Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom : Wir müssen draußen bleiben

Öffnungszeiten von Apotheken

Andreas Kaapke

Öffnungszeiten sind ein streitbares Thema, da sie sowohl die Umsatz- als auch die Kostenseite eines Handelsgeschäftes gleichermaßen betreffen. Um die richtigen Öffnungszeiten für eine Apotheke zu finden, muss gefragt werden, wovon die Öffnungszeiten denn abhängen bzw. abhängig gemacht werden sollten. Zum einen sind außerhalb der Sonderregelungen zu Nacht- und Notdienst die gesetzlichen Vorgaben eines Ladenschlussgesetzes einzuhalten. Natürlich spielen auch die persönlichen Präferenzen des Inhabers eine Rolle. Marktliche Gegebenheiten sind besonders zu beachten: Welche Ärzte sind im Einzugsgebiet und wie haben diese geöffnet? Natürlich muss man auch schauen, welche Öffnungszeiten der Wettbewerb anbietet. Das Umfeld der Apotheke muss gewürdigt werden, da Kunden eben hier Besorgungen machen und zu Recht irritiert sind, wenn alles erledigt werden kann, nur nicht die Rezept­einlösung oder der Medikamentenkauf. Aus dieser Gemengelage heraus sind insbesondere vier Entscheidungen rund um das Thema Öffnungszeiten zu treffen:

(1) Wann wird morgens geöffnet,

(2) wann wird abends geschlossen,

(3) gibt es eine Mittagspause und wie lange ist diese und

(4) kommt es zu unterschiedlichen Öffnungszeiten je nach Wochentag?

Liest man die vier Entscheidungsfelder, ist man geneigt, die Thematik als banal abzutun. Leider ist dies nicht so.

Das morgendliche Öffnen ist in der Tat eine schwierige Entscheidung, denn nicht selten kommt es zu Konstellationen, in denen das Umfeld (Ämter, Post, Dienstleistung und anderer Handel) noch nicht geöffnet hat, der in der Nähe praktizierende Arzt aber schon. Selbst wenn noch keine Sprechstunde angeboten wird, aber z. B. Termine zur Blutabnahme, ist die Praxisrezeption besetzt. Somit können Standardrezepte abgeholt werden und es entsteht Nachfrage.

Mit der Mittagspause verhält es sich gerade umgedreht. Während immer mehr Händler über Mittag nicht schließen, weil sie den Einkauf von Menschen in deren Mittagspause mitnehmen wollen, schließen viele Arztpraxen gerade über Mittag. Nun werden aber eventuell auch Rezepte eingelöst, die zu anderen Zeiten beim Arzt überreicht wurden.

Schließlich stellt sich am Abend die Frage, wie weit man ggf. im Umfeld feststellbare Öffnungszeiten mitmacht. Gerade Lebensmittelgeschäfte haben immer länger geöffnet, sodass die Angleichung durch eine Apotheke faktisch kaum zu leisten ist. Wann ist dann aber der richtige Ausstieg aus dem Tag?

Bleibt noch zu klären, ob man ­unterschiedliche Öffnungszeiten je nach Wochentag anbieten soll, je nachdem, ob dies mit den Ärzten oder dem Umfeld harmoniert. Hier muss natürlich auch geschaut werden, wie kompliziert dies dann wird, ob der Kunde das versteht und erlernen kann.

Die Öffnung der Apotheke kostet Geld, der Raum und die dafür notwendige Energie müssen vorge­halten werden und natürlich das Personal. Demnach müsste man im Zuge eines Controllings über mehrere Monate überprüfen, wann welcher stundenbezogene Deckungsbeitrag erwirtschaftet wird und wie man zumindest im Sinne einer Personaleinsatzplanung darauf reagieren kann. Nur während z. B. im Lebensmitteleinzelhandel klare Konsummuster ­erkennbar sind, tritt dies bei Apotheken in dieser stringenten Form nicht auf. Denn am Dienstagmorgen um 10:00 kann ein Nachfrageschub entstehen, wenn eine Grippewelle ansteht, im Lebensmittelhandel wird dies auch dann ein eher unterdurchschnittlicher Kaufzeitraum sein.

Daraus wird deutlich, dass Öffnungszeiten nicht pauschal empfohlen werden können, sondern eine intensive Auseinandersetzung mit den Standortbedingungen erforderlich ist. All business is local. Und auch nicht übersehen werden darf, dass die Öffnungszeiten regelmäßig zu überprüfen sind.

Am einfachsten lassen sich die Öffnungszeiten auf dem Land bestimmen, wenn es in der Umgebung nur eine Apotheke gibt. Hier passt sich der Kunde an die Apotheke an. Zwar hat auch hier das Internet zu Glättungen beigetragen, aber in leicht abgeschwächter Form bestimmt das Angebot die Nachfrage. Im besten positiven Marketing-Verständnis darf aber eines nicht übersehen werden: Geschäfte macht man nur, wenn die Apotheke offen ist – nicht dass diese Erkenntnis verloren geht. |

Andreas Kaapke

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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