Arzneimittel und Therapie

Nicotinamid kann vor weißem Hautkrebs schützen

Regelmäßige Einnahme reduziert das Risiko

Den Ergebnissen einer australischen Präventionsstudie zufolge reduziert die regelmäßige Einnahme von Nicotinamid die Gefahr, an einem nicht-melanozytären Hautkrebs zu erkranken. Diese Aussage gilt vorerst nur für Risikopatienten.Für einen breiten, präventiven Einsatz von Nicotinamid fehlen derzeit weitere Studien.

In der australischen Präventionsstudie ONTRAC (Oral Nicotinamide To Reduce Actinic Cancer) wurde das Potenzial von Nicotinamid, einem Vitamin B3-Derivat, zur Verhinderung nicht-melanozytärer Hauttumoren (Synonyme nicht-melanotischer Hautkrebs oder weißer oder heller Hautkrebs) untersucht. Zu diesen Hauttumoren zählen vorwiegend Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome. Sie gehören zu den häufigsten malignen Neoplasien der weißen Bevölkerung weltweit, weisen aber nur eine geringe Sterblichkeit auf. Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung weißer Hauttumoren ist eine starke Sonnenexposition. Demzufolge treten sie gehäuft in Ländern mit hohem Lichtanteil auf. So erkrankt etwa in Australien jeder Zweite einmal in seinem Leben an einem nicht-melanozytären Tumor. Die wichtigsten präventiven Maßnahmen sind das Vermeiden starker Sonnenexposition, das Tragen geeigneter Kleidung sowie die Anwendung von Sonnenschutzmitteln. Auch die Einnahme von Nicotinamid scheint einen präventiven Effekt aufzuweisen, der folgendermaßen erklärt wird: Nicotinamid ist der Vorläufer von Nicotinamidade-nindinukleotid (NAD), einem Kofaktor der Adenosintriphosphat (ATP)-Bildung. Unter der Einwirkung von

UV-Licht kommt es zu einem ATP-Mangel und in dessen Folge zu einer mangelhaften Reparatur von DNA-Schäden. Nicotinamid könnte einen ATP-Mangel verhindern und die DNA-Reparatur ermöglichen. Des Weiteren werden immunprotektive Effekte von Nicotinamid diskutiert. Die protektiven Wirkungen von Nicotinamid wurden bereits in zwei Phase-II-Studien bestätigt und nun in der ONTRAC-Studie erneut überprüft.

An der doppelblinden, rando­misier­ten, kontrollierten Phase-III-Studie nahmen 386 Probanden teil, die während der vergangenen fünf Jahre mindestens zweimal an einem nicht-melanozytären Hautkrebs erkrankt waren. Die Hälfte von ihnen erhielt ein Jahr lang zweimal täglich 500 mg Nicotinamid, die andere Hälfte ein Placebo. Der primäre Studienendpunkt war das Auftreten neuer nicht-melanozytärer Hauttumoren (Basalzell- und Plattenepithelkarzinome). Die Einnahme von Nicotinamid hatte Erfolg: In der Verumgruppe war die Rate neuer nicht-melanozytärer Hauttumoren um 23% (p=0,02) gesunken; dabei wurde das Auftreten neuer Basalzellkarzinome um 20% (p=0,12), das Auftreten neuer Plattenepithelkarzinome um 30% (p=0,05) reduziert. Die Zahl aktinischer Keratosen (Vorläufer nicht-melanozytärer Hauttumoren) wurde durch die Gabe von Nicotinamid ebenfalls vermindert. Nicotinamid erwies sich als gut verträglich, die Nebenwirkungsrate unterschied sich in Verum- und Placebogruppe nicht. Die unter Niacin (Synonym Vitamin B3 oder Nicotinsäure) auftretenden gefäßerweiternden Nebenwirkungen wurden unter Nicotinamid nicht beobachtet. Sechs Monate nach Ende der Therapie, also nach insgesamt 18 Monaten, war der protektive Effekt von Nicotinamid allerdings nicht mehr nachweisbar.

Einschätzung der Studienautoren

Die Studienautoren sehen in Nicotinamid eine wirksame und kostengünstige Möglichkeit zur Prävention nicht-melanozytärer Hauttumoren bei Risikopatienten. Neben der Wirksamkeit heben sie auch die Verträglichkeit von Nicotinamid hervor. Denn andere präventive Maßnahmen (ausgenommen die Verwendung von Sonnencremes und das Vermeiden einer zu starken Sonnenexposition) konnten entweder keine eindeutige Wirksamkeit zeigen oder sind mit Nebenwirkungen behaftet. Dies ist z. B. für die Einnahme oraler Retinoide der Fall.

Wichtig ist, dass die Studie Nicotinamid nur im Hinblick auf nicht-melanozytäre Tumoren untersucht hat. Somit lässt sich keine Schutzwirkung gegen Melanome ableiten. |

Quelle

Chen A et al. A phase 3 randomized trial of nicotinamide for skin-cancer chemoprevention. N Engl J Med 2015;373:1618-26

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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