Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Im Einkauf liegt der Gewinn!?

Mit welchen Stellschrauben Sie welche Effekte erzielen

Andreas Kaapke

Keine betriebswirtschaftliche Regel hält sich beständiger als „Im Einkauf liegt der Gewinn“. Und fürwahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass bessere Einkaufskonditionen in der Regel den Deckungsbeitrag und Gewinn erhöhen helfen. Der Spruch vermittelt aber auch den Eindruck, als ob alle anderen betriebswirtschaftlichen Anstrengungen weit weniger Erfolg versprechend sind und man sich ausschließlich oder in erster Linie auf den Einkauf fokussieren sollte. Stimmt das denn?

Zunächst einmal sollte man sich die dafür relevante Gleichung ­anschauen: Gewinn = (Preis – ­variable Stückkosten) × Absatzmenge – Fixkosten.

Nehmen wir nun ein einfaches Rechenbeispiel aus dem OTC-Bereich heran. Fiktiv soll hier der Preis für ein Produkt 100 Euro netto betragen, eingekauft wurde es für 60 Euro netto. Davon kann man in unserem Beispiel bei diesem Preis im Monat 1000 Stück verkaufen und das Produkt muss noch einen Fixkostenanteil in Höhe von 20.000 Euro mittragen. Daraus resultiert ein Gewinn von 40 Euro (100 Euro – 60 Euro) × 1000 Stück = 40.000 Euro minus 20.000 Euro anteilige Fixkosten, ergo ergibt sich ein Gewinn von 20.000 Euro.

Nun zurück zum Thema „Im Einkauf liegt der Gewinn“. Dies bezieht sich im Handel auf die variablen Stückkosten, nämlich darauf, was ich als Händler/Apotheker für das Produkt beim Einkauf bezahlen muss. Aber immer der Reihe nach. Deklinieren wir unser Beispiel durch, indem wir jeden Parameter der obigen Gleichung nacheinander um jeweils 10% verbessern und dann den Effekt vergleichen. Fangen wir bei den Fixkosten an. Wenn anstelle von 20.000 Euro nur 18.000 Euro anteilig bezahlt werden müssten (also eine Reduzierung der Fixkosten gelänge – und damit die angesprochene Verbesserung um 10%), würde sich der Gewinn um 2000 Euro auf 22.000 Euro erhöhen. Könnte man die absetzbare Menge steigern (bei den ansonsten alten Werten), sähe die Rechnung anders aus. Hier würden immer noch 100 Euro – 60 Euro nun malgenommen mit 1100 Stück (die 10%ige Steigerung) erzielt, und davon müssten nun wieder 20.000 Euro Fixkosten abgezogen werden. Dies ergäbe einen Gewinn von 24.000 Euro, also 4000 Euro mehr als in der ursprünglichen Gleichung und 2000 Euro mehr, als wenn man sich auf die Fixkosten wie im ersten Beispiel fokussieren würde. Wollte man nun die variablen Stückkosten um 10% verbessern (im Einkauf liegt der Gewinn), müsste man dem Lieferanten – in diesem Fall dem Großhandel oder einem direkt beliefernden Hersteller – anstelle von 60 Euro nur noch 54 Euro pro Stück bezahlen. Es ergäben sich 46 Euro mal 1000 Stück und davon würde man die 20.000 Euro Fixkosten noch bestreiten müssen, man hätte also einen Zugewinn von 6000 Euro und damit insgesamt 26.000 Euro. Der Schluss liegt nahe, dass im Einkauf der Gewinn liegt und es erfolgreicher zu sein scheint, wenn ich mich um den Einkauf statt um Fixkosten oder Menge kümmere.

Nun fehlt aber noch die Betrachtung des letzten Parameters in der Gleichung, nämlich des Verkaufspreises. Verbesserte man diesen im Beispiel ebenfalls um 10%, würde aus dem Preis von 100 Euro ein Preis von 110 Euro. Der Einkaufspreis bliebe bei 60 Euro, der Preis abzüglich der variablen Stückkosten läge also bei 50 Euro. Dieser Überschuss mit der absetzbaren Menge malgenommen, er­gäbe 50.000 Euro. Davon die Fixkosten von 20.000 Euro abgezogen, führte zu einem Gewinn von 30.000 Euro, also 10.000 Euro mehr als zuvor und deutlich mehr als bei den anderen Varianten. Nun mag man gerade diese Variante als unrealistisch empfinden, was aber nicht stimmt. Es gibt Produkte, bei denen eine Preiserhöhung schwierig ist oder wird, andere Produkte entziehen sich aber der Preissensibilität der Verbraucher. Hier stellt eine Preiserhöhung oft kein Problem dar, entweder aus fehlender Kenntnis der Verbraucher, aus mangelndem Preisinteresse oder auch aus einem besonders hohen Produkt­interesse. Berücksichtige ich dies, kann ich die Einkaufspolitik eher vernachlässigen und muss das Verhältnis zu den Lieferanten nicht unnötig belasten. Und dann lautet die Regel „In der sinnvollen Preispolitik liegt der Gewinn“. Erst danach käme der Hebel Einkauf. Muss man beim Preis aber selbst Argumente den Kunden gegenüber geltend machen, nutzt man beim Einkauf die vermeintliche Nachfragemacht seitens der Apotheke. Aber mit welcher Folge: Aus einer gelungenen rabattierten Einkaufspolitik ergibt sich der Puffer für preisreduzierte Ware. Das färbt auf das Image der Einkaufsstätte ab und macht diese schnell zur Discount-Apotheke, was in der ­Regel die Rentabilität mittelfristig schmälert. |

Prof. Dr. Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de


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