Management

Besserwisser & Co.

Problemkunden in der Apotheke

Immer mehr Menschen befassen sich mit dem Thema Gesundheit. Es gibt jede Menge Informationen im Fernsehen, in der Publikumspresse, in Büchern und im Internet darüber, was man bei Krankheiten tun kann. Die Beratungsgespräche in der Apotheke können kompliziert werden, wenn diese Informationen falsch sind oder nicht richtig interpretiert werden und es dann womöglich zu Diskussionen am ­HV-Tisch kommt. Einige derart vorinformierte Kunden sind problematisch, wenn sie hartnäckig an ihrer Meinung festhalten, ­obwohl ihr Vertrauen zur Apotheke eigentlich recht groß ist.

Bei aller Höflichkeit ist es manchmal notwendig, sich auch bei hartnäckigen Kunden durchzusetzen. Schließlich haben Sie die Fachkompetenz und auch die Verantwortung dafür, dem Kunden das passende Produkt anzubieten. Wenn sich ein Kunde entgegen der Beratung für ein Produkt entscheidet, das nicht hilft, wird vielleicht sogar die Schuld auf die Apotheke geschoben. Deshalb lohnt es sich, mit diplomatischem Geschick den Kunden umzustimmen – es sei denn, er ist absolut beratungsresistent.

Meist geht es um bestimmte freiverkäufliche Medikamente, um mögliche Alternativen, um die Wechselwirkung mit anderen Arzneien oder um die Anwendung. Bei falschen Behauptungen des Kunden können Sie nicht aus Höflichkeit zustimmen. Machen Sie dem „Schlauberger“, ohne ihm ­direkt zu widersprechen, klar, dass in seinem Zustand ein anderes Präparat besser wirkt als das gewünschte. Dazu sind folgende Gesprächsregeln geeignet.

Foto: Colourbox
Nicht aus der Ruhe bringen lassen, auch wenn Kunden widersprechen. Man kann es auch positiv sehen: Manchmal ist es besser, sie hinterfragen etwas, als alles einfach zu schlucken – auch buchstäblich.

1. Die positive Aufnahme

Geben Sie dem Kunden recht, ­wenigstens dafür, dass er gut ­informiert ist. Nutzen Sie die ­Ja-aber-Taktik: „Ja, da haben Sie recht, aber in Ihrem Fall kommt nur diese Salbe infrage, weil …“ Vermeiden Sie, direkt zu widersprechen. Also nicht mit „Nein“ reagieren oder mit „Falsch“ oder mit „Das stimmt aber nicht“, weil dies der Eitelkeit Ihres Kunden schadet und er sich bevormundet fühlt. Sie können allenfalls Ihr Erstaunen zum Ausdruck bringen: „Das überrascht mich jetzt, was Sie sagen.“ Achten Sie vor allem auch während des Gesprächs auf Ihre innere Einstellung, die schnell kippt, wenn der Kunde sich aufspielt. Wenn Sie die Ge­lassenheit verlieren, finden Sie nicht die richtigen Worte, um mit einem Problemkunden klarzukommen. Machen Sie Ihr Gesprächsziel transparent und sagen Sie: „Ich möchte Sie gut be­raten und Ihnen helfen, daher schlage ich Ihnen dieses Produkt vor. Es hat sich sehr bewährt und zwar wegen der Substanz XY, die Folgendes bewirkt ...“

2. Beeindrucken Sie mit Fachkompetenz

Sprechen Sie über die Bestandteile des Medikaments, sodass der Kunde Ihre Fachkompetenz erkennen kann. Er muss merken, dass Sie viel wissen, bestens informiert und fachlich gut drauf sind.

Benutzen Sie den Indikativ, damit Sie Sicherheit ausstrahlen. Viele sprechen bei der Beratung im Konjunktiv: „Ich würde empfehlen …“, „Es wäre besser …“, „Ich könnte ­Ihnen vorschlagen ...“. Im Indikativ wirkt das Gesagte viel über­zeugender: „Ich empfehle …“, „Es ist besser …“, „Ich schlage Ihnen vor …“. Auch die Formulierungen vielleicht, eventuell, möglicher­weise müssen aus dem Vokabular gestrichen werden. Nur mit überzeugender Rhetorik können Sie eine festgefahrene Meinung des Kunden korrigieren.

3. Die Wir-Form ist besser

Schwierig wird es, wenn der „Besserwisser“ etwas sagt, was partout nicht stimmt. Auch das soll es geben. Wie verhalten Sie sich dann? Falschaussagen können Sie nicht bestätigen. Hier ist Ihre ganze Diplomatie gefordert. Machen Sie dem Schlauberger mit viel Fingerspitzengefühl klar, dass der Sachverhalt anders ist. Sagen Sie also beispielsweise „Die neuesten Studien zeigen ...“ oder auch in der Wir-Form „Wie wir mittlerweile wissen ...“. Denken Sie auch immer an Ihre innere Einstellung: Fühlen Sie sich nicht provoziert, wenn ein Kunde glaubt, alles besser zu wissen. Denken Sie einfach: „Der will mich nicht belehren, er will einfach nur zeigen, was er weiß, er nimmt sich sehr wichtig und hat nichts gegen mich persönlich.“

4. Ignorieren Sie mal eine Aussage

Wenn Besserwisser etwas Falsches sagen, was nicht sehr wichtig ist, überhören Sie es einfach. Warum müssen Sie zu allem Stellung nehmen? Äußern Sie sich nur, wenn falsche Aussagen des Kunden bei der Beratung von Bedeutung sind. Auch falsch ausgesprochene Fachbegriffe müssen Sie nicht gleich korrigieren. Sprechen Sie das Wort richtig aus und rechnen Sie mit der Akzeptanz des Kunden.

5. Wann ist die man-Form besser?

Sprechen Sie bei der Korrektur einer Meinung möglichst in der unpersönlichen „man“-Form. „Man darf nicht verallgemeinern“, hört sich besser an, als: „Sie dürfen das aber nicht verallgemeinern.“ Oder Sie sagen: „Man sollte bedenken, dass ...“ – das klingt nicht so be­lehrend wie „Sie sollten bedenken, dass ...“. Beenden Sie Ihr Beratungsgespräch in der Apotheke auf jeden Fall positiv. Das Gesprächsklima hat immer Vorrang. Der Kunde darf die Apotheke nicht verlassen mit dem Eindruck, dass man ihm eine „Predigt“ gehalten hat.

Vermeiden Sie es, jemanden bloßzustellen! Machen Sie es ihm leicht, seine falsche Ansicht zu ­revidieren oder einfach nicht mehr zu erwähnen.

6. Nutzen Sie die positive Unterstellung

Unterstellen Sie dem Kunden, dass er gut informiert ist. Der ideale Satzanfang im Gespräch lautet dann: „Da sind Sie ja sehr gut informiert und wissen sicherlich auch, dass …“ Installieren Sie im zweiten Satzteil dann Ihre fachkompetente Meinung. Mit der Unterstellung, dass er gut informiert ist, entsprechen Sie seinem Geltungsbedürfnis. Ihre vorsichtige Korrektur darf keinesfalls sein Selbstwertgefühl verletzen. Verhalten Sie sich immer diplomatisch, es kommt nicht darauf an, das letzte Wort zu behalten.

7. Die 1-zu-1-Regel

Wenn ein Besserwisser etwas Falsches sagt, was für die Beratung aber wesentlich ist, können Sie dies nicht ignorieren. Kunden kommen eher zur Einsicht, wenn Sie als Ausgleich für eine Korrektur im Verlauf des Gesprächs irgendeine Anerkennung erhalten. Das ist die „1-zu-1-Regel“, nach der auf jede Korrektur (Minus) eine Anerkennung (Plus) folgt, damit der Kunde nicht sein Gesicht verliert. Die Anerkennung, das Rechtgeben kann auch im Vorfeld der Korrektur erfolgreich eingesetzt werden.

So wird’s gemacht

  • Stellen Sie Fragen bevor Sie eine gegenteilige Meinung äußern: „Wie kommen Sie darauf?“
  • Verwenden Sie die Wir-Form. „Wir empfehlen…“ wirkt anders als “Ich empfehle…“ Hinter „Wir“ steht das Apothekenteam, „Ich“ wirkt wie eine Einzelmeinung und ist eher angreifbar.
  • Versuchen Sie, für jedes Mal, wenn Sie den Kunden korrigieren, als Ausgleich einen Punkt anzuführen, bei dem der Kunde etwas Richtiges gesagt hat (1-zu-1-Regel).
  • Vorsicht: Verlieren Sie Ihre Gelassenheit nicht. Lassen Sie sich vom Besserwisser nicht aus der Ruhe bringen.
  • Treten Sie sicher auf und vermeiden Sie deshalb den Konjunktiv („Ich würde vorschlagen …“, „Ich könnte Ihnen noch Folgendes empfehlen …“). Sprechen Sie im Indikativ: „Ich schlage Ihnen vor …“, „Ich empfehle Ihnen Folgendes …“
  • Die Ja-aber-Methode, bei der ein Kunde im ersten Satzteil recht bekommt und im zweiten Satzteil korrigiert wird, ist immer noch sehr wirkungsstark.
  • Die bekannte Win-win-Methode bedeutet, dass es bei Diskussionen grundsätzlich keinen Verlierer, sondern nur Gewinner gibt.
  • Beeindrucken Sie mit Ihrer Fachkompetenz, ohne dabei in die Rolle des Rechthabers zu kommen.

Vor allem: Austausch mit dem Team und nicht ärgern

Es ist ganz natürlich, wenn der Apothekenleiter und sein Team sich über Problemkunden ärgern. Aber wie kann man sich abreagieren? Reden Sie mit jemandem über das, was Sie ärgert. Vielleicht haben Sie in der Mittagspause dazu Gelegenheit. Sprechen Sie unter­einander über den Besserwisser und über Ihre Gefühle. Geteiltes Leid ist halbes Leid, heißt es. Erwarten Sie dann keine Patentrezepte („Dann musst du …“, „Du darfst keinesfalls …“) von Kollegen. Wenn Sie sich aussprechen, dürfen Sie den Tatbestand gerne etwas übertreiben – Hauptsache, Sie reden sich alles von der Seele. Begrenzen Sie aber Ihre Mitteilung auf ein bis zwei Minuten, sonst steigern Sie sich noch in die Sache hinein.

Denken Sie in der ärgerlichen ­Situation an morgen oder an nächste Woche. Welche Bedeutung hat dann noch der augenblickliche Ärger über den Kunden? Wahrscheinlich keine. Und warum ­sollten Sie sich jetzt über etwas ­ärgern, von dem Sie wissen, dass es morgen bedeutungslos ist? Bei kleineren Pannen hat sich die Methode „Ausblick“ gut bewährt. Die weitaus meisten Kunden sind angenehm und sympathisch. Dann muss man eben einige als Problemkunden akzeptieren. Und kann stolz darauf sein, wenn man trotzdem ein gutes Gespräch geführt hat. |


Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg, autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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