Gesundheitspolitik

AMVSG erreicht den Bundestag

BERLIN (ks) | Der Bundestag hat am 10. November den Entwurf für das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) in erster Lesung debattiert.

Für Apotheker bedeutet das AMVSG insbesondere mehr Geld für Rezepturen und das Handling dokumentationspflichtiger Arzneimittel. Zudem sollen die Zyto-Verträge auf Apothekenebene abgeschafft werden. Der eigentliche Fokus des Gesetzes liegt jedoch im Pharmabereich: Die Große Koalition will die im Pharmadialog erarbeiteten Vorschläge umsetzen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) betonte im Parlament, dabei gehe es „um die Balance zwischen langfristiger Finanzierbarkeit und Innovationsfreundlichkeit“. Für Ersteres soll das bis 2022 verlängerte Preismoratorium sorgen. 1,5 bis 2 Mrd. Euro Mehrausgaben jährlich sollen damit vermieden werden.

Auf die Apothekenthemen ging Gröhe nur im Punkt der Zyto-Versorgung ein. Diese wolle er in einer Art und Weise weiterentwickeln, „die die Ortsnähe und die gute Zusammenarbeit sichert, etwa zwischen verschreibenden Onkologen und der selbst gewählten Apotheke, und gleichzeitig Wirtschaftlichkeitsreserven hebt“.

„Vertretbar“: 100 Millionen Euro mehr für Apotheker

Die höhere Vergütung für Apotheken – insgesamt 100 Mio. Euro soll es mehr für sie geben – sprach Edgar Franke (SPD), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, an. Diese Summe sei „vertretbar“ und „sachgerecht“. Zumal nicht ausgeschlossen sei, dass die Apotheken nach dem Urteil des EuGH künftig mehr mit dem Versandhandel konkurrieren müssten.

Das EuGH-Urteil zur Preisbindung war auch bei anderen Rednern Thema – ebenso wie das in diesem Zusammenhang diskutierte Rx-Versandhandelsverbot. Und das, obwohl Gröhe dieses Verbot ausdrücklich nicht im AMVSG verankern will. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, betonte, dass ihre Partei das Versandverbot schon seit Jahren fordere. „Medikamente gehören in die fachkundige Hand des Apothekers oder der Apothekerin und nicht in den Hermes­transporter“, sagte sie. Daher freut sie sich über die Bundesratsinitiative, die das Rx-Versandverbot im AMVSG unterbringen will. Sie hoffe, nun könne auch die SPD überzeugt werden und das Verbot noch mit dem AMVSG auf den Weg gebracht werden.

Auch für Michael Hennrich (CDU) war der Versandhandel Thema. Offenbar inspirierte ihn die Bundestagsvizepräsidentin, die hinter ihm saß und die Sitzung leitete: Ulla Schmidt. Wenn er sie sehe, denke er an „den Sündenfall im Jahr 2003“, als man im vorauseilenden Gehorsam unter einer rot-grünen Regierung den Versandhandel mit Arzneimitteln erlaubt habe. Damals erwartete die Po­litik, der EuGH würde das in Deutschland bestehende Versandverbot komplett kippen, was aber nicht geschah. Wegen dieser Fehleinschätzung im Hause Ulla Schmidt, so Hennrich, müsse man sich heute wieder mit dem Thema auseinandersetzen.

Kritik von den Grünen

Der Widerspruch am AMVSG aus der Opposition konzentrierte sich auf die Regelungen im Pharmabereich. Kordula Schulz-Asche (Grüne) erklärte, es handele sich eher um ein „Pharmaindustrieversorgungsstärkungsgesetz“. Das AMVSG enthalte bestenfalls kosmetische Korrekturen, im schlimmsten Fall unausgegorene Regelungen, die das Potenzial hätten, das System der Arzneimittelversorgung auf den Kopf zu stellen. Zum Beispiel die Umsatzschwelle, die künftig die freie Preisbildung im ersten Marktjahr einschränken soll. Sie sei mit 250 Mio. Euro viel zu hoch angesetzt. Richtig wäre eine Rückwirkung der verhandelten Erstattungsbeträge.

In diesem Punkt besteht auch innerhalb der Koalition noch Diskussionsbedarf. Franke sieht die 250- Mio.-Euro-Schwelle ebenfalls kritisch. Selbst bei 100 Mio. Euro wären 2015 nur sieben Arznei­mittel betroffen gewesen. Franke plädierte für eine rückwirkende Erstattung nach sechs Monaten. |

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