Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Spannende Spanne

Mär oder Wahrheit?

Andreas Kaapke

Für jeden Händler ist der Blick auf die Spanne spannend. Dies mag zum einen am Geschäftsmodell des Handels liegen, das den Einkauf von Ware und deren Verkauf ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung beinhaltet. Damit kommt der Spanne eben eine bedeutsame Rolle zu, da sie die Differenz zwischen den aufsummierten Verkaufspreisen (Umsatz) und den aufsummierten Einkaufs- bzw. Einstandspreisen darstellt und quasi als Entgelt angesehen werden muss für die vom Handel erbrachte Leistung. Dies trifft auch auf Apotheken zu. Kalkulatorisch setzt sich die Spanne demnach aus den gesamten Handlungskosten – denn mit der Spanne muss die Apotheke alle Kosten außerhalb der Warenkosten decken können – und dem angestrebten Gewinn zusammen. Wird dieser Betrag relativ ausgedrückt, nennt man dies Spanne, bei absoluten Werten bezeichnet man ihn als Rohertrag. In vielen Branchen und Unternehmen hat sich umgangssprachlich auch die Bezeichnung Marge herauskristallisiert; bei einer gestaffelten Deckungsbeitragsrechnung spricht man vom „Deckungsbeitrag 1“.

Die Spanne allein stellt allerdings keine verlässliche Kennzahl dar, sondern entfaltet ihre Wirkung nur im Kontext mit anderen Größen. Deshalb wird sie ja auch in Kennzahlensysteme eingebunden, die Umsatz und Kosten erfassen und damit eine Rentabilitätsrechnung erlauben. Würden Nicht-Branchenkenner beispielsweise die Spannen eines Discounters und eines Supermarktes miteinander vergleichen, würde der Discounter ausgesprochen schlecht abschneiden. Nur durch die Gegenüberstellung der Kosten wird dann eine final vergleichbare ­Größe daraus.

Zudem muss betrachtet werden, warum sich z. B. eine Spanne verschlechtert. Dafür können fünf Parameter verantwortlich sein: die weniger verkaufte Menge, geringere Verkaufspreise, schlechtere Einkaufspreise, höhere Bezugskosten der Ware (wie Fracht, Zoll) oder geringere Boni und Rabatte. Natürlich ist auch jede Kombination dieser Parameter denkbar. Übrigens ist möglicherweise eine gleichbleibende Spanne nur deshalb gleich, weil sich gegenläufige Entwicklungen neutralisieren. So schmelzen bessere Rabatte beim Einkauf weg, wenn ich die Verkaufspreise reduziere, ohne mehr zu verkaufen.

Von daher dient der Blick auf die Spanne zwar einer ersten Einschätzung, bedarf aber in der Regel einer detaillierten Betrachtung. Vergleicht man die eigene Spanne mit den Spannen anderer Betriebe, sollte zunächst tatsächlich anhand der jeweiligen Geschäftsmodelle geschaut werden, ob der Vergleich zulässig ist. Äpfel und Birnen sind eben zwei Paar Obst. Auch muss man bei der Auswahl eines Vergleichsbetriebs vorsichtig sein und nicht Schlendrian mit Schlendrian vergleichen, um sich auf diese Weise die Welt schöner zu machen, als sie ist. Noch ­fataler wäre natürlich, sich selbst als grandios zu feiern, weil man signifikant besser als eine Vergleichsapotheke ist, die aber wahrlich schlecht dasteht.

Ist die Spanne demnach spannend? Natürlich! Denn die Spanne ist der Ausgangspunkt für zahlreiche kaufmännische Entscheidungen, die es in der Apotheke zu fällen gilt. Alleine ist sie aber nicht aussagekräftig. Habe ich eine gute Spanne, aber ein miserables Kostenmanagement, ist meine Apotheke auf Dauer gefährdet. Damit soll auch deutlich gemacht werden, dass eben auch die Absatzanstrengungen und das Kostenmanagement wichtige kaufmännische Eckpfeiler in einer Apotheke sind und nicht nur das Einkaufsmanagement.

Dies soll auch nochmals an der Frage der Zugehörigkeit zu einer Kooperation thematisiert werden. Viele nutzen Kooperationen in erster Linie zur Verbesserung ihres Einkaufs und damit der Verbesserung der Spanne, was legitim ist. Genauso sinnvoll kann es sein, Kooperationen zur Professionalisierung der Absatzanstrengungen, des Marketings oder auch zur Steigerung der pharmazeutischen Exzellenz zu nutzen. Dies stärkt eher die Umsatzoptimierung, da man durch Differenzierungsansätze mehr Kundschaft und mehr Umsatz erhofft. Denn bei allem Klimbim um die Spanne darf eines nicht vergessen werden: Auch die günstiger einkaufte Ware will verkauft sein, ansonsten war es viel Lärm um nichts! |


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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