Die Seite 3

Aus der Traum?

Dr. Klaus G. Brauer, Herausgeber der DAZ

Überraschend kam es nicht mehr: Am letzten Donnerstag, zu später Stunde hat der Bundestag das E-Health-Gesetz verabschiedet. Es bleibt dabei: Patienten die mindestens drei „verordnete (!) Arzneimittel“ anwenden, haben ab Oktober nächsten Jahres „Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplanes in Papierform“. In ihm ist „mit Anwendungshinweisen zu dokumentieren“, welche Arzneimittel der Patient anwendet, und zwar verordnete ebenso wie nicht verordnete.

Aber schauen wir genauer hin: Zuständig für die Erstellung und Aushändigung bleibt allein der Kassenarzt. Anders als von der ABDA immer wieder gefordert, bleibt der Apotheker hier komplett außen vor. Der Kassenarzt – das ist neu gegenüber dem Gesetzentwurf – wird verpflichtet, bei der Verordnung den Versicherten über seinen Anspruch zu informieren. Er hat auch Aktualisierungen vorzunehmen, sobald er selbst die Medikation ändert oder von Änderungen Kenntnis erlangt.

Dass diese Regelungen zu brauchbaren Medikationsplänen führen könnten – Zweifel daran müssen wohl auch beim Gesetzgeber hochgekommen sein. In der verabschiedeten Gesetzesfassung kommen nun, oh Wunder, die Apotheker ins Spiel: „Auf Wunsch des Versicherten hat die Apotheke bei Abgabe eines Arzneimittels … eine Aktualisierung des Medikationsplans vorzunehmen“. Eine Honorierung dieser Verpflichtung ist nach wie vor nicht vorgesehen – anders als bei den Ärzten. Da mit dem Medikationsplan die Grundlage für eine spätere Medikationsanalyse gelegt sei, gebe es auf Apothekerseite „keinen Anlass für Katzenjammer“ – so ABDA-Pressesprecher Rainer Kern. Im Übrigen: Die für die Ärzte vorgesehene Gebühr werde aus deren Budget genommen. Sie belaste also, anders als eine eventuelle Honorierung der Apotheker, die Krankenkassen nicht. Übersehen wird bei dieser für einen ABDA-Vertreter bemerkenswerten Argumentation, dass der Ärzte-Honorartopf – anders als die Honorierung der Apotheker – ziemlich regelmäßig und durchaus angemessen erhöht wird.

Welche Folgen für die Apotheke werden sich aus den nun verabschiedeten Regelungen zum Medikationsplan ergeben? Sibyllinisch wäre die Antwort: Das kommt ganz darauf an. Die wichtigste Frage stellt sich schon ganz am Anfang: Wie viele Patienten werden, vom Arzt über ihren Anspruch auf einen Medikationsplan informiert, von dem Angebot Gebrauch machen? Der Arzt wird wohl eher zuraten – nicht nur, aber auch aus Honorargründen. Zweite Frage: Wie viele Patienten werden mit dem Wunsch an ihre Apotheke herantreten, den Plan zu komplettieren und zu aktualisieren? Ein Wunsch, den die Apotheke erfüllen muss – und zwar ohne Honorar. Dritte Frage: Wie (un)vollständig werden die Pläne sein, mit denen der Patient in die Apotheke kommt? Wie viele (handschriftliche?!) Korrekturen wären notwendig?

Diese wenigen Fragen zeigen: Es könnte sein, dass die Apotheken mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand so zugemüllt werden, dass ihnen im Offizin-Alltag weder Zeit noch Kraft bleibt, eine durchaus sinnvolle Medikationsanalyse in Angriff zu nehmen, zumindest dort, wo sich dies fachlich anböte. Dass sich dafür auf freiwilliger Basis eine angemessene Honorierung durchsetzen ließe, ist (bis auf wenige Ausnahmen) ein schöner Traum – mehr nicht. In die gleiche Schublade gehört die kolportierte Hoffnung, mit Einführung des elektronischen Medikationsplans könnte der Gesetzgeber bereit sein, den Apotheken ein Honorar für ihre Mitarbeit daran zuzugestehen. Ich höre schon das Gegenargument: Gegenüber der Papierlösung werde doch jetzt für den Apotheker alles viel leichter …


Dr. Klaus G. Brauer

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