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Management

Strategien gegen die Überforderung

Komplexität managen, reduzieren, vermeiden und aushalten

Die Belastungen in den Apotheken wachsen, die Anforderungen werden immer umfangreicher, sodass Stress droht. Dies gilt nicht allein für den pharmazeutischen (Fach-)Bereich, sondern auch im Umgang mit den Kunden und den Mitarbeitern bzw. Kollegen. Hinzu kommen (gesellschaftliche) Entwicklungen wie die Digitalisierung – all dies trägt dazu bei, dass sich viele Menschen zuweilen überfordert fühlen. Welche Möglichkeiten zur Bewältigung der Komplexität gibt es?

Strategie 1: Komplexität managen und nicht vergrößern

Dass unsere Welt immer komplexer wird, muss wohl zunächst einmal akzeptiert werden. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns keine Maßnahmen überlegen sollten, um diese Komplexität zu managen und angemessen mit ihr umzugehen. Dazu zählt, dass der Apothekenleiter die Komplexität nicht willentlich auch noch vergrößern sollte; sinnvoll ist, bürokratische Strukturen in der Apotheke, wo immer dies möglich ist, abzubauen. Neue Dokumentationspflichten sollten professionell und pragmatisch gehandhabt werden, um den Mitarbeitern keine unzumutbaren Belastungen aufzuerlegen.

Strategie 2: Sprachliche Komplexität vermeiden

Mit einer bildhaften und anschaulichen Sprache, mit Visualisierungstechniken, umfassender Information und treffenden Vergleichen ist es möglich, Komplexität zu reduzieren und in der Sprache und Vorstellungswelt des Kunden zu argumentieren. Konkret: Beschränken Sie sich im Kunden­gespräch darauf, Kernaussagen zu formulieren. Lassen Sie verwirrende und überflüssige Details und Nebenaspekte bei der Erläuterung pharmazeutischer Sachverhalte außen vor. Allerdings: Wenn der Kunde nachfragt, sollten Sie gegebenenfalls ins komplexe Detail gehen.

Wichtig ist überdies die Regel „Verständlichkeit geht vor Ausführlichkeit“. Natürlich dürfen Aussagen und Informationen nicht unzulässig verkürzt ­werden. Es gilt jedoch: Auch das Komplizierte lässt sich oft einfach sagen.

Strategie 3: Komplexität ­reduzieren – das Prinzip der Entschleunigung

Eine weitere Option zum Umgang mit Komplexität ist die sogenannte Entschleunigung. Der prinzipiellen Beschleunigung unseres Lebens wird der Wille entgegengesetzt, sich in bestimmten Situationen Zeit zu lassen und Zeit zu nehmen und sich etwa von dem Druck, ständig in den sozialen Medien präsent zu sein, zu befreien.

Das Entschleunigungs-Prinzip kann weitreichende Folgen haben, weil es auch bedeutet, zuweilen „Fünf gerade sein zu lassen“ und sich vom Zwang zum Perfektionismus zu verabschieden. Natürlich muss man bei Entscheidungen, die den Kunden betreffen, die relevanten Informationen heranziehen. Wenn es jedoch zum Beispiel um eine Entscheidung im Bereich der Apothekengestaltung oder der Mitarbeiterführung geht, ist es ­erlaubt, aus Zeitgründen und aus Gründen der Komplexitätsreduzierung das Entschleunigungs-Prinzip zu berücksichtigen.

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Räderwerk hektischer Alltag und kein Ausweg? Oft spielt hier der ­eigene Kopf einen Streich, gegen solche Blockaden gibt es gezielte Strategien.

Strategie 4: Komplexität ­außen vor lassen

Es gibt Situationen, in denen es richtig ist, Entscheidungen zu fällen, ohne alle Fakten einzubeziehen. Bleiben wir bei der Mitarbeiterführung: In komplexen Konfliktsituationen, bei denen die ­Beziehungsebene zwischen Mitarbeitern in arge Mitleidenschaft gezogen wird, ist es kontraproduktiv, wenn sich der Apothekenleiter in alle Einzelheiten des Konflikts vertieft, um eine möglichst aus­gewogene Entscheidung zu erwirken, mit der er allen Beteiligten gerecht wird. Abgesehen davon, dass dies bei komplexeren Mitarbeiterkonflikten kaum möglich ist, besagt die Komplexitätsforschung, dass es oft sogar besser ist, nur einen kleinen Anstoß zu geben, um die Selbstregulierungskräfte eines Systems in Gang zu setzen.

Betrachten wir das Mitarbeitergefüge als solch ein System, könnte es genügen, wenn der Apotheker im Konfliktfall lediglich – allerdings deutlich und entschieden – darauf hinweist, dass der Konflikt keinesfalls die Kundenbeziehungen stören und der Streit nicht ­eskalieren darf.

Strategie 5: Entscheidungsspielräume verdeutlichen

Manchmal bewältigen Apothekenleiter komplexe Entscheidungssituation, indem sie sie ­verharmlosen, verschweigen und verdrängen. Besser ist es, wenn sie gegebenenfalls sich selbst und dem Team ­gegenüber verdeutlichen, dass sie manche schwierigen Entscheidungen nur im Hier und Jetzt und in Abhängigkeit von den Tatsachen und Fakten, die im Moment verfügbar sind, treffen können.

Oft können die Mitarbeiter eine Entscheidung eher nachvollziehen, wenn sie wissen, dass die Entscheidungsspielräume begrenzt waren: „Der Chef hat unter Abwägung der Situation und der Dringlichkeit entscheiden müssen, recht schnell und sogar ein wenig autoritär, ganz anders, als er sonst ­Entscheidungen trifft, aber ab morgen vertraut er wieder unserem eigenständigen Handeln und bezieht uns in den Entscheidungsprozess ein.“

Trifft der Apothekenleiter eine Entscheidung im Kontext der konkreten Umstände, so kann er immer nur die gegenwärtigen Faktoren berücksichtigen. Konkret: Heute steht die Wirtschaftlichkeit der Apotheke im Vordergrund und ist handlungsanleitend, morgen die Kunden- und übermorgen die Mitarbeiterorientierung. Er sollte sich selbst und den Mitarbeitern gegenüber verdeutlichen, dass es oft unmöglich ist, alle drei Aspekte – Wirtschaftlichkeit, Kunden­belange und Mitarbeitererwartungen – zu beachten. Dann ist die Komplexitätsreduktion unumgänglich – und das hat Entscheidungen zur Folge, bei denen nicht alle Aspekte gleichermaßen Berücksichtigung finden können.

Strategie 6: Komplexität aushalten und nicht ­entscheiden

Ab und an genügt es nicht, Komplexität nur zu akzeptieren, manchmal muss man die Stärke aufbringen, sie einfach auszuhalten. Dazu gehört, in komplexen Entscheidungsprozessen auch ­einmal nicht zu entscheiden.

Natürlich tendieren wir dazu, Partei zu ergreifen, uns eine Meinung zu bilden und eine Alternative zu wählen und andere auszuschließen. Wir wünschen uns Klarheit und Sicherheit und sind oft nicht in der Lage, Unsicherheit und ­Widersprüche zu ertragen. Komplexe Situationen sind aber oft eben ­dadurch geprägt – Unsicherheit, Zweideutigkeit, Widersprüche. Und dies muss dann ausgehalten werden.

Perspektivenwechsel ­zumindest versuchen

Eine Methode, Komplexität aus­zuhalten, besteht darin, zum ­Perspektivenwechsel fähig zu sein. Wer zu eindimensional denkt und die Dinge nur aus einem oder wenigen Blickwinkeln aufzunehmen und zu interpretieren vermag, stößt rascher an Komplexitätsgrenzen als derjenige, der die Kompetenz zum flexiblen Denken besitzt und überdies weiß, dass sich manche Entwicklungen nicht kontrollieren lassen.

Freilich ist dies einfacher gesagt und gefordert als getan. Aber man kann es zumindest versuchen. |


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater


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