Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Und das auf nüchternen Magen

Von Sprichwörtern und Redewendungen

Andreas Kaapke

Galle, Leber und Magen stehen in manchen Redewendungen Pate, um Sachverhalte besser ausdrücken zu können. Wenn man sich furchtbar aufregt, geht bzw. läuft die Galle über. Gallenbitter schmeckt es, wenn man sich ärgert, und man spuckt Gift und Galle, wenn die Aufregung überhandnimmt. Um einen Ausgleich zu schaffen, wird die Galle schon mal mit Honig überzogen, dieser Zweiklang findet sich in manchen sehr ähnlichen Redewendungen.

Die Galle spielt auch bei den sogenannten Temperamentstypen eine wichtige Rolle. Dabei wird versucht, Menschen nach den Körpersäften einzuteilen. Unterschieden wird zwischen Sanguiniker (Blut), Phlegmatiker (Schleim), Choleriker (Galle) und Melancholiker (schwarze Galle). Choleriker und Melancholiker stehen demnach in un­mittelbarem Zusammenhang zum Organ Galle.

Wer offenherzig erzählt, spricht frei von der Leber. Andere sagen dazu auch, es muss herunter von der Leber. Und wenn etwas an jemandem nagt, dann frisst es an dessen Leber. Mürrischen Menschen, Nölern und Nörglern unterstellt man auch bisweilen, dass ­ihnen eine Laus über die Leber ­gelaufen sei. Ist jemand über einen zumindest etwas längeren Zeitraum nicht gut anzusprechen, nennt man ihn auch eine beleidigte Leberwurst.

Wer Spott, Hohn und Häme gut wegsteckt oder auch nur erträgt, dem wird ein guter Magen attestiert. Schwierige Situationen werden auch oftmals so geschildert, dass man sagt, dazu braucht man einen guten Magen. Wenn jemand sehr gierig ist und viel essen will bzw. sich den Teller voller macht, als er dann zu bewältigen imstande ist, spricht man davon, dass ­seine Augen größer sind oder waren als sein Magen. In manchen Regionen hat sich als Pendant ­herauskristallisiert, dass man lieber den Magen verrenkt als dem Wirt etwas schenkt – die schwäbische Variante!

In schlechten Zeiten schlägt man sich den Magen voll und wer Hunger hat, dem knurrt, in manchen Redewendungen heißt es auch dem bellt der Magen. Eine andere Umschreibung lautet der Magen hängt in den Kniekehlen, auch dies deutet darauf hin, dass der Angesprochene starken Hunger verspürt. Gähnt jemand mit offenem Mund, ohne die Hand davor zu halten, bekommt er zu hören, dass man ihm bis in den Magen sehen kann. Schlechte Nachrichten schlagen auf den Magen oder es heißt auch „und das auf nüchternen Magen“, was so viel bedeuten soll, dass man es mit gesättigtem Magen vermutlich etwas besser wegstecken würde.

Es gibt kein Vertun, Galle, Leber und Magen dienen eher negativen Äußerungen - die Galle durchweg, bei der Leber kann man wenigstens noch frei von der Leber sprechen, aber auch der Magen dient eher Negativem als Positivem. Während die Standesvertretungen bei den Apotheken eher Galle mit Honig überzogen haben, läuft bei vielen Apothekeninhabern die Galle über und sie wollen Gift und Galle spucken. Zu viel lief in den letzten Jahren in die falsche Richtung, zu schlecht hat sich die Gesamtsituation entwickelt, zu stark hat sich die wirtschaftliche Lage der Apotheken von anderen Bereichen entkoppelt. Dies frisst an der Leber und muss eigentlich runter von der Leber, will man gute Arbeit verrichten. Den Apothekern läuft andauernd eine Laus über die Leber und – dies muss anerkannt werden – sie reagieren selten als beleidigte Leberwurst. Diese Neigung und Eigenschaft, konstruktiv zu bleiben, ist ein hohes Gut, aber vielleicht auch ein Fluch, denn wenn andere spitzkriegen, dass man am Ende des Tages immer noch geschmeidig ist, werden Dehnübungen ausgeweitet und nicht eingestellt. Das kann einem schon auf den Magen schlagen. Sind die Augen der Apotheker größer als ihr Magen? Verkennen sie die Situation und denken zu Unrecht, ihnen stünde mehr zu als gegenwärtig? Wollen sich Apotheker ungerechtfertigt den Magen vollschlagen? Die Statistik zeigt auf, dass vielen, zu vielen der Magen knurrt bzw. in den Kniekehlen hängt, sodass sie in die Knie zu gehen drohen. Viele Nachrichten, die seitens der Politik und der Kassen in Richtung Apotheken gehen, schlagen auf den Magen. Deshalb suchen Apotheken fast schon verzweifelt die Nähe zur Politik und laden diese in vorauseilendem Gehorsam ein, schnappen auf, was sich gut anfühlt, und negieren das Negative und wenig Mut machende, egal was auch gesagt wurde. Frei von der Leber weg sprechen heißt auch Tacheles reden, das macht keiner gerne, das macht niemandem Spaß und das fällt schwerer, als zu anderen lieb zu sein – und das alles auf nüchternen Magen. |

Prof. Dr. Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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