfen wollen, sind herzlich willkommen, so das Apothekerpaar Schmiz. „Immer wieder kommen auch Leute in die Apotheke“, wie Apothekerin Schmiz berichtet, „die dem Trubel des Trierer Hauptmarkts entfliehen wollen und sich im Eingangsbereich der Apotheke auf den Sitzgelegenheiten ausruhen, ein Glas Wasser trinken oder kurz ihr Mobiltelefon herausholen, um zu telefonieren. Uns gefällt das, wir wünschen uns das, wenn Leute hier verweilen – und wir begrüßen sie und sagen ihnen auch, dass sie nichts kaufen müssen.“ „Vielleicht sollten wir noch ein öffentliches W-LAN anbieten“, scherzt Apotheker Schmiz, geht zur Eingangstür und bittet eine kleine Reisegruppe herein, die die älteste und zugleich eine der modernsten Apotheken Deutschlands erleben möchte. |

Projektbeteiligte:

Löwen-Apotheke, Dr. Claus und Dr. Elisabeth Schmiz, Trier

Gestaltung und Planung: Glahn Architekten, Berlin www.glahn-architekten.de

Lichtgestaltung: conceptlicht, Traunreut www.conceptlicht.com

Bauüberwachung: Roth Architektur, Trier www.roth-architektur.de

Fotos: Nikolay Kazakov www.niko-design.de


Autor

Peter Ditzel ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.