Gesundheitspolitik

Arzt als Apotheker?

BERLIN (ks) | Die Krankenkassen wollen bei der Versorgung Krebskranker sparen. Etwa mit Ausschreibungen. Manche meinen sogar, Ärzte sollten gebrauchsfertige Lösungen besser selbst herstellen, statt eine Apotheke zu bemühen.

Haben Apotheken bei der Herstellung anwendungsfertiger parenteraler Lösungen bald ausgedient? Auf jeden Fall wird ihnen derzeit das Leben schwer gemacht. Immer mehr Krankenkassen schreiben die Zyto-Versorgung mittlerweile aus. Nur Apotheken, die ausreichend Rabatt bieten, bekommen regionale Exklusivverträge. Andere Anbieter werden von der Versorgung ausgeschlossen.

Streit um Haltbarkeit

Zudem kann es für Apotheken teuer werden, wenn bei ihnen Verwürfe anfallen. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten mit Kassen, die diese nicht bezahlen wollen, weil sie sie für vermeidbar halten. So wehrt sich derzeit etwa die AOK Bayern gegen die Klage eines Apothekers, der nicht akzeptieren will, dass die Kasse Verwürfe nicht bezahlen will, die laut Fachinformation gar nicht mehr haltbar sind. Das Sozialgericht Würzburg gab in der ersten Instanz dem Kläger recht: Die Verwürfe seien unvermeidbar gewesen. Für die Haltbarkeit eines Anbruchs sei die vom pharmazeutischen Hersteller zur Verfügung gestellte Fachinformation maßgeblich. Die AOK hatte hingegen erklärt, das sei nicht der Fall, vielmehr gebe es Publikationen, denen zufolge das fragliche Arzneimittel länger haltbar sei. Nun hat sie Berufung eingelegt. Dabei hat das Bundesgesundheitsministerium kürzlich klargestellt, dass die Versorgung auch mit diesen speziellen Arzneien entsprechend den arzneimittelrechtlichen Regelungen erfolgt. „Auch sind die Angaben zur Haltbarkeit für jeden Apotheker gleichermaßen verbindlich.“

Ärzte sollen MAK selbst gebrauchsfertig machen

Sollte die AOK Bayern bis vor das Bundessozialgericht (BSG) ziehen, darf man gespannt sein. Zuletzt dominierten hier Entscheidungen, bei denen Apotheken das Nachsehen hatten. Auch im vergangenen Februar fällte der 6. Senat des BSG ein denkwürdiges Urteil, dessen Gründe nunmehr vorliegen. Hier geht es um einen möglichen Ärzteregress im Zusammenhang mit monoklonalen Antikörpern (MAK). Eine Kasse will, dass der hierfür zuständige Beschwerdeausschuss gegen einen Onkologen einen Verordnungsregress in Höhe von 4776,02 Euro festsetzt. Warum? Er hatte MAK als Rezepturen von einer Apotheke angefordert. Konkret ging es um Herceptin® (Trastuzumab) und MabThera® (Rituximab), die er als Rezepturarzneimittel verordnet hatte. Die Kasse meint jedoch: Der Arzt hätte diese als Fertigarzneimittel verordnen und sie vor der Anwendung selbst in eine Kochsalzlösung einbringen sollen.

Der Beschwerdeausschuss wandte ein, dem Arzt könne das Gebrauchsfertigmachen von toxischen Arzneimitteln wie Zytostatika und MAK in der Praxis nicht zugemutet werden. Auch die zunächst angerufenen Gerichte konnten kein unwirtschaftliches Verhalten des Arztes erkennen.

Anders sieht es nun offenbar das BSG. Dieses hat den Fall zwar an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen. Allerdings mit deutlichen Vorgaben. Der 6. Senat ist überzeugt: Ein Vertragsarzt kann verpflichtet sein, Arzneimittel zur Anwendung an seinen Patienten selbst gebrauchsfertig zu machen, statt diese zur Anfertigung als Rezeptur durch eine Apotheke zu verordnen. Denn dies sei regelmäßig kostengünstiger und damit (allein) wirtschaftlich, heißt es im Urteil. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtete den Vertragsarzt, umfassend – also in jedem Teilbereich – wirtschaftlich zu handeln, betont das Gericht.

Auch sei das Gebrauchsfertig­machen von Arzneimitteln – entgegen der Auffassung des LSG – nicht dem pharmazeutischen Bereich zuzuordnen. Es könne vielmehr genauso selbstverständlicher Bestandteil einer ärztlichen Behandlungsmaßnahme sein.

Ob der Arzt im konkreten Fall verpflichtet gewesen sei, die MAK selbst gebrauchsfertig zu machen, konnte das BSG allerdings nicht abschließend beurteilen. Die Berufungsinstanz habe hierzu nicht die erforderlichen Feststellungen getroffen. Und genau diese Feststellungen soll das LSG nun nachholen: Es soll zunächst aufklären, ob das Gebrauchsfertigmachen dieser Arzneimittel durch den behandelnden Arzt – beziehungsweise durch sein medizinisches Fachpersonal – in onkologischen Praxen mit zumutbarem Aufwand möglich und „üblich“ ist. Sei dies der Fall, bedürfe es objektiver, medizinisch begründeter Zweifel, wenn ein Arzt geltend mache, ohne Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot den teureren Weg einer Anfertigung durch eine Apotheke wählen zu dürfen. Zu klären sei zudem, ob – und wenn ja, warum – eine Verarbeitung von MAK in der Arztpraxis zu einer Gefährdung des Praxispersonals und/oder der Patienten führen könne. |


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