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DAZ aktuell
Schnell- und Spätbewertung für neue Arzneimittel gefordert
Barmer GEK stellt Arzneimittelreport 2015 vor
Prof. Dr. Gerd Glaeske und Dr. Christel Schicktanz vom Socium der Universität Bremen haben für die Barmer GEK die Daten von mehr als acht Millionen Versicherten der Kasse ausgewertet. Angesichts der hohen Preise vieler neuer, zumeist gentechnologisch hergestellter Arzneimittel, machen auch sie sich Gedanken, wie hier besser dafür gesorgt werden kann, dass die Kosten auch den tatsächlichen Nutzen widerspiegeln. Konkret macht der Report zwei Vorschläge zur Weiterentwicklung des AMNOG. Beide Vorschläge beziehen sich ausschließlich auf besonders versorgungsrelevante Arzneimittel mit einem GKV-Jahresumsatz von mehr als 80 Millionen Euro im ersten Jahr nach Markteintritt. Dies sind der Kasse zufolge 34 der 1815 patentgeschützten Arzneimittel, die derzeit als Fertigarzneimittel abgerechnet werden. Zu ihnen zählen etwa die Hepatitis-Mittel Sovaldi® und Harvoni®, Tecfidera® gegen multiple Sklerose, das Krebsarzneimittel Zytiga® und Januvia® zur Diabetesbehandlung.
Für solche Arzneimittel sollte es künftig eine Schnellbewertung direkt bei Markteintritt und eine Kosten-Nutzen-Bewertung spätestens nach fünf Jahren geben. Zur Schnellbewertung eines neuen Arzneimittels sollen dabei nach Vorstellung der Kasse möglichst rasch valide gesundheitsökonomische Informationen gewonnen werden: Der Hersteller soll erläutern, auf welcher Grundlage er den Preis seines Arzneimittels festgesetzt hat. In der letzten Phase des AMNOG-Prozesses sollen zudem die heute bestehenden Hürden für die im Sozialgesetzbuch V vorgesehene Kosten-Nutzen-Bewertung aufgehoben werden. Drei bis fünf Jahre nach ihrem Markteintritt sollte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen eine solche Bewertung durchführen. Die Ergebnisse der Analyse könnten Erfahrungen aus dem Versorgungsalltag berücksichtigen und den Rahmen für neue Preisverhandlungen zwischen Kassen und Herstellern bilden.
Zu viele Antibiotika
Der aktuelle Barmer GEK-Report hat sich überdies Verordnungen von Aknetherapeutika und Arzneimitteln zur Behandlungen leichter Harnwegserkrankungen genauer angeschaut. Mit dem Ergebnis, dass in beiden Indikationen zu oft Antibiotika zum Einsatz kommen. Bei Akne seien topische Antibiotika die am dritthäufigsten eingesetzte Arzneimittelgruppe. Dabei sollten sie nur eingeschränkt, und wenn, dann kurzfristig eingesetzt werden, betonte Glaeske. Was die leichten Harnwegserkrankungen betrifft, so stellt der Report fest, dass diese zu über 60 Prozent mit Antibiotika behandelt wurden. Am häufigsten kamen dabei Fluorchinolone zum Einsatz – für Glaeske eigentlich „Panzerschrank-Antibiotika“, die gerade bei leichten Infektionen eher unnötig sind. Der Arzneimittelversorgungsforscher mahnt daher an, den Einsatz von Antibiotika nicht zuletzt wegen der Gefahr von Resistenzen stets kritisch zu überprüfen. |
Auch GKV-Spitzenverband will AMNOG nachbessern
Auch der GKV-Spitzenverband macht Vorschläge zur AMNOG-Nachbesserung. Er hat sich für regelhafte weitere Bewertungen von neuen Arzneimitteln ausgesprochen, um spätere Erkenntnisse aus dem Versorgungsalltag einfließen zu lassen.
Der GKV-Spitzenverband argumentiert mit den 27 Rote-Hand- oder Informationsbriefen, die es in den vergangenen Jahren zu Arzneimitteln gab, die die frühe Nutzenbewertung durchlaufen haben. 17 dieser 27 verschickten Hinweise hätten vor bisher unbekannten und durchaus schwerwiegenden Nebenwirkungen gewarnt. 15 davon betrafen Arzneimittel mit einem attestierten Zusatznutzen.
„Das grundsätzlich begrüßenswerte Bemühen, Patienten möglichst früh einen Zugang zu neuen Arzneimitteln zu eröffnen, birgt leider auch Risiken“, betont Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Die Rote-Hand-Briefe zeigten „in bedrückender Weise“, dass bei Arzneimitteln nach der Zulassung eine neue Stufe des Erkenntnisgewinns beginne. „Diese Dynamik müssen wir in den Nutzenbewertungen abbilden“, fordert von Stackelberg. Statt den Nutzen eines neuen Arzneimittels nur einmal zu prüfen, sollten regelhaft erneute Bewertungen auf Basis realer Versorgungsdaten als verpflichtender Standard beim Gemeinsamen Bundesausschuss verankert werden, schlägt er vor.
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